Was für ein Tag. Der 3. Oktober. Für viele ja leider nur noch ein stinknormaler Feiertag, wo es nicht darum geht, dass wir vor 25 Jahren noch getrennt waren. Sondern heute sehen die meisten “Joar geil, arbeitsfrei”. Ist das eigentlich nicht unglaublich traurig?
Es macht mich ungemein traurig, dass wir Deutschen nichts aus der Zeit vor einem viertel Jahrhundert gelernt haben. Im Gegenteil. Damals sind wir Ostdeutschen auf die Straße gegangen. Haben jeden Montag demonstriert für die Vereinigung Deutschlands. Wir sahen uns der Armee gegenüber, dem Staat. Es hätte wahrscheinlich nicht viel gefehlt und Panzer wären angerückt. Aus einer friedlichen Demonstration wäre dann wohl ein Blutbad geworden. Ein Glück, dass das nicht passiert ist. Aber wo stehen wir heute?
Heute haben viele Menschen das Fernsehen gegen eine Internetblase eingetauscht. Man liest nur auf Blogs, die dieselbe Meinung wie man selbst vertreten. Man umgibt sich nur noch mit Menschen, die derselben Meinung entsprechen. Und verliert so den Kontakt mit andersdenkenden. Pluralismus? Aber doch nicht in unserer heutigen Zeit wo sich Menschen immer mehr und mehr in die digitale Welt flüchten. Sich entfremden. Es laufen an diesem Tag wieder die Bilder von 1989: wildfremde Menschen liegen sich an der gefallenen Berliner Mauer in den Armen. Und heute? Heute wird man mit einer Mischung aus Unverständnis und Lethargie angeschaut, wenn man mal vorschlägt auf die Straße zu gehen. Demonstrieren gegen Sozialabbau, gegen Kriegseinsätze, für einen Mindestlohn. Direkte außerparlamentarische Opposition nennt sich sowas! 1967 wurde Benno Ohnesorg bei einer Demo in Westberlin erschossen. Er sollte ein Mahnmal sein für das erkämpfte Demonstrationsrecht.
Doch die Deutschen? “Klick auf gefällt mir, wenn Du das auch verurteilst”, “Unterschreibe die und die Petition”. Ein Klick und schon ändert sich alles? Sind die Menschen so naiv geworden? Demokratie bedeutet mehr als auf irgendwelche Internetseiten zu klicken. Es ist Engagement und keine Bequemlichkeit. Wenn nur noch 71,5% aller Wahlberechtigten zur Bundestagswahl gehen, freut man sich das die Wahlbeteiligung gestiegen ist. Zu Recht? Denn 28,5% sind daheim geblieben, haben ihr Vertrauen in unsere Demokratie verloren. Das ist doch kein Grund sich zu freuen!
Demokratie… was ist das für Euch eigentlich noch? Eine Phrase? Ein Hohlbegriff? Ich sag Euch was: Es ist etwas wichtiges was es zu verteidigen und zu beschützen gilt. Nicht in irgendwelchen Onlineclouds, sondern draußen auf der Straße, im Alltag, im direkten Leben! Andererseits: wofür sind wir Ostdeutschen dann vor noch nicht allzu langer Zeit auf die Straße gegangen? Wieso gehen wir nicht heute wieder auf Straße, statt uns von Lobbyverbänden und Banken nach Strich und Faden verarschen zu lassen?
Heute ist doch mal ein guter Tag sich Gedanken zu machen. Wo stehen wir eigentlich mit der Demokratie? Hält uns das Internet davon ab unsere Meinung nach draußen zu tragen? Was ist Eure Meinung?