Dass für viele, die Steimle nur wenig kennen, in diesem Interview die Grenzen zwischen Satire und Ernsthaftigkeit zu stark verschwommen sind, kann ich durchaus nachvollziehen. Wie schon gesagt, ist der gute Uwe in dieser Veto-Folge wahrlich nicht in Bestform gewesen. Da ich ihn schon lange kenne, fallen mir solche Dinge weniger störend auf, doch ohne diese Vorkenntnisse hätte ich an einigen Stellen des Gesprächs wahrscheinlich auch Verständnisprobleme gehabt.
Steimle spielt schon seit einigen Jahren mit diesem Putin-Thema, weil er (aus meiner Sicht zurecht) westlichen Politikern und Medien ankreidet, dass sie Russland anders anfassen als jene Länder, die ihnen wirtschaftlich und ideologisch näher stehen. Auch im Vergleich zu China wird über Russland meist mit einem stärkeren negativen Fokus berichtet. Schon vor der jetzigen Ukraine-Eskalation hat die westliche Berichterstattung Putin stets zweifelsfrei als höchst umstrittenen Despoten abgebildet.
Schaut man sich im Vergleich dazu bspw. die Berichterstattung über China an, wird dort Xi Jinping von unseren Medienmachern meist viel behutsamer angefasst. Auf dem politischen Parkett bei Staatsbesuchen, Konferenzen, Gipfeln usw. läuft es ähnlich. Westliche Politiker hofieren Jinping sehr viel mehr als Putin und belegen ihn seltener mit Sanktionen. Dabei fällt gerne unter den Tisch, dass in China nach wie vor tagtäglich schwerste Menschenrechtsverletzungen passieren. An den Umgang Chinas mit Tibet haben wir uns mittlerweile gewöhnt und nehmen es fast schon schulterzuckend hin - dabei könnte man dies genauso scharf verurteilen wie Putins Umgang mit der Ukraine.
Dann wären da auch noch die „Umerziehungslager“ für Uiguren u.a. muslimische Minderheiten. Internierungslager, in denen Menschen erniedrigt, gefoltert, vergewaltigt und getötet werden. Sieht man Bilder aus diesen Lagern, fühlt man sich an dunkelste Kapitel aus unserer eigenen Geschichte erinnert. Wir sehen da eine schreckliche Situation, in der eigentlich genau das passiert, was uns hier in Deutschland besonders hellhörig machen sollte. Dennoch sind unsere Politiker mit China weiterhin auf Kuschelkurs und im woken Weltwirtschaftsforum wird Xi Jinping als „Our Excellency“ mit einem Schwall von Lobeshymnen vorgestellt, als wäre dieser gruselige Despot der geilste Typ überhaupt. Am Ende muss sich die deutsche/europäische Politik diesbezüglich von den Uiguren also völlig zurecht schwere Vorwürfe machen lassen, die uns gerade hierzulande zutiefst beschämen sollten:
Warum werden gegen China nicht ähnlich harte Sanktionen verhängt wie jetzt gegen Russland, solange diese „Umerziehungslager“ dort immer noch existieren? Mit diesen Lagern wird nun schon seit Jahren auf grausamste Weise Krieg gegen muslimische Minderheiten geführt. Inzwischen existieren in China fast 400 (!) solcher Lager. Diese Anzahl muss man sich mal vor Augen führen und sich das unermessliche Leid vorstellen, das dadurch tagtäglich verursacht wird. Aber jetzt vergleiche mal die Berichterstattung darüber mit dem jetzigen Ukraine-Krieg. Gab es in den Medien jemals einen so großen Aufschrei darüber, dass die Chinesen momentan etwas tun, das stark an die Konzentrationslager der Nazi-Ära erinnert?
Genau diese Doppelmoral unserer Politiker und Medienmacher versteht Steimle überhaupt nicht, wenn es um den oft sehr unterschiedlichen Umgang mit Russland im Vergleich zu China usw. geht. Ihn verbittert das so sehr, dass seine Witze darüber im Laufe der Jahre immer drastischer geworden sind. Das mag für Leute, die ihn nicht kennen, häufig irritierend sein, ich verstehe ihn da allerdings sehr gut.