„Grundsympathische“ Protagonisten; Svenja (15) und Marisa (20)
Die eine möchte um jeden Preis in die Szene hinein, die andere bezahlt ihren Ausstieg mit dem Leben.
Marisa, Freundin von Oberglatze Sandro, ist niemand, mit dem man gerne mal ein Bierchen trinken geht, schon gar nicht, wenn die eigene Familie, oder man selbst, eventuell aus dem Ausland nach Deutschland gekommen ist. Durch ihren Großvater, der für die junge Marisa oft die einzige Bezugsperson war, wenn ihre Eltern nicht zuhause waren, ist sie in die recht(sradikal)e Szene gerutscht und scheint (noch zu Beginn des Films) auch relativ gefestigt in ihren Ansichten. Doch das ändert sich, als sie einem jungen afghanischen Flüchtling namens Rasul begegnet. Durch einen Unfall, den sie provoziert hatte, wird Rasuls Bruder nach Pakistan abgeschoben und Rasul droht die Unterbringung in einem Kinder- und Jugendwohnheim. Doch der Junge, der schon durch so viele Länder „reisen“ „durfte“ (Afghanistan -> Iran -> Griechenland -> Frankreich -> Deutschland u.a.) hat andere Pläne. In seinem Besitz befindet sich eine Postkarte, die ihm zeigt, dass einige seiner Verwandten es bis nach Schweden geschafft haben und dort nun auf den Rest der Familie warteten. Marisa stellt im Laufe des Films viele ihrer bisherigen Ansichten in Frage und wird somit eine ungewöhnliche Verbündete für Rasul. Ob den Beiden die Flucht gelingt, das sage ich nicht.
Svenja auf der anderen Seite, das Mädchen aus gutbürgerlichem Haus, gerät durch falsche Freunde und dem Druck, den ihr „Vater“ auf sie ausübt, immer tiefer in die rechte Szene hinein. Letztendlich erkennt auch sie, dass dieser Weg der falsche ist, doch dafür muss ein hoher Preis bezahlt werden.
Ich habe mir den Film gerade auf dem ZDF angeguckt, nachdem die WAZ einigermaßen begeistert davon schrieb und als Fazit bleibt zu sagen; Jain.
Positiv: Mir haben die Protagonistinnen gefallen. Es mag daran liegen, dass sie die Hauptfiguren in dem Film waren, aber anders als die „Herren der Schöpfung“ wurden diese Figuren mit authentischen Lebensläufen gefüllt. Der verzweifelte Abrutsch, der mutige Ausstieg, die junge Mutter, die ihren Sohn ans Jugendamt verloren hat.
Negativ: Die männlichen Charaktere, definitiv. Tiefer in die Klischeekiste konnte man hier offenbar nicht greifen. Allesamt mit auffälligen Nazi-Symbolen tättowiert und mit Glatze am Start. Der einzige, der hier etwas aus dem Rahmen fiel, war der Typ, mir fällt der Name gerade nicht ein ^^, der Svenja überhaupt erst an die rechte Szene herangeführt hat. Ironischerweise war er es, der sich von dieser abwandte und daraufhin für sie uninteressant wurde. Hier wird leider das Bild suggeriert, dass Neonazis noch immer an ihrem Äußeren erkennbar und eine abgeschottete Truppe für sich wären. Wie die jüngsten „Entdeckungen“ aber zeigen, ist genau das eben nicht der Fall. Den typischen Neonazi gibt es nicht, aber das Klischeebild verkauft sich halt besser.
Handlungsort ist (mal wieder) der Osten Deutschlands. Hab mal ein bisschen „recherchiert“ und die Autokennzeichen BTF und ABI dem Landkreis Anhalt-Bitterfeld, im Osten Sachsen-Anhalts, zuordnen können. Was auffällig ist, ist dass man dort offenbar noch mit einem ganz offensichtlichen Neonazi-Wagen durch die Straßen cruisen und jeden dumm anpöbeln kann, ohne dafür Konsequenzen fürchten zu müssen. Ich gehe jetzt einfach mal nicht davon aus, dass in diesen Regionen die Neonazis regelmäßig durch die Cities cruisen und Leute anpöbeln, aber dieses Bild ist schnell im Kopf der Menschen.
Bleibt also festzuhalten, dass etwas weniger Klischees dem Film durchaus gut getan hätten, was aber nichts daran ändert, dass David Wnendts (Der heißt wirklich so, ich hab erst gedacht, die bei der Zeitung hätten sich verschrieben ^^) Film durchaus gelungen die Geschichten der beiden jungen Frauen erzählt und dabei eine interessante Sicht in die Lebensweise von Frauen in der rechtsradikalen Szene gibt. Sicherlich dazu beigetragen hat auch Alina Levshin, die mir als Schauspielerin sehr gut gefällt.
Wer sich ein eigenes Bild vom Film machen möchte, kann ihn hier finden. Im Rahmen des „kleinen Fernsehspiels“.