Hallo Community, moin Holger.
Frontal 21 hat mal wieder zugeschlagen! Jahre nach den legendären “Killerspiel-Beiträgen” traut sich die Redaktion wieder in ein Fahrwasser, welches sie besser konsequent gemieden hätte: Computerspiele.
Ich beziehe mich auf diesen Beitrag der Sendung vom 11.12.2012:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek#/beitrag … m-Internet
Schon in der ersten Hälfte, wo es um ein Pferdespiel geht, wird klar, auf was der Beitrag abzielt: Nicht etwa die junge Protagonistin ist daran Schuld, dass sie 267 Mal vom Handy der Mutter 0900er Nummern anruft und damit praktisch Diebstahl begeht. Oder die Eltern dass sie Monatelang nichts von der überteuerten Telefonrechnung bemerken. Sondern natürlich der Spielehersteller, der in seinem kostenlosen Onlinespiel Zusatzinhalte anbietet, um das Spiel zu finanzieren!
Normale Eltern hätten ein Gespräch mit ihrer Tochter geführt und den Differenzbetrag vom Taschengeld abgezogen. Scheinbar gibt es aber auch solche Eltern, die stattdessen beim Fernsehen anrufen, um einen Spielehersteller für die Vernachlässigung der eigenen Pflichten an den Pranger zu stellen. Und das Fernsehen springt gerne darauf an.
Vor allem möchte ich mich aber auf den zweiten Teil des Beitrages beziehen, denn hier geht es um einen alten Bekannten: League of Legends. Vor knapp 2 Jahren gab es mal einen Beitrag bezüglich einer Akte-Sendung (in der GameOne-Folge), der zwar ein paar Schönheitsfehler hatte, sich aber prinzipiell noch einmal genau so senden ließe, bloß diesmal halt als Antwort auf Frontal 21. Einfach weil Frontal 21 genau die selben Unwahrheiten verbreitet, die Holger damals bei Akte aufgedeckt hat.
Chronologisch sind folgende Aussagen bemerkenswert:
1. “Das Spiel dauert bis zu 1 1/2 Stunden.”:
Das ist natürlich nicht falsch. Ein Spiel kann so lange dauern. Trotzdem suggeriert diese Ausdrucksweise, dass eine solche Spieldauer die Normalität wäre. Dem ist nicht so. 99,9% der Spiele sind in unter einer Stunde vorbei, der Großteil dauert sogar nur 20-30 Minuten. Wenn man also weiß, dass man ungefähr eine Stunde Zeit bis zu seiner nächsten Verpflichtung im richtigen Leben hat, kann man ohne Bedenken ein weiteres Spiel starten. Die Wahrscheinlichkeit, dass man das Spiel vor Ende verlassen muss, ist gering.
2. “Wer sich vorzeitig ausloggt, bekommt Drohmails vom Anbieter.”:
Drohmails also. In diesen Emails werden lediglich Spieler verwarnt, die regelmäßig Spiele vor dem Ende verlassen. Weil sie das Spielerlebnis von 9 anderen Spielern zerstören, die den Ausgang alle gerne auf spielerischem Wege ausgefochten hätten, statt durch einen Leave. Durch diese Praxis, Spieler mit negativem Einfluss dauerhaft zu sperren, wird das Spiel für Andere deutlich besser genießbar. Ein Grund, warum League of Legends seit langem das meistgespielte Spiel der Welt ist.
3. “Bei Wiederholung wird der Spieler Tage, Wochen, oder Monate gesperrt, manchmal sogar ganz.”:
Wie aus Punkt 1 und 2 schon hervorgeht, kann das eigentlich gar nicht passieren. Außer der Sohnemann startet permanent Spiele, obwohl er eigentlich Hausaufgaben machen muss und die Mama zieht jedes mal den Stecker. Wenn man dann trotz mehrfacher Verwarnungen nicht sein Verhalten ändert, wird man zurecht gesperrt. So einfach ist das.
4. “Denn auch bei League of Legends können Extras, wie etwa Schwerter, hinzugekauft werden.”:
Das hört sich zwar gut an, ist aber immernoch genau so falsch, wie es schon vor zwei Jahren war. An dem Bezahlsystem von League of Legends hat sich nämlich nichts geändert. Gezeigt wird während diesem Satz lustigerweise nichtmal der Shop, wo man für Echtgeld Gegenstände erwerben kann, die den Spielverlauf nicht beeinflussen, sondern der Ingame-Shop, wie man ihn während eines Spiels vorfindet.
In jedem Spiel startet ein Spieler mit 475 Gold und einem leeren Inventar. Dieses Startgold kann ein Spieler dazu nutzen, seinen Helden auszurüsten. Für das töten gegnerischer Kreaturen und Helden bekommt man zusätzliches Gold, um sich stärkere Items kaufen zu können. Nach dem Spiel geht aber alles verloren. Im nächsten Spiel startet man wieder mit 475 Gold und einem leeren Inventar. Gleiche Startvoraussetzungen sind Bedingung dafür, dass sich ein Spiel für für einen fairen Wettbewerb eignet. Die besten Spieler der Welt spielen regelmäßig auf Turnieren um bis zu siebenstellige Geldbeträge. Man stelle sich ein Fußballspiel vor, bei dem die eine Mannschaft mit 11 Spielern starten darf, und die andere nur mit 10…
Völlig unabhängig davon gibt es noch einen zweiten Shop, wo man vor oder nach einem Spiel einkaufen kann. Zum einen mit der Echtgeldwährung (Riot Points), aber auch mit einer Spielgeldwährung (Influence Points), die man für das bestreiten von Spielen je nach Dauer und Ausgang (Sieg oder Niederlage) erhält. Die in diesem Shop zu erstehenden Gegenstände lassen sich in drei Kategorien einteilen:
a) Runen: Mit Runen kann man die Eigenschaften seiner Helden um bis zu 30 Punkte manuell verbessern. Runen haben einen direkten Einfluss auf das Spiel und sind daher nur durch Spielgeld erhältlich.
b) Helden: Bevor man einen Helden spielen kann, muss man ihn erst freischalten. Der Einfluss auf das Spiel ist eher gering. Zwar hat jemand, der viele Helden besitzt, natürlich eine größere Auswahl. Das bringt ihm aber nichts, so lange er nicht auch mit allen Helden gleich gut umgehen kann. Jemand, der nur einen Helden spielt und diesen dafür perfekt beherrscht, wird immer größeren Erfolg haben, als jemand der 100 Helden besitzt und keinen richtig spielen kann. Helden sind sowohl für Echt- als auch für Spielgeld erhältlich. Jemand der viel spielt, wird auf Dauer sowieso alle Helden freischalten können und jemand der wenig spielt muss eben entweder richtiges Geld investieren, oder sich mit der begrenzten Auswahl begnügen.
c) Skins: Darunter versteht man die Veränderung des Aussehens von einem Helden, den man besitzt. Skins sollen etwas besonderes sein und sind daher relativ kostspielig und nur für Echtgeld zu haben. Gedacht ist das so, dass man sich für seine Lieblingshelden einen Skin kauft, wenn man das Spiel unterstützen möchte und das Geld dafür hat. Ein Spieler ohne Skins hat aber keinerlei Nachteile.
Das Thema ist wahrscheinlich so ausgelutscht, dass sich ein weiterer Beitrag darüber nicht lohnen würde. Trotzdem wollte ich einfach mal los werden, was sich das gebührenfinanzierte Fernsehen hier mal wieder geleistet hat.