Gedanken zum 3. Oktober

Naja, aber nicht überall hier in der Ostzone ist jetzt Brachland. Wenn ich dran denke wie sich beispielsweise Leipzig in den letzten 10 Jahren gemacht hat, kann man schon stolz sein! Auch Rostock ist jetzt nicht die schlimmste Stadt wo man wohnen kann, im Gegenteil. Es ist ne sehr saubere Stadt mit viel Kultur und einfach mal das bessere Hamburg! :mrgreen:

Aber ich vermisse schon irgendwie unsere Kultur, die wir damals in der DDR hatten. Sei es liebevolle Hörspiele von Litera, tolle Ostrockbands usw. Das hatte nochmal ne ganz andere Magie, weil das alles nicht so extrem verkommerzialisiert war. Ich finde es, nur mal so, auch ne Fechheit das man Erichs Lampenladen abgerissen hat. Ich war da mal als kleines Kin und hätte mir das Ding liebend gerne später nochmal angesehen. Man hätte daraus ein Museum oder sowas machen können!

Bzw. nach der Vereinigung. :slight_smile:

Dieses „Ossi“ und „Wessi“ kann manchmal wirklich absurd sein. Auf meiner Schule gab es zwei Mitschülerinnen, deren Eltern nach der Wende nach Nordrhein-Westfalen zogen. Einige Jahre später kamen sie zurück nach Mecklenburg-Vorpommern. Die beiden Töchter galten bei einigen Spinnern dann als Wessis und mussten sich nun immer wieder mal einen blöden Spruch anhören und mehr. :roll:

Na dann geh mal als Sachse samt Dialekt nach Baden-Württemberg. DANN darfste dir richtig was anhören. :roll:

Geh mal als Bayer samt Dialekt nach NRW …

Viele Leute scheinen ja auch zu glauben, dass der Osten nur aus Sachsen besteht. Anders kann ich mir nicht erklären, warum immer irgendwer anfängt zu sächseln, wenn ich von meinen Wurzeln rede.

Weil sächsischer Dialekt nunmal recht bekannt und eindeutig ostdeutsch ist.
Ich hab ja passenderweise einen der ostdeutschesten Namen, die man haben kann, damit wird man dann auch im Westen aufgezogen. Ich nehms mit Humor, bringt eh nix da die beleidigte Leberwurst zu spielen. Mir ist auch herzlich egal, woher Menschen kommen, alle Teile Deutschlands und der Welt haben ihre Arschlöcher wie ihre netten Menschen.

Ein Bayer in NRW geht ja. Aber als Ossi im Westen bekommt man wirklich die abenteuerlichsten Vorurteile mit. Ne Freunin war ne Weile drüben. Da gibt es echt Leute, die ernsthaft der Meinung sind, dass man in der DDR vorgeschrieben bekam was man jeden Tag essen sollte und ähnliches. Oder das die Wohnungen nur karge, graue Höhlen waren. Da kursieren die obskursten Vorurteile und man wird behandelt wie ein Alien. Ich habe selbst vor 2 Jahren auf ner Bahnfahrt durch BaWü jemanden kennengelernt, der war ernsthaft und ohne Ironie ganz davon überrascht, dass wir DSL und sowas haben…

[QUOTE=Anchantia;326827]Oder das die Wohnungen nur karge, graue Höhlen waren.[/QUOTE]
Naja, wenn man sich so manchen Plattenbau anschaut, ist der Gedanke schon nachvollziehbar. Andererseits hat Gelsenkirchener Barock auch nicht unbedingt Licht und Farbe in die Wohnung gebracht …

… und froh über die Wiedervereinigung sein. Schon vor einigen Jahren wurde übrigens in einer Doku behauptet, Leipzig hätte in 10 Jahren das geschafft wozu eine Stadt normalerweise 50 Jahre bräuchte. Jetzt müssen nur die Löhne und Gehälter und die Politik auch noch so schick werden wie die Häuser, Parks und Gewässer. :wink:

Ich war kurz vor der Wende mal in Greifswald. Die Innenstadt sah aus als wäre der Zweite Weltkrieg gerade erst zu Ende gegangen. Das Elend hatte aber ganz allein die DDR-Politik zu verantworten. Wenn man mit dem Zug durch Bitterfeld fuhr, ließ man besser das Fenster zu. Wenn man heute in diese Städte kommt erinnert kaum noch etwas an den Dreck und Verfall der Honni-Ära.

Das ist der Preis der „Freiheit“. Heute gibt’s alles, dafür aber eben auch entsprechend viel Mist. Die „Ostrockbands“ (ein Wort, das übrigens erst seit ein paar Jahren in ziemlich nervtötender Form benutzt wird) waren gerade deshalb so „toll“, weil sie die Zensur überlisten mussten. Die konnten nicht mal eben plakativ „macht kaputt was euch kaputt macht“ schreien (zumindest nicht ungestraft), die mussten sich echt etwas einfallen lassen. Dadurch hatten die Ostdeutschen auch die ausgeprägte Fähigkeit zwischen den Zeilen hören zu können. Außerdem waren das in der Regel professionell ausgebildete Sänger und Musiker, selbst Schlagermusik hatte ein gewisses Niveau.

Allerdings sollte man sich auch einmal fragen, weshalb eine ganze Reihe großartige Leute der DDR den Rücken kehrte. Bestimmt nicht weil sie sich als Künstler so entfalten konnten wie sie wollten. Außerdem wurden Subkulturen unterdrückt und überwacht, Punk, Metal, etc. wurden mißtrauisch beobachtet.

Spätestens in der zweiten Hälfte der 1980er interessierte sich die DDR-Jugend kaum noch für die etablierten heimischen Bands. Sie hängte sich lieber Depeche-Mode-Poster an die Wand oder verursachte einen Mega-Stau um Bruce Springsteen zu sehen und mit dem Boss gemeinsam lauthals „born in the U.S.A.“ zu singen. „Ostrock“ wurde erst einige Jahre nach der Wiedervereinigung wieder populär.

Schön war der nicht (zumindest von außen), aber immerhin eines der bekanntesten Gebäude der DDR. Hätte von mir aus stehen bleiben können. Dafür kommt da jetzt wahrscheinlich wieder das Stadtschloss hin, das die DDR-Führung hatte beseitigen lassen. Die Deutschen sind schon ein komisches Völkchen.

Im Ausland wird ja offenbar auch oft gedacht, dass alle Deutschen Bayern sind. :mrgreen:

[QUOTE=Nachteule;326839]Spätestens in der zweiten Hälfte der 1980er interessierte sich die DDR-Jugend kaum noch für die etablierten heimischen Bands. Sie hängte sich lieber Depeche-Mode-Poster an die Wand oder verursachte einen Mega-Stau um Bruce Springsteen zu sehen und mit dem Boss gemeinsam lauthals “born in the U.S.A.” zu singen. “Ostrock” wurde erst einige Jahre nach der Wiedervereinigung wieder populär.[/QUOTE]

Das stimmt. Meine Eltern haben viel lieber West-Künstler (z.B. Die Ärzte, Udo Lindenberg und The Cure) gehört als Ost-Künstler.

Was ja auch daran lag, dass man die Bands so offiziell nicht im Osten bekam. Ich kenn as noch als Kind nach der Wende wie dann der Run auf DeMo, Bon Jovi & Co. anfing. :mrgreen: Klar, hier war die DDR-Regierung einfach scheiße, da wurde wirklich vieles quasi “unterdrückt” wobei es dann ja in der zweiten Hälfte der 80er mit DT64, Parocktikum und ähnliches dann ja auch besser wurde und man konnte The Cure im DDR-Radio hören. :mrgreen:

Immerhin gab es aber durchaus eine recht interessante Metal-Musikszene in der DDR. Habe da vor Monaten mal nen Mix auf 8Tracks zu gemacht: http://8tracks.com/anchantia/heavy-metal-in-east-germany
Ich will demnächst mal nen Inteview mit Vicki Vomit, der damals bei der Band Blitzz war, zu dem Thema machen. Anhand der sehr professionellen Aufnahmen der DDR-Metal-Bands kann man schon von ausgehen, dass die in Studios u.ä. durften, sich also dahingehend die Vorbehalte abbauten. Aber gut, ich bin kein Zeitzeuge und reime mir das jetzt nur so zusammen. Daher freue ich mich auch schon aufs Inti mit Vicki.

Die DDR wurde gegen Ende in der Tat offener für „West“-Mucke. Da gab es dann auch öfters mal Lizenzpressungen von regulären Alben (früher brachte AMIGA ja eher Compilations heraus) und das sogar relativ zeitnah. Ich erinnere mich auch noch dunkel an so eine Art Mitschnitt-Service von DT64. Da wurden immer zwei Alben, die man im Osten nicht zu kaufen bekam komplett gespielt (jeweils eine Seite, die andere Seite kam dann eine Woche später oder so). Mann, was habe ich da immer mit nervösem Finger auf der „Rec“-Taste vor dem Kasettenrecorder gehockt! Wenn man nicht gerade von Westverwandschaft mit Kassetten versorgt wurde war das ein teurer Spaß. Die billigste Leerkassette kostete stolze 15 Mark :shock: und hatte auch nur eine Spieldauer von 60 Minuten. Also der Typ aus Sonnenallee, der den ganzen Film über einer bestimmten Stones-Platte hinterher jagte, sowas gab’s wirklich. Das waren echte Schätze im Osten und wer sowas besaß war der King. :cool: Das hat mich an der Wiedervereinigung besonders gefreut. Dass man endlich die Platten seiner Lieblingsbands kaufen konnte.

[QUOTE=Anchantia;326843] ich bin kein Zeitzeuge und reime mir das jetzt nur so zusammen.[/QUOTE]

Wie alles, was vor 1990 stattfand. Hindsight is 20/20 unless you live in Chemnitz.

Interessant ist in Deiner Domäne, dass jede Menge Künstler, die wirklich was auffem Kasten hatten, die DDR entweder freiwillig verlassen haben oder gegengen wurden … um sich dann im Westen von MfS und HVA bespitzeln zu lassen. So mancher der Westspitzel hat dann später Karriere in der PDS/Linkspartei gemacht, wie z.B. Dr. Diehter “Arschloch” Dehm aka IM Lerryn, der Wolf Biermann als Manager in der BRD betreut hat, um jeden Pipigang seines Schützlings in die Normannenstraße zu funken.

Dabei hatte Wolf noch Glück. Schöne Grüße an die Hinterbliebenen von Lutz Eigendorf.

[I]Anm. d. Red.: In einer füheren Version dieses Beitrags befanden sich zwei Rechtschreibfehler, die es nicht möglich machten, D. Dehm mit seiner Stasi-Historie zu googlen. Wir bitten dies zu entschuldigen. Viel Vergnügen beim Lesen seiner Täterakte![/I]

Erst neulich in einer Folge von „Navy CIS“ (Staffel 10, Folge 21 vom 29.09.2014)

Tony und Zeva reisen nach Berlin, sitzen vor einem Straßencafe mit der für Berlin typischen Aufschrift „Biergarten“ und trinken das für Berlin typische Hefeweizen oder Bier aus Maßkrügen.

Zwischenzeitlich im entfernten Amiland:
Abby hört in ihrem Labor lautstark die für Berlin typische bayerische Blasmusik von der Oktoberfest-CD und kocht nebenher Spätzle - denn:
„Auch in Berlin ißt man gerne Spätzle!“ (Was mir allerdings neu ist.)

Angesichts der hohen Zahl von Schwaben, die nach Berlin gezogen sind, passt das mit den Spätzle schon.

Naja - deshalb sind Spätzle noch kein typisches berliner Nationalgericht.

Dann hätte sie ja gleich „Gaisburger Marsch“ kochen können. :wink:
(Wahrscheinlich war der Aufwand zu groß oder die Amiländer kennen das sowieso nicht.)

[SPOILER]Gaisburger Marsch (benannt nach einem Stadtteil von Stuttgart)

Ein Eintopf aus Rindfleischwürfeln, Spätzle und Kartoffeln.
Für ne „schönere Farbe“ nehm ich noch Erbsen aus der Dose.
Einfach entsprechend der Kochdauer alles nacheinander in einen großen Kochtopf werfen.
Schmeckt superlecker, macht satt und der Rest läßt sich locker einfrieren.
Guten Appetit.
[/SPOILER]

Achso - mal zurück zum 3. Oktober:

Das ist für mich ein Feiertag, wie jeder andere auch. Hätte wegen mir auch der 17. Juni bleiben können.

Naja, zur Oktoberfest-Zeit könnte man schon meinen, dass Bayern überall ist. Zumindest hier in NRW gibt’s in jeder noch so kleinen Scheune zu dieser Zeit Oktoberfeste. Finde ich furchtbar diesen Trend.