Diskussion über den Blog-Artikel: Die Zuschauer-Falle
Stellen Sie sich mal vor, RTL würde irgendwann in der Zukunft noch einmal die DSDS-Finalshow wiederholen und die Zuschauer erneut dazu aufrufen, sich per Telefonabstimmung zwischen Menowin und Mehrzad zu entscheiden. Jeder mündige Zuschauer würde vermutlich zu Recht sagen: Wozu 50 Cent für einen Anruf ausgeben, wenn die Show gar nicht live ist? Genauso hat es aber am Freitag SAT.1 mit der Unterhaltungsshow “Die Comedy-Falle” gemacht.
In der Show traten fünf Prominente auf (Dieter Hallervorden, Jeanette Biedermann, Janine Kunze, “Zack” und Uri Geller), die verkleidet mit versteckter Kamera andere Leute hereinlegten. Dies taten sie allerdings schon im Jahr 2008 - SAT.1 tischte uns ganz dreist das Jahresfinale von damals als neue Show auf. Einen Hinweis darauf gab es an keiner Stelle, außer dass am Ende der Show ganz klein das Copyright mit 2008 versehen wurde:
Verwerflich ist nun folgendes: Die Zuschauer wurden aufgerufen, per Telefon-Voting darüber zu entscheiden, wer den besten Streich abgeliefert hat - und dies, obwohl die Show gut eineinhalb Jahre alt ist.
Die Entscheidung am Ende der Show wurde dann auch prompt bearbeitet: Die Grafik mit den Prozentbalken und der Spannungsaufbau wurden komplett herausgeschnitten, stattdessen arbeitete man an zwei Stellen mit Zeitlupe, um wohl Ton und Bild einigermaßen miteinander in Einklang zu bringen. Das (neue?) Ergebnis der Abstimmung wurde dem Zuschauer als Bauchbinde eingeblendet. Moderator Kai Pflaume verkündete nach einem hörbaren akustischen Schnitt dann, dass Jeanette Biedermann Gewinnerin ist. Und auch ein Gewinner des Telefon-Votings wurde verkündet - allerdings ebenfalls nur per Bauchbinde, denn dies konnte ja Pflaume schlechterdings selbst mitteilen:
Um eines klarzustellen: SAT.1 hat sicherlich ein neues Gewinnspiel veranstaltet und unter allen Anrufern wurde erneut ein Auto verlost. Aber Grundlage dieses Telefon-Votings war ja die Entscheidung, welcher Prominente den besten Film gemacht hat. SAT.1 ruft während der zweieinhalbstündigen Show immer wieder zur Abstimmung auf und heizt damit die Zuschauer an zum Telefon zu greifen. Den Menschen wird vorgegaukelt, sie könnten mit ihrem Anruf live Einfluss nehmen darauf, wer gewinnt - und das konnten sie nicht. Interessant ist vor allem eine Frage: Was hätte SAT.1 eigentlich gemacht, wenn die Zuschauer einen anderen Prominenten als Jeanette Biedermann zum Sieger gekürt hätten? Dies musste der Sender ja von vornherein ausschließen, im Zweifelsfall hätte er das Voting-Ergebnis konsequenterweise fälschen müssen - eine riesige Farce, für die zahlreiche arglose Zuschauer je 50 Cent hingeblättert haben.
Ergänzung, Montag um 11:45 Uhr - SAT.1 hat jetzt reagiert und stellt den Sachverhalt so dar: “Es stimmt, dass es sich am Freitagabend ein Best of aus mehreren Folgen der “Comedyfalle” gehandelt hat. Mit dem Zuschauervoting hatte es aber seine Richtigkeit, denn in diesen Fällen zeichnen wir alle möglichen Enden (in diesem Fall Gewinner) im Vorfeld auf und schneiden dann live in der Sendeplanung den vom Zuschauer gewünschten bzw. gevoteten Gewinner in die laufende Sendung. Diese “Technik” ist nicht unüblich und wird bei “Best of”-Folgen des öfteren angewendet.” - Auch wenn dies so stimmen sollte, wäre das immer noch eine Irreführung des Zuschauers, denn ihm wird ein Live-Event-Charakter vorgegaukelt, der nicht da ist.