Ich habe übrigeens gar nicht an Trolle gedacht. Ich denke schon, daß die entsprechenden leute es ernst meinen, wenigstens dies.
Ich mache mal zwei Beispiele.
- Nehmen wir etwa die Diskussion um die Frau von und zu Guttenberg, RTLII und die Pädophile. Nun kann man die Meinung haben: Alle, die sich von Kindern angezohgen fühlen sind Schweine und gehören an den Pranger.
Abgesehen von allem anderen ist dasThema ist aber komplexer, als es vielleicht auf den ersten Blick scheint:
Die meisten Pädophilen werden NICHT zu Tätern. Die meisten Kinderschänder sind NICHT pädophil, sondern Ersatztäter. Von den Männern, die bei RTLII zu sehen waren, waren die meisten vermutlich NICHT pädophil. Und die öffentliche Anprangerung von potentiellen Tätern scheint gerade NICHT im Sinne des Opferschutzes zu sein, weshalb übrigens gerade die Opferschutzorganisationen mehrheitlich Kritik üben…
Man lese sich etwa diese Interviews durch:
http://www.morgenpost.de/printarchiv/be … ilbar.html
http://www.berlinonline.de/berliner-zei … index.html
Innerhalb einiger Minuten ist es also möglich, wenigstens ein elementares Grundwissen über das Thema zu erwerben oder wenigstens zu merken, daß das Thema nicht so einfach ist, wie Frau von und zu Guttenberg, BILD, RTLII und andere Organe der organisierten Volksverbldung uns das darstellen wollen.
Natürlich kann man auch die Informationnen in diesen Interviews wieder hinterfragen, aber sie bilden wenigstens eine Grundlage und schaffen ein Problembewußtsein.
Nehemen wir nun an, man weist auf so etwas in einer Diskussion hin und belegt es auch, und nun ignorieren viele das einfach und argumentieren auf eine Art und Wese weiter, die durch Unwissenheit und wenig Nachdenken geprägt ist. So etwas zerstört eine sachdienliche Debatte.
Sicherlich kann man dennoch beispeielsweise die Aktionen von RTLII und co. gutheißen, darum geht es mir gar nicht; aber man sollte sich wenigstens der Schwierigkeit des Themas bewußt sein und mögliche Kritikpunkte kennen, anstatt einfach nur auf Grundlage von Unwisssenheit zu sprechen.
- Oder nehmen wir den Islam. Diese Religion ist sehr komplex und vielschichtig. Viele denken, daß der traditionalle Islam derjenige ist, der besonders radikal ist und sich beispielsweise in Saudi-Arabien finden läßt. Das ist aber völlig falsch.
In Saudi-Arabien herrscht eine recht junge sektiererische Strömung, die vom traditionellen Islam abgelehnt wird. Diese relativ neue Bewegenung der “Wahabiten” ist derart radikal, daß die saudischen Herrscher früher anderen Moslems, beispielsweise den Pilgern aus Ägypten, den Zugang zu Mekka und Al-Medina verweigerten, weil sie sie als “Ungläubige” ansahen. Aus diesem Grund wurden sie vom Osmanischen Reich bekämpft, konnten sich aber wieder durchsetzen und prägen bis heute Saudi-Arabien. Die Saudis unterstützen durch ihre finanziellen Mitteln dieses radikale Gedankengut in der ganzen Welt, beispielsweise durch Förderung von Büchern. Peter Scholl-Latour hatte gestern sogar gemeint, daß die afghanischen Mudschaheddin erst deutlich weniger radikal waren und durch die Saudis “vergiftet” wurden.
Man sehe zu diesen radikalen Wahabiten hier nach; wer an einer Diskussion zum Islam teilnehmen will,kann davon wirklich nur profitieren:
http://de.wikipedia.org/wiki/Wahhabiten
Wenn man solche Dinge nicht weiß, kann man sicher dennoch über den Islam diskutieren. Wenn man aber von all diesen Hintergründen überhaupt keinerlei Ahnung hat und auch sonst nichts über das Thema weiß, und dennoch den ganzen Islam auf wenig qualifizierte Weise pauschl verdammt, dann ist das nicht sonderlich berauschend.
Wenn die entsprechenden Personen dann trotz aller Informationen immer bei denselben vorurteilsgeladenen Aussagen bleiben, Moslems pauschal in eine Ecke mit Nazis stellen, überhaupt nicht auf sachliche Argumente eingehen, kritische Rückfragen nicht beantworten und alle, die etwas differenzierter urteilen als sie selbst, auch noch pauschal angreifen und als Linksextremisten denunzieren, dann macht es irgendwann keinen Spaß mehr - und keinen Sinn.
Was soll eine Islam-Diskussion mut Menschen, die wirklich nichts von dem Thema wissen, UND nichts wissen wollen und ihre Vorurteile allein von einigen Hetz-Seiten haben?
Wenn dann auch noch das Argumentationsniveau extrem niedrig ist (“Es gibt Probleme mit manchen Einwanderern aus dem arabischen Kulturraum, also ist der ganze Islam Sch…”), dann reicht es irgendwann.
Eine Diskussion besteht nicht darin, mit Unwissenheit, Vorurteilen, Haß und Schmähungen auf der Basis von Pseudoargumenten und logischen Kurzschlüssen um sich zu schleißen!
Es geht mir ganz sicher nicht um intellektuelle Höhenflüge, die ein jeder erbringen müßte, auch nicht darum, daß man immer ganz ruhig bleibt, sondern um etwas guten Willen: Sich einfach mal ein bißchen informieren, bevor man äußerst weitreichende und radikale Behauptungen afstellt, oder wenigstens auch mal Informationen zur Kenntnis nehmen, wenn diese offferiert werden, und so argumentieren, daß dem kritischen Leser nicht bei jedem Satz sämtliche Haare zu Berge stehen müssen.
Vielleicht ist mein Anliegen etwas falsch rübergekommen, aber ich hoffe, es nun klargestellt zu haben. Ich ztiere KingMö, dem ich mich anschließen möchte:
Okay, man kann natürlich auch ohne Tiefen-Studium des jeweiligen Themas seine Meinung sagen und vertreten (!) aber es ist ein schmaler Grat zwischen “Meinung vertreten” und borniertem Phrasengedresche.