Die Kriegerin, oder: Von Glatzen und Demokratie (ZDF, 01.08.)

„Grundsympathische“ Protagonisten; Svenja (15) und Marisa (20)

Die eine möchte um jeden Preis in die Szene hinein, die andere bezahlt ihren Ausstieg mit dem Leben.

Marisa, Freundin von Oberglatze Sandro, ist niemand, mit dem man gerne mal ein Bierchen trinken geht, schon gar nicht, wenn die eigene Familie, oder man selbst, eventuell aus dem Ausland nach Deutschland gekommen ist. Durch ihren Großvater, der für die junge Marisa oft die einzige Bezugsperson war, wenn ihre Eltern nicht zuhause waren, ist sie in die recht(sradikal)e Szene gerutscht und scheint (noch zu Beginn des Films) auch relativ gefestigt in ihren Ansichten. Doch das ändert sich, als sie einem jungen afghanischen Flüchtling namens Rasul begegnet. Durch einen Unfall, den sie provoziert hatte, wird Rasuls Bruder nach Pakistan abgeschoben und Rasul droht die Unterbringung in einem Kinder- und Jugendwohnheim. Doch der Junge, der schon durch so viele Länder „reisen“ „durfte“ (Afghanistan -> Iran -> Griechenland -> Frankreich -> Deutschland u.a.) hat andere Pläne. In seinem Besitz befindet sich eine Postkarte, die ihm zeigt, dass einige seiner Verwandten es bis nach Schweden geschafft haben und dort nun auf den Rest der Familie warteten. Marisa stellt im Laufe des Films viele ihrer bisherigen Ansichten in Frage und wird somit eine ungewöhnliche Verbündete für Rasul. Ob den Beiden die Flucht gelingt, das sage ich nicht. :wink:

Svenja auf der anderen Seite, das Mädchen aus gutbürgerlichem Haus, gerät durch falsche Freunde und dem Druck, den ihr „Vater“ auf sie ausübt, immer tiefer in die rechte Szene hinein. Letztendlich erkennt auch sie, dass dieser Weg der falsche ist, doch dafür muss ein hoher Preis bezahlt werden.

Ich habe mir den Film gerade auf dem ZDF angeguckt, nachdem die WAZ einigermaßen begeistert davon schrieb und als Fazit bleibt zu sagen; Jain.

Positiv: Mir haben die Protagonistinnen gefallen. Es mag daran liegen, dass sie die Hauptfiguren in dem Film waren, aber anders als die „Herren der Schöpfung“ wurden diese Figuren mit authentischen Lebensläufen gefüllt. Der verzweifelte Abrutsch, der mutige Ausstieg, die junge Mutter, die ihren Sohn ans Jugendamt verloren hat.

Negativ: Die männlichen Charaktere, definitiv. Tiefer in die Klischeekiste konnte man hier offenbar nicht greifen. Allesamt mit auffälligen Nazi-Symbolen tättowiert und mit Glatze am Start. Der einzige, der hier etwas aus dem Rahmen fiel, war der Typ, mir fällt der Name gerade nicht ein ^^, der Svenja überhaupt erst an die rechte Szene herangeführt hat. Ironischerweise war er es, der sich von dieser abwandte und daraufhin für sie uninteressant wurde. Hier wird leider das Bild suggeriert, dass Neonazis noch immer an ihrem Äußeren erkennbar und eine abgeschottete Truppe für sich wären. Wie die jüngsten „Entdeckungen“ aber zeigen, ist genau das eben nicht der Fall. Den typischen Neonazi gibt es nicht, aber das Klischeebild verkauft sich halt besser.

Handlungsort ist (mal wieder) der Osten Deutschlands. Hab mal ein bisschen „recherchiert“ und die Autokennzeichen BTF und ABI dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld, im Osten Sachsen-Anhalts, zuordnen können. Was auffällig ist, ist dass man dort offenbar noch mit einem ganz offensichtlichen Neonazi-Wagen durch die Straßen cruisen und jeden dumm anpöbeln kann, ohne dafür Konsequenzen fürchten zu müssen. Ich gehe jetzt einfach mal nicht davon aus, dass in diesen Regionen die Neonazis regelmäßig durch die Cities cruisen und Leute anpöbeln, aber dieses Bild ist schnell im Kopf der Menschen.

Bleibt also festzuhalten, dass etwas weniger Klischees dem Film durchaus gut getan hätten, was aber nichts daran ändert, dass David Wnendts (Der heißt wirklich so, ich hab erst gedacht, die bei der Zeitung hätten sich verschrieben ^^) Film durchaus gelungen die Geschichten der beiden jungen Frauen erzählt und dabei eine interessante Sicht in die Lebensweise von Frauen in der rechtsradikalen Szene gibt. Sicherlich dazu beigetragen hat auch Alina Levshin, die mir als Schauspielerin sehr gut gefällt.

Wer sich ein eigenes Bild vom Film machen möchte, kann ihn hier finden. Im Rahmen des „kleinen Fernsehspiels“.

Ich habe den Film auch gesehen und war leider nicht so begeistert wie Deutschland Feuilletonschreiber. Letztlich latscht die Inszenierung auch nur die sorgsam ausgetretenen Pfade der übliche Fernsehkost entlang, Klischees inklusive.

Am „schlimmsten“ fand ich das Klischee, daß alle „Jugendlichen“ nur bei der Nazi-Gruppe dabei waren, um irgendwo dazuzugehören, kein einziger hatte wirklich eine Art ideologische Überzeugung. So nach dem Motto „Ich hasse Ausländer, weil… und wünsche mir einen starken Führer, weil… Wo kann ich mitmachen, wer hat dieselben Ziele?“ Aber nix da. Das hätten genausogut Kommunisten, Islamisten, eine sonstwie religiöse Sekte oder Nudisten sein können. Egal.
Auch diese „Svenja“ übernahm die üblichen Parolen nur, um sich der Gruppe anzuschließen, nicht weil sie davon überzeugt war.

Und genausoschnell legt „Marisa“ diese Nicht-Überzeugungen wieder ab. Nächstes Klischee: „Wenn man erstmal einen Ausländer als Mensch kennenlernt, dann haßt man keine mehr“. Sie muß nur ein-, zweimal dem armen Pakistani tief in die Augen schauen, schon löst sich ihr Nazibraut-Sein in Nichts auf. So einfach geht das, liebe Sozialarbeiter.

Mir ist schon klar, daß bei TV-Filmen in 90 Minuten alle Probleme gelöst sein müssen, aber das ging mir echt zu weit!

Mich hätte auch mal die strafrechtliche Folge einer offen sichtbaren SS- oder Hakenkreuztätowierung interessiert. Wenn man keine NS-Symbole offen zeigen darf – dann müßte man doch solche Typen permanent einsperren, oder?? :stuck_out_tongue:

Übrigens: Alina Levshin hat wirklich gut gespielt.

Ich dachte nur so: „Hilfe, über meinen Fernseher laufen Klischees.“

So ein vorsehbarer, klischeehafter Rotz zu Thematik ist mir seit Oi!Warning nicht mehr vorgekommen.

Zumindest wurden die Art „Nazis“ gezeigt, vor denen ich keine Angst habe- weil es sie schlichtweg nicht gibt.

Mich hätte auch mal die strafrechtliche Folge einer offen sichtbaren SS- oder Hakenkreuztätowierung interessiert. Wenn man keine NS-Symbole offen zeigen darf – dann müßte man doch solche Typen permanent einsperren, oder??

In Gotha läuft so ein Honk rum, der musste mit gerichtlichem Beschluss h div. Bilder überstechen lassen, hat jetzt aber Runen für sich entdeckt und lebt seine politische Einstellung jetzt weiter sichtbar aus.

. Was auffällig ist, ist dass man dort offenbar noch mit einem ganz offensichtlichen Neonazi-Wagen durch die Straßen cruisen und jeden dumm anpöbeln kann, ohne dafür Konsequenzen fürchten zu müssen. Ich gehe jetzt einfach mal nicht davon aus, dass in diesen Regionen die Neonazis regelmäßig durch die Cities cruisen und Leute anpöbeln, aber dieses Bild ist schnell im Kopf der Menschen.

In BTF weiß ich nicht- bei uns aber schon.
Erkennt man an den „Todesstrafe für Kinderschänder“ Heckaufklebern. Wobei ich hier noch niemanden so überspitzt habe pöbeln sehen wie im Film , also S.H. oder so kam nie, wohl aber „Zecke“, „Jude“ oder so.

Doch, solche Klischees wie im Film gibt es! Kommt mal nach Chemnitz, wenn der CFC hier spielt. Da ist immer Polizeigroßaufgebot, weil genau solche Glatzen unterwegs sind und es gibt hier quasi bei jedem Spieltag Schlägereien!

[QUOTE=Caeshijque;315821]
Negativ: Die männlichen Charaktere, definitiv. Tiefer in die Klischeekiste konnte man hier offenbar nicht greifen. Allesamt mit auffälligen Nazi-Symbolen tättowiert und mit Glatze am Start.[/quote]
Naja, es gibt sie tatsächlich noch, die Naziskins der alten Schule. Dieser Typus Nazi ist nunmal ein wandelndes Klischee, Filme über Naziskins können also gar nicht anders aussehen.

Interessanter wäre in der Tat einmal ein Film über die wirklich gefährlichen Faschos, die man nicht (auf den ersten Blick) erkennt oder die sich ihre eigene Gesinnung noch nicht einmal selbst eingestehen (Typus: “Ich bin aufrechter doitscher Patriot, kein Nazi”).
Naziskinfilme braucht die Welt nicht mehr imho, wenn man “Romper Stomper” und “Oi! Warning” gesehen hat, muss man sich eigentlich keinen weiteren mehr antun.