[QUOTE=TomK.;479439]Was auch daran liegt, dass man bei uns gehen kann, wenn einem das System nicht passt.[/QUOTE]
Das ist so nicht ganz richtig.
Auch die sogenannte freie Welt bringt Millionen Regimeopfer hervor, die auf schwer überwindbare Grenzzäune stoßen.
Wo in Kuba die Unterdrückten eingesperrt werden, werden die Opfer hier im Kapitalismus-Wunderland jedoch ausgesperrt.
Die ‘Osmose’ funktioniert hier also bloß andersherum.
Unser wunderbares ‘System’ ist immer noch ein koloniales, dass auf der Ausbeutung schwächerer Völker fußt. Nur dass der Kolonialismus sich jetzt im Gewand einer rücksichtlos expansiv agierenden Wirtschaft versteckt.
Der Historiker ‘Wolfgang Reinhard’ (Die Unterwerfung der Welt) brachte das in einem letztens gehörten Interview auf den Punkt, indem er der EU attestierte, immer noch ‘den Mund nicht vollzukriegen’.
Europas Grenzen reichen also bei gewissenhaftem Blick bis in die Dritte Welt, aber nur die Auserwählten hier in Europa genießen uneingeschränkte Freizügigkeit. Und alle anderen Freiheiten des Westens.
Von daher dürfte sich im Vergleich mit Kuba der Grad des Unrechts in Sachen ‘offene Grenzen’ einigermaßen die Waage halten.
Oder wie Rosa Luxemburg es ausdrückte:
Reisefreiheit ist immer die Reisefreiheit des Ausgegrenzten.
Um auf den Comandante zurückzukommen:
[QUOTE=Baru;479451]
Die Antworten lassen sich ganz grob zusammenfassen: Er war ein Befreier, der eine Regime beseitigt hat, das sich nicht um das Volk gekümmert hat, es gab und gibt eindeutig politische Unterdrückung, aber von den Extremen Hitler und Stalin weit entfernt und auch teilweise durch die USA und deren Umsturzversuche und Embargos erzwungen. Es gab große Errungenschaften im Bereich Bildung und Gesundheit, aber insgesamt gibt es bis heute einen ziemlich niedrigen Lebensstandard.
Also keine Demokratie, kein Wunderland, sogar Unterdrückung, aber auch lange kein Stalin oder Hitler oder die Hölle auf Erden.[/QUOTE]
So ungefähr fällt auch mein Urteil aus.
In einen Topf mit Gewaltherrschern wie Hussein, Ceaucescu oder Gaddafi gehört Castro wohl nicht.
Im Gegensatz zu amtierenden Despoten wie Putin, Erdogan oder Kim Jong-Un scheint er auch nie demCäseranwahn verfallen zu sein, der sich im ausgeprägtem Narzissmus und dem entsprechendem Hang zu Selbsdarstellung. Verschwendungssucht, militärisch-aggressivem Gehabe und Paranoia äußert.
Zumindest die Tatsache, dass er mit 30 überlebten Mordanschlägen Rekordhalter ist, läßt darauf schließen, dass er nicht bis zum unmoralisch Äußersten ging und präventiv alles abschlachten ließ, was ihm gefährlich sein könnte, wie z.B. Stalin.
Und dass nach Aussage der Kubaner diese Attentate der ‘Arbeit’ von US-Geheimdiensten zuzuschreiben sind, ist für mich ein Indiz, dass er vieles richtig gemacht haben muss.
In Anbetracht des ständigen Beefs mit der Hegemonialmacht Nr. 1 hat sich das sozialistische Kuba nämlich ganz wacker geschlagen. Ob das ohne Repressionen gegen die eigene Bevölkerung auch möglich gewesen wäre, ist zwar nicht unwahrscheinlich aber fraglich.
Ich würde deshalb nicht soweit gehen, Castro mit Friedensstiftern wie Gandhi, Saddat oder Rabin zu vergleichen, aber wie der Politikwissenschaftler Rüdiger Robert festgestellt hat, fallen Scharfmacher und Kriegstreiber bei weitem nicht so häufig Attentaten zum Opfer, wie es an Frieden interessierte Staatsführer tun.
Ein Typ wie Trump, der nicht nur den eigenen Militär-Etat erhöhen will, sondern auch von seinen Verbündeten selbiges Vorgehen verlangt, muss sich eigentlich keine Sorgen machen, gekillt zu werden wie z.B. sein Amtsvorgänger Kennedy, der das Budget für das Militär kürzen und den Ausbruch des Vietnamkrieges verhindern wollte.
Dessen Ermordung soll übrigens Castro in Auftrag gegeben haben. Ausschließen kann man’s nicht, aber ich halte es für unwahrscheinlich.
Als Volksheld und Befreier war ihm ja das Präsidentenamt auf Lebenszeit sicher.
Von daher würde ich ihn eher mit Regenten wie Tito, Enver Hoca oder Atatürk vergleichen.
Zudem wissen wir auch nicht, ob er gerne den Lider Maximo gegeben hat, also an seinem Stuhl gerne geklebt hat.
Vielleicht wollte er von sich aus bereits viel früher den Weg frei machen für den Nachwuchs, aber seine Getreuen haben ihn gebeten und gedrängt weiterzumachen, aus Angst, dass ohne den Revolutionsführer mit seinem Ansehen und seiner Autorität die sozialistische Gegenwehr nicht Aufrecht zu erhalten ist.
Wie bei der CDU und Mutti. :mrgreen: