Tja, Eure gute „Moral“ hilft Euch dann auch nicht mehr weiter, wenn ihr mal in der ALG2-Falle sitzt! Sicher, man kann vor das Sozialgericht gehen. Aber 1) ist es nicht sicher ob man da auch Recht bekommt und 2) dauert es so lange bis es da aml zur Verhandlung kommt, da ist die Kürzung schon längst überstanden. Wer denkt, dass man in diesem Staat innerhalb weniger Wochen zum Prozess kommt, der irrt.
Davon ab: als ALG2 Empfänger merkst Du ganz eindeutig ob man 359€ oder 251,30€ zur Verfügung hat. Die fehlenden 100€ gehen ja schon gut und gerne für Strom, Telefon/Internet und Versicherung drauf! Und vom Rest darf man dann die monatlichen Lebenskosten bestreiten. Wer sagt, dass man die Leistungskürzung mit „ein paar Einschränkungen“ überstehen kann, ist einfach Realitätsfremd bzw. hatte noch nie nen eigenen Haushalt geführt! Und nun stellt Euch zudem noch vor es hängen Kinder dran, da überlegt man nocheinmal fünf mal zusätzlich ob man diese Leistungskürzung riskieren will oder nicht. Jede(r) auch nur halbwegs verantwortliche(r) Mutter/Vater wird sich dagegen entscheiden! Im Gegenteil: die Aussicht auf 250€ mehr im Monat reicht ja schon aus, die Moral Moral sein zu lassen. Denn ob man nun 359€ oder 609€ im Monat zur Verfügung hat ist ein großer Unterschied! Zudem wurden viele ALG2-Empfänger im Leben ja auch schon sehr übel mitgespielt, wo es dann nochmal schwieriger ist irgendwelche überhöhten Moralvorstellungen zu bewahren.
Und es ist sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich, die seelische Belastung schon im Vorfeld nachzuweisen. In jedem Fall wird man immer mit dem Argument „versuchen Sie es doch ersteinmal“ konfrontiert. Man muss also schonmal darin arbeiten um diesen Weg zu gehen. Und danach musst Du nicht nur dem Amtsarzt glaubhaft rüberbringen das dir die Arbeit psychisch nicht bekommt, sondern gut wäre es dann auch noch privat in psychologischer Behandlung zu sein. Fazit: den Weg der „psychischen Belastung“ können nur die wenigen gehen, die wirklich an einer medizinischen nachweisbaren psychischen Belastung leiden. Zum Glück!!!
Und da greif ich nochmal den ersten Punkt auf: vor dem Sozialgericht musst Du belegen können, dass die Arbeit nicht angemessen für Dich ist. Zu 90% der Fälle geht es in solchen Prozessen wirklich darum, dass das Amt trotz Attest von Psychologen dir ne Leistungskürzung aufgebrummt hat. Und das geht zum Glück dann auch immer durch.
Es ist in dieser Situation nicht mehr so wie früher bei der Bundeswehrmusterung. Da bin ich z.B. einfach beim Termin hingegangen und habe beim Gespräch dort angegeben, dass ich es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren kann an der Waffe zu dienen. Dann war gut - der Weg war frei für den Zivildienst. So ist das aber beim Umgang mit der ARGE nicht. Zum Glück haben die schon ihre Methoden wirklich psychische Hilfsbedürftige zu erkennen und diese von den Trittbrettfahrern und Simulanten zu trennen. Wenn Du übrigens als psychisch Hilfsbedürftig dort in der Kartei stehst, dann wird Dir auch kein Druck mehr aufgebürtet, musst Dich nicht zwangsläufig bewerben, etc. Aber wie gesagt: die Hürde ist verdammt hoch und, ich sags nochmal: zum Glück!, nur denjeniegen vorbehalten die das per psychologischen Attest nachweisen können. Übrigens: das Amt will dann trotzdem auch immer schön über die Fortschritte in der Behandlung bescheid wissen. Man wird i.d.R. dann trotzdem alle 3-4 Monate eingeladen.
Warum schreibe ich mir hier so nen Wolf? Um Euch klar zu machen: als gesunder Mensch, bist Du verpflichtet jede zumutbare Drecksarbeit anzunehmen und nach besten Wissen und Gewissen nachzugehen. Nicht nur die Call-Center geben an, wenn man eine Kündigung provoziert! Übrigens: auch die Masche mit den gelben Scheinen von Doc Holiday funktioniert lange nicht mehr so. Wenn Du wegen Krankheit gekündigt wirst, will die ARGE dann auch ersteinmal wissen das da wirklich eine ernstzunehmende Krankheit hintersteckt und nicht nur „Schwindel & Übelkeit“.