Folge 60 - Gebühren von den Ärmsten

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Das eigentliche Problem kommt leider nur am Rande vor: Die Befreiung gibt es nur auf Antrag. Diesen Satz kann man nicht oft genug hervorheben.

Das David auch im Falle eines Widerspruchs die Gebühr weiter zahlen muss, hängt vermutlich mit einer Klausel zusammen, dass Widersprüche keine aufschiebende Wirkung haben. Bei ALG II ist dies üblich, aber auch bei der Rundfunkgebühr?

Und Urteile vom Berliner Verwaltungsgericht haben wirklich nur eine Wirkung für das Bundesland Berlin. Und die GEZ wird schon gewusst haben, wieso sie gegen diese Urteil nicht in die nächste Instanz gegangen ist. Ein gleichlautendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hätte die GEZ vermutlich eine hübsche Stange Geld gekostet. Da kann man den Bedürftigen aus den anderen 15 Bundesländern nur raten, selbst vor Gericht zu ziehen. Wäre da nicht dieser alte Spruch: “Vor Gericht und auf hoher See, liegst du allein in Gottes Hand.”

Ein sehr gut recherchierter Beitrag, der mich ja fast noch überrascht hat.
Aber da wir von der GEZ reden, haut mich nix mehr vom Hocker. :smt011

Naja, eigentlich bekommt man ja mit dem ALG2-Bescheid ja auch ein vorgefertigtes Blatt für die GEZ. Also sind die Betroffenen darüber schon informiert, dass man sich befreien lassen kann. Warum es dennoch viele nicht machen, bleibt mir da ein Rätsel. Denn sooo viel Geld sit das ja nicht was man da kriegt!

Ich bin jetzt leider auch schon länger Arbeitslos mit Unterbrechungen.
Ich habe nie einen Antrag gestellt auf Befreiung, aber als ich vor 6 Monaten das vorgefertigte Schreiben direkt von der ArGe bekommen hab, habe ich es auch zur GEZ geschickt.
7 Tage später bekam ich einen Brief von der GEZ, dass ich vergessen habe den Antrag zu Unterschreiben.
Ich brauchte nur eine Unterschrift leisten und zurück schicken und ab dem Zeitpunkt war ich tatsächlich Befreit.
Das war das erste Positive, was ich mit der GEZ erlebt habe.

Um aber auch was Negatives zu schreiben, habe ich noch was.
Als sich meine Frau von mir trennte und in eine kleine Wohnung zog, sagte ich ihr, dass sie die GEZ auf gar keinen Fall reinlassen soll. Sie hatte eh nur nen ollen kleinen Fernseher und guckte kaum TV.

Aber natürlich war am dritten Tag ihres Einzuges die GEZ vor der Tür.
Sie erklärte dem Heini, dass sie Alg II bezog und deswegen den Fernseher nicht anmelden bräuchte.
Aber er hat ihr (leider) Glaubhaft erklärt, dass sie sich zwar von der GEZ befreien lassen könne, aber sie müsse sich ja erst Anmelden, um sich dann befreien zu lassen.
Natürlich hat sie das Unterschrieben.

Und ich hatte ihr Eingebläut, dass sie sofort die Tür zumachen soll, wenn die GEZtapo vor der Tür steht.

demnach hast du aber keine Zuschläge nach §24 erhalten?

Nein, habe ich nicht.

Was ist das für ein Zuschlag? Wofür bekommt man ihn? Bin bisher nicht arbeitslos gewesen, aber das kommt wahrscheinlich nach meinem Studium. :-s

Ist jetzt nicht mehr interessant, gibt’s ja seit 1. Januar nicht mehr :smt025

Alles klar! Dann muss ich mir im Oktober keine Sorgen machen. 8)

Den Beitrag fand ich super, aber da der Zuschlag ja nun gestrichen wurde ist er leider nicht mehr so brisant. Hättest du den Beitrag vor einem halben Jahr gemacht wäre es natürlich besser gewesen.

Was ist das für ein Zuschlag? Wofür bekommt man ihn?

Das war so eine Art Ausgleichszahlung um den Differenzbetrag zwischen ALG I + ALG II abzufedern.

Allerdings ist es meines Erachtens sinnlos sich mit der GEZ auseinanderzusetzen.Die machen nur stumpf Inkasso und sind nicht rechtsfähig, könnten also nicht mal wenn sie wollten auf die Gebührenbeitreibung verzichten. Für die Befreiung sind die Rundfunkanstalten zuständig. Man muss nicht unbedingt klagen, wenn die sich bei einem Antrag auf Befreiung bockig anstellen. Ich hätte jedenfalls mit Verweis auf das Berliner Urteil eine Klage gegen einen Ablehnungsbescheid angedroht. Kann schon reichen.

Das eigentliche Problem kommt leider nur am Rande vor: Die Befreiung gibt es nur auf Antrag. Diesen Satz kann man nicht oft genug hervorheben.

Das David auch im Falle eines Widerspruchs die Gebühr weiter zahlen muss, hängt vermutlich mit einer Klausel zusammen, dass Widersprüche keine aufschiebende Wirkung haben. Bei ALG II ist dies üblich, aber auch bei der Rundfunkgebühr?

Und Urteile vom Berliner Verwaltungsgericht haben wirklich nur eine Wirkung für das Bundesland Berlin. Und die GEZ wird schon gewusst haben, wieso sie gegen diese Urteil nicht in die nächste Instanz gegangen ist. Ein gleichlautendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hätte die GEZ vermutlich eine hübsche Stange Geld gekostet. Da kann man den Bedürftigen aus den anderen 15 Bundesländern nur raten, selbst vor Gericht zu ziehen. Wäre da nicht dieser alte Spruch: „Vor Gericht und auf hoher See, liegst du allein in Gottes Hand.“

Ich denke nicht, dass bei der Rundfunkgebühr die aufschiebende Wirkung verfällt, zumindest wenn ich den §39 SGB II richtig verstanden habe; dort ist die Rede von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende, Verwaltungsakten, die den Übergang eines Anspruches bewirken, mit denen eine vorrangige Leistung beantragt wird, oder in denen zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird. Demnach müsste Widerspruch und Klage eine aufschiebende Wirkung haben, er müsste vorläufig nicht zahlen.
Dass Gerichtsurteile keine Rechtsnormen sind, ist in der Tat richtig, dennoch würde ich zustimmen und auf jeden Fall klagen. Bei hinreichender Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren bekäme David vermutlich sogar Prozesskostenhilfe bewilligt.

Ob Widersprüche gegen GEZ-Bescheid aufschiebende Wirkung haben, müsste man im Verwaltungsrecht nachforschen, das SGB II ist hierfür das falsche Gesetzbuch.

Und Google hat mir folgenden Text geliefert:

Ein Widerspruch gegen einen Kostenbescheid der GEZ hätte keine aufschiebende Wirkung (§ 80 II Nr.1 VwGO).

[quote=„“§ 80 VwGO""]
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
[ol][li]bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,[/][]bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,[/][]in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,[/][]in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.[/*][/ol]Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.[/li][/quote]

Hier noch die Links zur Quelle und zum Gesetzestext.

Hey, vielen Dank für die Info! In dem Fall müsste David wohl doch einen Antrag auf Wiederherstellung der Aufschiebenden Wirkung stellen, und das wird jetzt schwierig. Die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten dürfte ja durchaus positiv für ihn verlaufen, aber bei der Abwägung von staatlichen und individuellen Belangen bin ich mir nicht sicher, wie das Gericht das sehen würde. :smt012

Nachdem David nun keinen Zuschlag nach § 24 mehr erhält, dürfte er auch endlich die GEZ-Befreiung erhalten (irgendwann in ferner Zukunft, wenn die Realität im GEZ-Bunker angekommen ist und die entsprechenden Dienstanweisungen/Handlungsempfehlungen an die Landesrundfunkanstalten verschickt und dort dann auch gelesen und verstanden wurden). Damit ist ein Antrag auf “Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs” nicht mehr notwendig.

Das hoffe ich für David =) Kann mir allerdings auch vorstellen, dass die GEZ es nochmal mit ein paar Abbuchungen versucht, auch bei anderen Leuten die bisher gezahlt haben; oder dass sie ab jetzt trotz Befreiung Mahnungen rausschickt, in der Hoffnung, dass jemand zahlt. Das sähe ihr zumindest ähnlich :lol:

Also ich finde es gut das einmal auf das Thema hingewiesen wird,
aber ob man der ARD vorwerfen kann, dass viele Hartz 4 Empfänger sich einfach nicht informieren?
Studenten müssen auch mit wenig Geld auskommen und die wissen seltsamerweise jeden Trick, wenn es darum geht Geld zu sparen …

Ich weiß jedenfalls warum ich denen keine Einzugsermächtigung gegeben habe :smiley:

Zum Thema aufschiebende Wirkung: Bei einem Geldleistungsverwaltungsakt fällt die automatisch Kraft gesetzt weg. Und den Antrag auf wieder einsetzten der aufschiebenden Wirkung kann man nur stellen, wenn die vorher von der Behörde aufgehoben wurde. Im Fall von Gebühren muss man die also zahlen und kann sich nicht dagegen wehren. Das liegt einfach daran, dass man den Behörden/Kommunen so eine gewisse Planungssicherheit geben will. Allerdings bekommt man das zuviel gezahlte Geld wieder zurück, wenn der Widerspruch begründet war. Im Fall von Hartz 4 Empfängern mag das hart sein, weil es für sie auf jeden Cent ankommt, aber vor dem Gesetzt sind nunmal alle irgendwie gleich. Da die GEZ nicht im bereich des SGB fällt schon drei mal. Verwaltungsrecht ist da knall hart.

und in der Tat ist es NICHT absurd das ein Urteil aus Berlin nicht automatisch in jedem anderen Bundesland gilt. Wir sind ein föderaler Staat. Das hat Vorteile und auch Nachteile.

Das ist so nicht richtig: Die aufschiebende Wirkung kann vom Gericht ganz oder teilweise wiederhergestellt und auch angeordnet werden, also auch wenn sie automatisch dem Gesetz nach verfallen ist. Ein Eilverfahren kann also angestrebt werden, es käme dann aber darauf an, ob die individuellen Belange schwerer wiegen als die staatlichen, und das ist unklar (zumindest für mich, vllt kennt sich hier jemand besser aus?!).
Zum Letzten Punkt: Ich glaube Holger wollte auch nur die Dreistigkeit der GEZ in dieser Hinsicht herausstellen, die vom Gericht bescheinigt bekam, dass sie verfassungsrechtlich bedenklich sei, und daraufhin (ohne sich selbst zu reflektieren) sofort einen Wisch veröffentlicht hat, in dem steht, dass man sich auf dieses Urteil (dem andere Gerichte durchaus zustimmen können) bloß nichts einbilden solle.

Guter Beitrag, komische Hintergrundmusik :wink: