Es fällt immer wieder auf, und nicht nur mir, daß das Diskussionsniveau gerade bei “politischen” Themen nicht das beste ist. Oder deutlicher ausgedrückt: Es ist teilweise erschrecknd niedrig.
Sachlichkeit, elementares Grundwissen über die diskutierten Gegenstände und die Fähigkeit zu diskursivem oder auch nur formal-logisch korrektem Denken, scheinen manchmal fast gänzlich zu fehlen.
Vor einiger Zeit hatte jemand sachliche inhaltliche Kritik an einigen Zuständen geäußert. Unter anderem kamen Kommentare wie “Heul hier nicht rum!” oder “Such Dir ein anderes Forum!”. Die Verfasser solcher Bemerkungenscheinen nicht einmal zu realisieren, daß und warum solche Antworten völlig unsachlich sind.
Gerade in “politischen” Diskussionen fällt immer wieder unangenehm auf, daß einige sehr weitreichende, sehr extreme und auch problematische Ansichten über bestimmte Themen vertreten, von denen sie praktisch keinerlei Wissen haben. Das tut einer Diskussion nicht gut. Es gibt eben sehrwohl Unterschiede zwischen einer qualifizierten und einer unqualifizierten Meinung.
Es gibt nun Leute, die ganz offensichtlich nicht den leisesten Schimmer über eine Sache haben, aber eine Meinung dazu, und die auch noch stolz darauf sind, daß sie diese keineswegs ändern werden, auch nicht durch Wissen oder Argumente.
Dies ist Dogmatismus in Reinkultur.
Sehr problematisch ist auch das fehlende Nivau der Argumentation bei einem Teil der Leute. Es gibt welche, die sich offenbar nicht einmal darüber im Klaren sind, was sie selbst meinen. Sie werfen verschiedene Thesen durcheinander, ohne überhaupt zu merken, daß es verschiedene Thesen sind; das merkt man beispielsweise daran, daß sie Argumente bringen, die überhaupt nicht für ihre eigentliche formulierte Meinung sprechen, sondern für eine deutlich verschiedene Hypothese. Die fehlende Bereitschaft zu differenziertem Denken ist manchmal eklatant und für eine rationale Diskussion extrem abträglich.
Ein weiteres Problem bestehtgrundlegender Natur: Manche Leute wissen nicht, was ein korrektes Arguent ist und was nicht. Es treten immer wieder Schlußweisen auf, die eine klare Verletzung der Gesetze der Logik darstellen.
Beispielsweise wird aus einer reinen Korrelation mit Bestimmtheit eine Ursächlichkeit schlußgefolgert. “In Südafrika wird viel Gold gefördert, in Südafrika gibt es viel AIDS, also verursacht Gold AIDS.”
Das klingt lächerlich und ist es auch; aber genau so argumentieren einige in manchen Fällen, in denen die Absurdität der Schlußfolgerung (Konklusion)zwar nicht ganz so offensichtlich ist, der Schluß logisch gesehen aber genau so falsch. Wenn man sachlich auf so etwas aufmerksam macht, muß man noch damit rechnen, daß sich die Betroffenen über den Hinweis lustig machen.
Es gibt Fälle, in denen Teilnehmer einer Diskussion offenbar noch nicht einmal einen einigermaßen vernünftigen induktiven Schluß zustandebekommen.
Wenn jemand z.B. dafür argumentieren möchte, daß blonde Haare zu Kriminalität führen, dann müßte er die Verbrechensrate bei Blonden und Nicht-Blonden feststellen und zeigen, daß sie bei den Blonden höher ist; er müßte zudem eine andere plausiblere Erlärung ausschließen.
Wenn man stattdessen nun aber ein Beispiel nach dem nächsten aufzählt, bei dem jemand mit blonden Haaren eine Straftat begangen hat, dann ist das natürlich überhaupt kein Argument. Ich habe das Beispiel geändert, aber genau dasselbe in Grün findet sich tatsächlich in manchen Diskussionen.
Mein Unmut über solche und andere elementare Fehler des korrekten Argumentierens und logischen Schließens hat nichts mit fehlender Toleranz für andere Meinungen zu tun, sondern liegt darin begründet, daß hier die Grundvoraussetzungen einer rationalen Diksussion nicht mehr gegeben sind.
Als ich vor einiger Zeit jemanden darauf aufmerksam gemacht habe, daß seine Argumentation bereits aus Gründen der formalen Logik falsch ist, hat er es nicht geglaubt, obwohl es eigentlich recht offensichtlich war; und als ich es ihm freundliicherweise dann detaillierter begründet habe, hat er es nicht verstanden. Angenommen hat er eh nichts und wurde noch frech, so daß sein Beitrag gelöscht wurde.
Ein weiteres Kernproblem, das enorm auf das Niveau von Diskussionen drückt, sind unhaltbare Unterstellungen. Da wird etwas in einen Beitrag reininterpretiert, was dort nirgends steht, weder explizit noch implizit, was nicht aus dem Beitrag folgt und nicht durch ihn nahegelegt wird.
Vertritt man beispielsweise eine Position, die eher “links” oder “rechts” ist, aber weit davon entfernt, links- oder rechtsextrem zu sein, dann bekommt man unterst, daß alles, was nicht linksextrem sein, einem sicherlich zu rechts, bzw. zu links sei. Wenn man dann auch noch eine halbwegs liberale Haltung in einer Sache einnimmt, wird man von manchen ständig als “Gutmensch” tituliert und somit indirekt als naiv abgewertet.
In einer Diskussion sollte man voraraussetzen können, daß jeder, der bestimmte Meinungen abgibt, wenigstens ein Grundwissen zur Sache beseitzt, besonders dann, wenn die Meinung sehr radikal und problematisch ist. Und man muß auch vorraussetzen dürfen, daß ein Mindestmaß an Logik und Rationalität zu finden sind.
Zudem sollte ein gewisses inhaltliches Grundniveau herrschen, eine gewisse Bereitschaft zum analytischen Denken und zur Differenzierung, wo erforderlich.
Ansonsten haben wir keine vernünftigen Diskussionen, sondern eine Aneinanderreihung von unqualifizierten und unklaren Standpunkten, die auf Unwissenheit und Unlogik beruhen.
Nun wird man mir vielleicht vorwerfen, daß ich andere Meinungen nicht respektieren würde. Das habe ich hier nirgendwo gesagt, und es folgt auch mitnichten aus meiner Kritik. Aber da einem von manchen Leuten gerne etwas unterstellt wird ohne daß irgendein Beleg geboten würde, nehme ich vorsorglich kurz dazu Stellung. Nein, es geht mir nict darum, ob jemand meine oder eine andere Meinung aht, sondern um ein Mindestniveau in der Diskussion.
Meine Bitte wäre einfach an einige, erst einmal nachzudenken und dann zu schreiben. Leitfragen dabei könnten sein:
- Hat der andere das wirklich so gesagt oder zumindest suggeriert, wie ich es ihm unterstelle?
- Was ist eigentlich genau meine Meinung, und was nicht?
- Ist das wirklich ein überzeugendes Argument? Würde es mich selbst überzeugen, wenn ich umgekehrter Ansicht wäre?
- Gibt es alternative Erklärungen zu der meinen, und wenn ja, wie plausibel sind sie?
- Gibt es Ggeenbeispiele?
- Sprechen bestimmte Fakten wirklich für meine These? Ist meine Interprtation der Tatsachen die vernünftigste, oder lassen sich auch andere, vielleicht bessere Interpretationen finden?
- Hinsichtlich provokativer Äußerungen: Wenn der andere sich sachlich äußert, ist meine Antwort dann wirklich an der Sache orientiert oder geht sie völlig an dieser vorbei?
Zugleich wäre es nett, wenn man sich einfach wenigstens oberflächlich über ein vielschichtiges und komplexes Thema informieren könnte, bevor man irgendeine festgefahrene Meinung dazu annimmt.
Wenn dies nicht geschieht besteht die große Gefahr, daß reflektierte Diskussionen kaum noch zustandekommen.