Die Hartz-Maschine: Geschäfte mit der Arbeitslosigkeit

Hallo!

Heute, um 20:15 kam im 3sat eine Sendung namens „Die Hartz-Maschine: Geschäfte mit der Arbeitslosigkeit“.
Nur weil man eine Sendung über die Arbeit mit Hartz-4-Empfängern gemacht wird, muss sie nicht schlecht sein, aber ich bin da immer recht vorsichtig.

Ich habe etwa 15 Minuten vor Schluss hinein geschaltet und fand mich im Vergleich mit der Niederlande wieder: Dort wird jedem Alg-2-Empfänger nur dann Geld gezahlt, wenn er ins Fitness-Center geht, allgemein Arbeit wie ein Zivi macht - halt dort eingesetzt wird, wo man gerade Arbeiter braucht. Die bekommen dann Sozialhilfe.

Insgesamt denke ich ein super Ansatz, zumindest habe ich sowas in Deutschland bei Asylbewerbern schon erlebt. Mein Ex beispielsweise musste Müll aufsammeln, 100 Stunden im Moment, um seine 100€ jeden Monat zu bekommen.

Der Knackpunkt an der ganzen Geschichte: Es wurde sehr eindringlich darauf „aufmerksam gemacht“, dass der typische „Hartzer“ in Deutschland faul ist, nicht arbeiten möchte und dass er sich zu fein ist, beispielsweise als Putzfrau oder so zu arbeiten.
Einer der letzten Sätze der Sendung war, dass „viel Geld für Unsinn“ (sic!!!) für Programme für Arbeitslose ausgegeben werde. Im Hintergrund wurde eine kostenlose Schauspielgruppe für Arbeitlose eingeblendet (dort soll eigentlich der Ausdruck, die Sprache, die Gestik, das Einfühlungsvermögen, sowie die feste Tagesstruktur durch Erscheinen bei der Gruppe trainiert werden).

Der Höhepunkt war dann noch ein frustrierter Sozialarbeiter, der wohl irgendwie Einladungen an Arbeitslose verschickt und ihnen Jobs anbietet. Er sagte, dass nur 10% der Leute erscheinen und einige sogar sich zu fein für die Arbeit seien (hab ich ja oben schon erwähnt). Außerdem kämen die immer zu spät oder auch mal gar nicht, etc, etc, etc… Sehr frustriert, der Mann.

Ich fand zumindest den Teil, den ich gesehen habe, wirklich schrecklich. Und das auf 3sat! War übrigens eine Wiederholung, soll schonmal auf ndr gelaufen sein. Jetzt werden Alg-2-Bezieher nicht mehr nur von privaten Sendern schlecht gemacht, nein, auch schon in einem vermeintlich objektiven Beitrag…
Das macht mich sehr traurig.

Die Beschreibung der Sendung bei tvtv.de:

Die Konjunktur bringt Schwung in den Arbeitsmarkt, nur bei den Langzeitarbeitslosen tut sich nichts. Die Bundesanstalt für Arbeit räumt ein, dass über die Hälfte von ihnen „Kunden mit komplexer Profillage“ seien - nicht mehr vermittelbar. Um sie kümmern sich verstärkt Bildungsträger und machen damit Milliardengeschäfte. Es gibt Strickseminare, Theaterkurse und Telefonausbildung - ein Wirtschaftszweig, dem es umso besser geht, je mehr Menschen auf staatliche Hilfe angewiesen sind. Jeden Monat kassieren diese Bildungsträger 500 bis 800 Euro pro Teilnehmer von den Jobcentern für solche oft halbjährlichen Kurse. Manche Arbeitslose sitzen bereits zum fünften Mal im Seminar „Wie bewerbe ich mich richtig?“. Die Hartz-Maschine brummt. So werden Fernfahrer mit Geldern des Jobcenters qualifiziert, Spediteure können sich teure Ausbildungsmaßnahmen sparen, der Steuerzahler springt ein. Bundesweit holen etwa 4.500 Tafel-Fahrzeuge in Supermärkten und Geschäften welkes Gemüse und abgelaufene Lebensmittel ab - gegen Spendenquittung. Die Spender bestehen darauf, dass alles abgeholt wird, selbst schimmelige und faule Ware, denn so sparen sich die Betriebe teure Entsorgungskosten. Auch Rechtsanwälte machen Geschäfte mit Hartz IV: Selbst wenn der Hartz-Kunde seinen Prozess verliert, mit der Prozesskostenhilfe garantiert der Steuerzahler das Geschäft. Für die Immobilienbranche sind Hartz-IV-Bezieher solvente Mieter, denn das Amt zahlt prompt und pünktlich. Deutschland scheint sich einzurichten in einem System der Transferleistungen. Ganz anders sieht es im Nachbarland Holland aus. Nach radikalen Reformen hat Holland knapp vier Prozent Arbeitslosigkeit. Das Prinzip heißt: Wer nicht arbeitet, der bekommt auch kein Geld vom Amt. Wenn es nur Arbeit als Stadtparkreiniger oder Einkaufshelferin für Alte und Schwache ist - zu Hause bleiben dürfen holländische Arbeitslose nicht. Die Reportage „Die Hartz-Maschine“ zeigt, wie manche an der Arbeitslosigkeit in Deutschland viel Geld verdienen.

Link zu kompletten Sendung:
http://www.youtube.com/watch?v=R1C9nmntOmc

Was haltet ihr davon? Ich habs erst mal hier gepostet, aber eventuell ist es auch eine Sache für Kurz Kommentiert.

Liebe Grüße :wink:

PS: Ich habe den Titel der Sendung bei der Suchfunktion eingegeben und nichts gefunden. Falls es das Thema schon mal gab, entschuldigt bitte xD

Es ist doch immer wieder erstaunlich, daß Leute glauben wenn sie 15Min einer Sendung gesehen haben, sich darüber ein umfassendes Urteil bilden zu können.
Gerade dieser Bericht ist sehr aufschlussreich und stellt eben nicht den Hartz IV-Empfänger in ein blödes Licht, sondern den gesamten Apparat und sein Machenschaften.
Ich finde diesen Bericht echt sehenswert und ich habe sogar schon mal einen Berufsberater der ARGE auf diesen Bericht angesprochen.
Auf die Frage ob er ihn kennen würde, hat der sehr offene und junge ARGE-Mitarbeiter sehr schnell mit ja geantwortet und ihn als sehr interessant betitelt!
In dem Bericht kommt die Überbürokratisierung und Sinnlosigkeit der “Maßnahmen” sehr gut zur Geltung.
Die Themen werden sehr kritisch behandelt und bei mir gab es sogar noch einige “Aha-Effekte”!
Also ich kann den Bericht “Die HARTZ-Maschine” nur empfehlen. :smt023

Die Erkenntnisse, dass die Berufseingliederung kaum gelingt und die Bürokratie zum Moloch geworden ist, sind schon ungefähr so alt wie die Reform selbst.

Es ist doch immer wieder erstaunlich, daß Leute glauben wenn sie 15Min einer Sendung gesehen haben, sich darüber ein umfassendes Urteil bilden zu können.

Immerhin ein wesentlicher Fortschritt zu denen, die seit Jahren kein Fernsehen gucken, aber ganz genau bescheid wissen.

@Greggy: Da habe ich auch schon das ein oder andere Mal schmunzeln müssen! Wie die das wohl machen? :mrgreen:

Es ist doch immer wieder erstaunlich, daß Leute glauben wenn sie 15Min einer Sendung gesehen haben, sich darüber ein umfassendes Urteil bilden zu können.

Ich denke Reahnnaya hat deutlich gemacht, dass es sich bei der Kritik, um die letzten 15 Minuten handelt.
Ganz am Anfang:

Ich habe etwa 15 Minuten vor Schluss hinein geschaltet […]
und zum Schlussfazit:
Ich fand zumindest den Teil, den ich gesehen habe, wirklich schrecklich.
.

So gesehen ist es für mich persönlich eher eine Art „Tipp“. Wer sich ein korrektes Bild machen möchte, sollte sich aber trotzdem die gesamte Sendung ansehen.

Gruss
cakasim

Hey

Ich merke, dass es ein Fehler war, diesen Beitrag zu schreiben und das aus folgendem Grund:
Ich fühle mich im Moment nach Ansehen der Sendung so elend, dass ich (momentan noch) nicht in der Lage bin, darüber zu diskutieren.

Ich warte dann mal darauf, dass das Sozialsystem abgeschafft wird oder ich als Alg-2-Empfänger ins Zuchthaus komme oder gleich vergast werde. Dann stört mich auch nichts mehr.

Bis dann mal in anderen Threads, ich ziehe mich wieder zurück.
Thread kann gern geclosed werden, wenn andere keinen Diskussionsbedarf sehen.

LG

PS: Danke cakasim für die Unterstützung

Mach dir mal nicht in die Hose und schau dir doch den ganzen Beitrag an.

Naja die ARGE hier steckt ITler in Computerkurse, oder Designer in Kurse wo gelehrt wird wie eine Bewerbung auszusehen hätte (wo jedem Designer sich die Fußnägel Hochrollen…)

Und die Firmen die diese “Kurse” anbieten verdienen sich dumm und dämlich. SOS Kinderdorf ist auch an Vorderster Front dabei…

Dort wird jedem Alg-2-Empfänger nur dann Geld gezahlt, wenn er ins Fitness-Center geht, allgemein Arbeit wie ein Zivi macht - halt dort eingesetzt wird, wo man gerade Arbeiter braucht. Die bekommen dann Sozialhilfe.

Insgesamt denke ich ein super Ansatz, zumindest habe ich sowas in Deutschland bei Asylbewerbern schon erlebt. Mein Ex beispielsweise musste Müll aufsammeln, 100 Stunden im Moment, um seine 100€ jeden Monat zu bekommen.

Ist doch Quatsch, aber schöne Propaganda.
Erwerbsarbeit ist sowas von Sinnstiftend und der einzige Weg, einen Lebensberechtigungsschein zu erhalten und seine „Schulden an die Gesellschaft“ zurückzuzahlen. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. :roll:

Vollbeschäftigung ist weder möglich noch notwendig. Diese einfache Erkenntnis sollte Basis eines an die Realität angepassten Sozialsystems sein.
Not gonna happen.

Je häufiger ich solchen weltfremden und die Realität verachtenden Unsinn wie den über mir lese, desto motivierter bin ich besonders diejenigen Parteien zu unterstützen, die sich am entschiedensten dagegen aussprechen.

Ausgerechnet das BGE als „an die Realität angepassten Sozialsystem“ zu bezeichnet

Ist doch Quatsch, aber schöne Propaganda.

So muss es richtig heißen!

Ohne Argumente deinerseits kann ich nicht gegenargumentieren, sorry.

Der Höhepunkt war dann noch ein frustrierter Sozialarbeiter, der wohl irgendwie Einladungen an Arbeitslose verschickt und ihnen Jobs anbietet. Er sagte, dass nur 10% der Leute erscheinen und einige sogar sich zu fein für die Arbeit seien (hab ich ja oben schon erwähnt). Außerdem kämen die immer zu spät oder auch mal gar nicht, etc, etc, etc… Sehr frustriert, der Mann.
Implizierend, dass es nicht so wäre?