Extreme Bewertungstendenz im deutschen Fernsehen

Man sieht ja allerlei Blödsinn in der Glotze, aber in den letzten Jahren wird es immer extremer:
Alles und Jeder muss bewertet werden, damit feststeht: Das sind die Guten, die müssen wir anbeten, und das die Loser, die sind schlecht, über die können wir uns ruhig lustig machen (DSDS ist da das beste Beispiel).
Castingshows nehmen in letzter Zeit extrem zu (Popstars, DSDS, Singing Bee, Die singende Firma und sicher 1000 andere Formate).
Und dann muss alles bewertet werden, und nach inneren Werten wird da natürlich nicht gefragt. Diese Tendenz regt mich schon ziemlich auf, muss ich sagen, und , dass auch in Kochshows Gäste kommen, deren Kochkünste dann von einem Gourmet bewertet werden ist glaube ich hart an der Grenze.
Ich frage mich: Was soll das?

Ich kann deinen Ausführungen gerade nicht ganz folgen, auch wenn ich erahne, wohin es wohl gehen soll. Du nennst zwar Sendungen, aber kannst du vielleicht auch konkrete Beispiele nennen?

Ich frage mich einfach nur, warum Alles und Jeder im Fernsehen bewertet werden muss…
Jeder hat doch eigene Qualitäten!

Ich schätze mal das sich dadurch die Zuschauer besser fühlen, die ein niedriges Selbstwertgefühl haben. Es ist ja schließlich sehr einfach von seiner Couch aus andere Leute zu kritisieren. Andererseits kann man sich wie ein Experte fühlen wenn man z. B. bei einem Gesangscasting Leute lobt, die eine gute Stimme haben.

Aber das ist nur meine persönliche Meinung. :smt002

Ja, ich glaube das ist ein Problem unserer heutigen Gesellschaft. Alles muss in Normen gepresst und bewertet werden, wie gut es in diese passt. Außerdem hat die breite Masse der Fernsehzuschauer auch in beruflicher Hinsicht nicht ihren Traum erreicht und auch geldlich gesehen geht es vielen nicht so gut wie diese erhofften. Dann fehlt desweiteren einen Großteil die nötige Allgemeinbildung.
Das Fernsehen setzt nun genau hier an. Sympathieträger werden aufgebaut und sg. “Loser” an den Pranger gestellt. Das lenkt die meisten Leute von ihren eigenen Problemen ab und das Kritisieren und Herabwürdigen der vermeintlich Schlechten stärkt das eigenen Selbstbewusstsein. Außerdem benötigt man nicht soviel Gehirnkapazität, denn das bewerten und abwerten liegt den Menschen sozusagen im Blut, außerdem wird hier die Meinung vorgekaut und man muss sich keine eigene bilden. Wenn andere denken, braucht man sich nicht selbst anstrengen.

Könnte eventuell auch ein Symptom unseres heutigen Brachialindividualismus sein…

Ich schätze mal das sich dadurch die Zuschauer besser fühlen, die ein niedriges Selbstwertgefühl haben. Es ist ja schließlich sehr einfach von seiner Couch aus andere Leute zu kritisieren. Andererseits kann man sich wie ein Experte fühlen wenn man z. B. bei einem Gesangscasting Leute lobt, die eine gute Stimme haben.

Aber das ist nur meine persönliche Meinung. :smt002

Wieder andererseits schüchtert es die ein, die ein niedriges Selbstwertgefühl haben, aber durchaus in der Lage sind, gut zu singen oder sonstwas zu machen. Die Angst, schlecht zu sein, wird geschürt, denn man sieht ja, was mit den Schlechten passiert.

Mir persönlich gefällt diese Bewertungstendenz garnicht, wahrscheinlich gehört sie aber zum Entwicklungsprozess dazu nach dem Motto: Man muss zuerst etwas durchgemacht haben, bevor man erkennt, dass es nichts bringt. :roll:

Tragisch find ich die Sendung (wie auch immer sie heisst, Scooter sitzt da glaub ich in der Jury), in der sich Jugendliche in Badebekleidung auf der Bühne präsentieren und nach ihrem Äusserlichen beurteilt werden. Das werden bestimmt mal alles sehr respektvolle und mitfühlende Menschen :mrgreen: :mrgreen:

denn das bewerten und abwerten liegt den Menschen sozusagen im Blut

Das bezweifle ich, ich sehe es eher als eine Art Konditionierung. Die wengisten bewerten von klein auf, das lernt man irgendwann von den Erwachsenen. Genauso wie Du sonst noch schreibst, wird es einem tatsächlich vorgekaut, auch das Bewertungsverhalten.

du meinst “Hot or not”. Kam im Top 10 Ranking der schlimmsten Viva Sendungen vor. Und das natürlich mit Recht. Ich kann mir persöhnlich nichts Oberflächlicheres vorstellen als das. Außerdem gibt es genügend “Am I hot?” Seiten im Internet, wo Rainer Kasallek aus Hackfresskirchen glaubt, er würde eine Bewertung von über 3 bekommen… aus 10 maximalpunkten. Jeder sollte zu seinem Aussehen stehen, ich tu es mittlerweile auch. Wer sich dort präsentiert leidet mit Sicherheit an einem Darstellungszwang. Ich kann mir schwer vorstellen, dass jemand der sich als gesammt Mensch gut findet sich für so eine Show meldet, damit ihm bestätigt wird “Immerhin siehst du geil aus”. Ich persöhnlich erwarte von keinem der Kandidaten eine besonders hohe Intelligenz. Damit will ich nicht schöne Menschen als Dumm darstellen, sondern ausdrücken, dass ein Intelligenter Mensch an soetwas überhaupt nicht teilnehmen würde.

DSDS ist eine Sache für sich. Die ersten Sendungen geht es darum sich am Unvermögen anderer zu ergötzen, was halt Zuschauer lockt. Ich gestehe, dass ich es schon ziemlich witzig finde, wenn eine Kandidatin in recht knappen Klamotten denkt, dass sie mit einem Lied über Cunnilingus weiterkommt. Sobald man sich aber mal gedanken darüber macht, was das für ein Mensch sein muss, dann wird das ganz schnell traurig.

Haha, ich musste bei der Erwähnung der inneren Werte kurz grinsen, da diese so derart redundant benutzt werden, egal bei welchem Thema.
Naja, bei einer Show, die das Konzept eines Castings hat, wird man nicht um die Tatsache umherkommen, dass man einen anderen Menschen bewerten und, falls dem so ist, eine schlechte Leistung auch als eine solche klarmachen muss.
“Innere Werte” sind keine objektiv erkennbaren Kriterien, sondern unsere subjektive Empfindung und unser Verständnis des gegenüberliegenden Charakters, es ist schlicht und einfach ein transzendenter Begriff, den man nicht als Forderung benutzen darf, da wir zum einen permanent die inneren Werte eines Menschen zu analysieren versuchen, sofern wir einen sehen und zum anderen, da “innere Werte” im Sinn der meisten, wahrscheinlich auch in deinem, als ein Pseudoargument benutzt werden, da einem das Thema nicht sonderlich liegt und man irgendetwas braucht, um das zu untermaueren.

Es ist mehr als ok, wenn man beispielsweise kritisiert, dass die Jury jemanden zu hart oder unberechtigterweise falsch bewertet, so ist auch jeder andere fachliche Fehler, der innerhalb des Bewertungsprozesses liegt.
Bewertungen sind jedoch prinzipiell dazu da, um herauszufinden, wer oder was innerhalb eines bestimmten Bereiches der Beste ist und die individuellen Fertigkeiten desjenigen zum Nutzen von uns allem einzusetzen. Ist besser, als uns zu beweihräuchern und über unsere unsterbliche Seele und die ach so angepriesenen inneren Werte zu freuen, finde ich zumindest.
Ps. ich weiß, was meistens nach einem solchen Punkt kommt, deswegen->Nein, Freunde und Bekannte suche ich mir anhand ihrer inneren Werte und nicht ihrer Leistung aus. Tut mir leid, falls ich das irgendjemandem vorweggenommen habe.

@daggle:

Ich glaube du hast mich evtl. falsch verstanden, war auch komisch formuliert geb ich zu.
Ich meine der Mensch bewertet, also schätzt ein, Situationen, andere Menschen, genau wie das selbst schon Primaten tun. Also liegt das einschätzen den Menschen im Blut, auch von Kindesbeinen an. Ob diese richtig oder falsch ist oder überhaupt in die Kategorien zu sperren ist, steht auf einen anderen Blatt.

Könnte eventuell auch ein Symptom unseres heutigen Brachialindividualismus sein…

Das ist natürlich auch ein interessanter Ansatz. Nur ist die Frage, kann man es als Norm der Menschen bezeichnen außergewöhnlich zu sein oder nicht. Denn eigentlich ist es ja ein Widerspruch Norm und Außergewöhnlich. Das Problem ist aber, sind/wollen alle außergewöhnlich sein, wird eben dies zur Norm, also normal und damit durchschnittliche Menschen außergewöhnlich. Kein Wunder, dass der heutige Mensch so ist wie er ist, ein hilfloses verwirrtes Wesen;).

@daggle:

Ich meine der Mensch bewertet, also schätzt ein, Situationen, andere Menschen, genau wie das selbst schon Primaten tun. Also liegt das einschätzen den Menschen im Blut, auch von Kindesbeinen an.

ampler, ich hab Dich tatsächlich falsch verstanden, ich dachte eher an das falls negativ verspottende und verachtende Bewerten, und nicht an das Einschätzen von Personen und Situationen, wie Du es reformuliert hast, welches ich eigentlich auch als natürlich ansehe.
Dieser Spott ist leider auch ein Teil dieser bewertenden Konditionierung.

Jeder sollte zu seinem Aussehen stehen, ich tu es mittlerweile auch.

Das ist auch sowas Tragisches an unserer heutigen Gesellschaft. Man muss zu dem stehen, was man ist, man kann es nicht einfach sein. Homosexuelle müssen dazu stehen, dass sie homosexuell sind, Hässliche, Untalentierte, Dicke usw… In einer nicht bewertenden Gesellschaft wäre das doch kein Thema, man wäre einfach homo, hässlich, untalentiert, dick oder sonstwas und keinen würde es interessieren.

Andersrum: Musste schon mal jemand zu seiner Schönheit stehen? oder zu seinem gutgebauten Körper? oder zu seiner Heterosexualität? oder zu seinen Talenten?

PS: Gestern zog Stefan Raab über einen Typen her, der ne Frau sucht. Der Typ war nicht gerade der feuchte Traum aller Frauen und auch seine Hintergründe waren nicht die weltlichsten. Jedoch wurde er dafür ausgelacht, obwohl er ein mitfühlendes Wesen derselben Spezies ist. Ja wo sollen wir denn da noch gesunde „Werte“ herbekommen? Sind wir nicht „besser“ als das? :roll:

Ich habe im Übrigen auch gar nichts gegen Wettbewerbe. Aber muss das denn alles im Fernsehen veröffentlicht werden? Also so, dass Dieter Bohlen zum Beispiel weinger hübsche Menschen verspotten kann?

PS:
@daggle:

Man muss zuerst etwas durchgemacht haben, bevor man erkennt, dass es nichts bringt.

Das Problem ist ja gerade, dass es etwas bringt. Ansonsten würden doch DSDS, Popstars etc. nicht in die x-te Staffel gehen, oder? :smt017

PS2: Ihr seid beide falsch: Die Senung heißt „Are you hot?“ :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:

Das Problem ist ja gerad, dass es etwas bringt. Ansonsten würden doch DSDS, Popstars etc. nicht in die x-te Staffel gehen, oder? :smt017

Es kommt darauf an, auf welcher Seite man steht. Es gab eine Zeit, da hab ich sehr gern verspottet und ausgelacht, ohne mir Gedanken dazu zu machen. Irgendwann wurde ich verspottet und ausgelacht, und das fühlte sich ziemlich scheisse an. Allerdings hat es mich auch geweckt. Von daher hat es mir was gebracht.

Das ist natürlich auch ein interessanter Ansatz. Nur ist die Frage, kann man es als Norm der Menschen bezeichnen außergewöhnlich zu sein oder nicht. Denn eigentlich ist es ja ein Widerspruch Norm und Außergewöhnlich. Das Problem ist aber, sind/wollen alle außergewöhnlich sein, wird eben dies zur Norm, also normal und damit durchschnittliche Menschen außergewöhnlich. Kein Wunder, dass der heutige Mensch so ist wie er ist, ein hilfloses verwirrtes Wesen;).

Ganz mein Gedanke. :wink:

Oder anders: Ist es bei fast 7 Millionen Menschen möglich, komplett individuell zu sein?

Wenn jeder individuell sein will, sind dann am Schluss nicht wieder alle gleich? :slight_smile:

Erinnert mich an das Leben des Brian:

Brian: „Ihr seid alles Individuen!“
Die Menge im Chor: „Ja, wir sind alles Individuen!“
Einzelne Stimme: „ich nicht“

:mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:

Irgendwann wurde ich verspottet und ausgelacht, und das fühlte sich ziemlich scheisse an. Allerdings hat es mich auch geweckt. Von daher hat es mir was gebracht.

Au ja!!
Dann lasst uns doch alle mal die RTL-Studios stürmen und Dieter Bohlen verspotten!
Er wird sich sicher riesig freuen, dass wir so nett zu ihm waren und ihm gezeigt haben, wie mies und erbärmlich sich das eigentlich anfühlt, so verarscht zu werden. :smt023

Dann lasst uns doch alle mal die RTL-Studios stürmen und Dieter Bohlen verspotten!
Er wird sich sicher riesig freuen, dass wir so nett zu ihm waren und ihm gezeigt haben, wie mies sich das eigentlich anfühlt, so verarscht zu werden.

Einen Vollzeit-Egozentriker kannst du nicht bekehren. Schon gar nicht, wenn er bereits in seiner Denke so festgefahren ist. Solchen Leuten muss schon etwas wesentlich härteres widerfahren.