Fernsehen als Plattform für reelle Dramatik - Bsp. SternTV

Moin!

Es fällt mir immer wieder auf und es stört mich jedes Mal ungemein.

Häufig wird im Fernsehen reelles Leiden gezeigt. Mal ein Beispiel:

  • SternTV 15.06.2010 - Entführte Kinder
  • SternTV 15.06.2010 - Gorch Fock Unglück

Hier werden Betroffene in einer Sendung - mal mehr und mal weniger seriös - gezeigt, die schweres durchleben oder durchlebt haben.
Die Intention ist dabei fraglich: Weder besteht in privaten Angelegenheiten ein reelles öffentliches Interesse, noch kann den Betroffenen geholfen werden.

Ich sehe in solchen Sendungen nur, wie diese armen Seelen gewissermaßen dazu gezwungen werden, privates auszuplaudern und sich öffentlich bloßstellen zu lassen.

Dabei frage ich mich:

Muss das wirklich sein?
Muss das Leid einzelner öffentlich gemacht werden?
Ist es nicht krank, dass sich einige Sendungen (an dieser Stelle kein Beispiel) nahezu an dem Leid dieser ergötzen?

Vielleicht mal ein allgemeines Thema für FKTV.

Ich würde mich allerdings auch darüber freuen, eure Meinungen zu solchem (und sehr gerne weitere Beispiele) Vorgehen zu hören.

Gehört vielleicht zu der großen Angstschafferei des gegenwärtigen Fernsehens.

Zum einen nutzt es die permanente Angst der Personen das einem genauso etwas auch passieren könnte.
Und wo erlebt man am besten Angst. Indem man sie entweder selbst erlebt oder sich von anderen erzählen lässt denen so etwas passiert ist.

Aus solchen Gründen trauen sich ja Eltern auch nicht ihre Kinder mehr allein zur Schule oder Kindergarten gehen zu lassen, da ja rein theoretisch hinter jedem Baum ein Kinderschänder lauern.
Eine optimale Grundlage für das erschaffen eines goldenen Käfigs. Angst. Angst es könnte was passieren. Also vor etwas hypothetischem immer mehr Angst haben, als vor den reellen Gefahren.

Zum anderen ist es wie ein Autounfall. Man will es gar nicht sehen, schaut dann aber trotzdem hin. So ist es halt mit dem Leid von anderen. Nur auch hier wird wenig ein aufruf gestartet etwas zu verhindern oder sich einer Sache anzunehmen.

Praktisch wie in einem Zirkus. Nur halt mir traurigen Clowns statt mit lachenden.

Irgendwie kam mir die ganze Show so vor:
Als erstes was zum “Mitfühlen”, ein wenig wie Witwenschütteln. Tränen fließen, alle hoffen.
Der zweite Beitrag eine nette Erfolgsstory, aber der Punkt: Sie hat ein Buch geschrieben. Kauft es!
Als drittes darf man entsetzt sein, wie können Menschen sowas tun. Die armen süßen Hündchen. (Hat irgendwen das arme Schwein interessiert? Oder die Hühner?)
Als letztes nochwas Extremes. Völlig belanglos, man darf ne Runde staunen, was sich mancher doch so traut (na ein Glück, dass ich im bequemen Sessel sitze). Jackass in weniger eklig.

Sagt mir, wenn ich mich irre, aber ich bin mir relativ sicher, dass genau so eigentlich jede Sendung abläuft.

Sagt mir, wenn ich mich irre, aber ich bin mir relativ sicher, dass genau so eigentlich jede Sendung abläuft.

Ich sehe ähnliches auch immer wieder, verdränge das aber recht schnell.

Eure Meinungen kann ich so nur bestätigen, das ist genau mein Eindruck.

Ein paar weitere Beispiele wären aber wirklich nett =)

Holger ist schon einmal auf das Thema “Betroffenheit erzeugen” eingegangen, als es um Aktenzeichen XY ging (vielleicht kennt ja jemand die genaue Folge).

Ich habe ja gestern bereits im Posch-Thread geschrieben, dass ich es unnötig fand, die Frau bei SternTV noch einmal im Studio zusammenbrechen zu lassen. Die Aufnahmen im Beitrag waren, wie ich meine, schon emotionsgeladen genug. Dass der Ehemann oder Bekannte im Sudan dies hätten sehen sollen, halte ich für unrealistisch, zumal der Beitrag selbst dafür genügt hätte. Hätte man in der Gesprächsrunde lieber darauf hingewiesen, dass man es der Frau nicht zumuten könne, sich selbst der Öffentlichkeit auszusetzen, hätten es vermutlich alle akzeptiert. Statt dessen muss sie erst noch einmal den Beitrag mit ansehen, so dass auch ja alle Erinnerungen zurückkommen, und wird daraufhin zu dem Thema befragt. Zum Glück stand ihr jemand zur Seite, der ihre Gedanken nach dem Zusammenbruch fortführen konnte. Für mich sah es so aus, als wollte man dem Zuschauer Live-Emotionen liefern. Sollte mir aber jemand plausibel erklären können, welchen Nutzen diese Vorführung für den Fall gehabt haben soll, nehme ich meine Kritik daran zurück.

Machts gut,
Andi