Guten Abend, Herr Bitbändiger.
Ohne Ironie: Ich finde Ihr Gedankenmodell interessant. Sie sagen, wir bezahlen das Privatfernsehen, indem wir die Produkte der werbenden Firmen kaufen.
Ich weiß nicht mehr, ob Sie es so deutlich schrieben, aber in einem Detail – nämlich der Erhöhung des Endpreises wegen der Werbeausgaben – stimme ich Ihrer Rechnung nicht ganz zu. Korrigieren Sie mich, wenn ich etwas übersehe. Einfaches Beispiel:
Eine Firma verkauft Klopapier an den Endkunden für 2 Euro. 10000 Kunden kaufen dieses Produkt monatlich. Das ergibt einen monatlichen Umsatz von 20000 Euro.
Die Firma hat den Betrag von 2 Euro gewählt, weil dieser nach ihrer Schätzung den optimalen Umsatz generiert. Wäre er um 1 Cent höher, würden – sagen wie einmal – nur 9900 Kunden zugreifen und der Umsatz wäre somit um 101 Euro geringer. Wäre er um 1 Cent niedriger, würden – sagen wie einmal – zwar 30 Kunden mehr zugreifen, aber der Umsatz wäre trotzdem um etwa 40 Euro niedriger.
Also, die Firma wählt diesen Endpreis von 2 Euro, weil dieser den optimalen Umsatz generiert.
Die Firma hat ihre Ausgaben. Unter anderem für die Werbung. Mal steigen die Kosten, mal sinken sie. Aber wenn die Ausgaben sinken, wird die Firma nicht den Endpreis senken; sie wird also diesen zusätzlichen Profit nicht an den Endkunden weitergeben (gut, manche Firmen tun das, aus Wettbewerbsgründen). Die Firma hält die 2 Euro, weil dieser Preis den optimalen Umsatz generiert. Andersherum wird die Firma den Preis auch nicht erhöhen, wenn die Ausgaben für die Werbung steigen; denn das würde ja den Umsatz ebenso verkleinern.
Indirekt und im allgemeinen stimme ich Ihnen trotzdem zu, Herr Bitbändiger: Wir kaufen die Produkte der Firmen, und die Firmen reichen unser Geld weiter an die Privatsender. Nur in einem Detail stimme ich nicht zu: Ich meine, die Firmen schlagen die Kosten für die Werbung nicht auf den Endpreis. Der Endpreis ist meist optimiert. Er kann nicht beliebig erhöht werden, wenn zum Beispiel mehr Geld für Werbung angeschafft werden muss. Wir Verbraucher können, durch unser Kaufverhalten, wenigstens regulieren, welche Firma Geld verdient, und welche Firma somit die Privatsender finanziert. Wenn ich ständig Sachen kaufe von Firmen, die keine Werbung schalten, so finanziere ich auch nicht die Privatsender. Wie weit das klappt, hängt natürlich vom Lebensstil ab. Auch wenn man bescheiden lebt, rutschen immer wieder mal ein paar durch. Aber man hat die Macht, es zu regulieren.
Ahoy.
[QUOTE=hollaender;465490]zu Anja Reschke:
Inhaltlich stimme ich Frau Reschke durchaus zu. Bei einem derart komplexen Thema sollte man das Volk nicht entscheiden lassen, weil es die Konsequenzen für und wider nicht in ausreichendem Maße durchdringen kann.[/QUOTE]
Im Fall TTIP ist der Sachverhalt allerdings dermaßen komplex, dass sogar Fachpolitiker und Wirtschaftsexperten die Konsequenzen nicht abschätzen können. Und dieser Umstand macht den Sack zu. Das Gebot, dass man nie die Katze im Sack kaufen soll, macht die TTIP-Frage wieder einfach: Man unterschreibt keinen Vertrag, den man nicht versteht. So einfach ist das. Abgesehen davon ist das Problem mit den Schiedsgerichten ebenfalls ziemlich unkomplex. Und gleichfalls einer der Hauptgründe gegen TTIP.
Ex-AfD-Mann Henkel hat vor ein paar Wochen mal gesagt, er wüsste auch nicht genau, was da in TTIP drinstünde, aber genau deshalb solle man die Sache nicht überstürzt ablehnen; vielleicht sei das ja eine gute Sache. Dagegen sage ich, im Zweifelsfalle ist Ablehnen besser als Annehmen. Da könnte ja jeder kommen. Und ich glaube, dass das reine Besänftigungstaktik war von Henkel. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Henkel etwas unterschreiben würde, das er nicht versteht.
Zurück zu Frau Reschke: Mir scheint, sie hat mit diesem kleinen ungeschminkten Kommentar zwischen Aufzugtür und Angel nicht auf die Brexit-Problematik gezielt, sondern die Gelegenheit genutzt, um für TTIP zu werben. Ich war sehr enttäuscht an dieser Stelle. Ich hielt sie bisher für eine auf Objektivität fokussierte Person. Allerdings hatte sie mich vor ein paar Monaten in Panorama auch schon mal überrascht, als sie den TTIP-Gegnern unausgesprochen so eine Art Doppelmoral unterstellte, indem sie den Zuschauern zeigte, dass es schon lange auch ein Freihandelsabkommen zwischen Deutschland und Spanien gäbe, und sich keiner dagegen beschwert habe. Da habe ich mich gefragt, warum dieser Umstand eine TTIP-Befürwortung rechtfertigen solle. Das Freihandelsabkommen zwischen Deutschland und Spanien ist der gleiche Mist. Aber dann dachte ich, dass sie das wahrscheinlich ganz neutral und nicht als Rechtfertigung gemeint hatte. – Nun, inzwischen denke ich anders; wenn ich die Schnipsel summiere, komme ich doch zu der Annahme, dass sie TTIP unterstützt – und entsprechend kommuniziert sie vor der Kamera, unter pseudo-neutralem Licht. Auf mich wirkt das verlogen. Ich bin wirklich sehr enttäuscht.