Interessant an der Beschwerde über „zuviel PC“ ist ja im Prinzip das sie vollkommen am Ziel vorbei schießt und sich gegen Dinge richtet die mit „political correctness“ nichts zu tun haben.
Political Correctness sucht einen Weg durch den man am in der Lage ist mit allen Gruppen die es in einer Gesellschaft gibt friedlich zusammen zu leben. Und zwar tatsächlich restlos mit jeder.
Dabei disqualifizieren sich natürlich einige Gruppen selbst. Um es ganz klar zu sagen: Toleranz gegenüber Intoleranz ist der größte Fehler den man begehen kann.
Deshalb gibt es auch ein entschiedenes Vorgehen gegen etwaige rassistische Tendenzen.
Aber bis hierhin ist es ja selbstverständlich und sogar Scheol und ExtraKlaus bestätigen das „echter Rassismus“ nicht hingenommen werden darf.
Also sind wir uns bis zu diesem Punkt wohl einig, hoffe ich.
Das wird natürlich noch erweitert gegen Intoleranz gegenüber jedweger anderer Gruppe. Ob ich nun sage: „Ausländer sind alles Verbrecher.“ oder „Schwule sind alle promisk.“ Ist egal, es gibt keinen qualitativen Unterschied in diesen beiden Aussagen. Es sind beides unzuzlässige und vor allem disskusionsschädigende Argumente.
Das nur als Vorbemerkung dazu was „political correctness“ überhaupt will.
Nun zu den Zensurvorwürfen:
An welcher Stelle wird den irgendetwas zensiert? Zensur findet nicht statt und auch um „Mein Kampf“ gibt es in dem Sinne keine „Diskussion“, das bayrische Finanzministerium hat die Rechte an dem Buch inne und hat sich bisher gegen eine Veröffentlichung entschieden, deshalb kann es in diesem Land nicht verkauft werden, weil es gegen die Rechte des bayrischen Finanzministeriums verstößt.
In ein oder zwei Jahren wird das Werk gemeinfrei und dann kann jeder der will das auch veröffentlichen. Kommentiert, unkommentiert, vollkommen egal. Wenn ihr dann wollt könnt ihr vor euer Haus eine elektronische Werbetafel aufstellen auf der dann „Mein Kampf“ in Dauerschleife zu sehen ist. (Keine Ahnung ob das wirklich geht… oder ob da baurechtliche Probleme auftauchen können… vll wegen Ablenkung und Verkehrsgefährdung und so… ist ja egal)
Aber es geht ja nicht um staatliche Zensur sondern um eine „Gesinnungszensur“.
Dazu ist zu sagen: Diejenigen die gegen die Mehrheitsmeinung stehen haben es immer etwas schwerer. Wenn die Mehrheitsmeinung ist, dass es egal ist ob ein Mensch aus Deutschland oder der Türkei kommt, man selber aber davon überzeugt ist, dass Türken irgnedwo doch nicht so toll sind, dann muss man halt damit umgehen können, dass man den entsprechenden Gegenwind bekommt.
Oder kurz gesagt: Wer Schwachsinn sagen will, dem muss auch klar sein das Leute sagen: „Das ist aber Schwachsinn.“
Bis hierhin haben wir es also nur mit dem ganz normalem gesellschaftlichen Diskurs zu tun.
Ich sage und betone zum Beispiel an verschiedenen Stellen in diesem Forum, dass ich „Nationen“ und ähnliches für anachronistische Konstrukte halte die in der heutige Gesellschaft eigentlich schon lange überwunden sein sollten.
Dafür erhalte ich dann eine entsprechende Gegenantwort in der behauptet wird, dass es „Nationen“ eben doch gäbe und das sie irgendwie „naturgegeben“ oder zumindest „gesellschaftlich zwigend existent wären“ oder sonstwas.
Diesen normalen gesellschaftlichen Diskurs wird wohl auch niemand meinen wenn er von Zensur redet. Schließlich wird dabei ja auch nicht zensiert sondern nur diskutiert.
Wenn man nun seine eigene Meinung nicht äußert, weil man weiß das sie gegen eine Mehrheit geht, dann kann man das auch nicht „Gesinnungszensur“ sondern höchstens „Selbstzensur“ nennen oder, um bei dem offiziellen Ausdruck zu bleiben, „Feigheit“.
Bliebe also diese Art der Selbstzensur wenn es um Medien o.ä. geht.
Die „Tatsache“ das bestimmte Themen nicht diskutiert werden würden, weil alle Angst vor einem Shitstorm hätten.
Rassismus: Eigentlich wird jeder der rassitische Thesen äußert zur Zeit sofort in jede Talkshow eingeladen, weil die Produzenten wissen, dass das Quote bringt. Wie oft ein Sarrazin seine Thesen in allen möglichen Sendungen breit treten durfte weiß ich nicht, aber diskutiert wurde sein Buch bis zum geht nicht mehr.
Klar weitestgehend negativ. Aber Werbung haben trotzdem alle möglichen Sender dafür gemacht. Über mangelnde Aufmerksamkeit darf sich der Kerl auf jeden Fall nicht beklagen.
„Aber er wird dabei sofort in die rechte Ecke gestellt“, nein da stellt man sich selber hin wenn man von „Kopftuchmädchen“, „Juden-Gen“ und ähnlichem redet. Da muss einen niemand mehr hinstellen.
Wie auch immer: Eine Selbstzensur ist nicht zu erkennen, eher im Gegenteil, „politisch unkorrekte“ Thesen werden mit viel mehr Freude aufgenommen als anderes, weil es eben mehr Auflage, Quote o.ä. bringt.
Zum Thema: Man kann sich doch nicht öffentlich für einen fairen Umgang mit pädophilen aussprechen.
Süddeutsche, 25. Juli 2013
Schicksal und Herausforderung, 1.1.2012
Zeit Online, 26.02.2014
Der Spiegel, 16.07.2012
Es wird differenziert darüber berichtet und hier sieht man übrigens auch „political correctness“ in Anwendung. Es wird nicht sofort reflexartig „Schwanz ab!“ geschrien, sondern ganz im Gegenteil man versucht zu differenzieren und versucht eine Möglichkeit zu finden auch mit dieser Gruppe so zu leben, dass ein reibungsloser gesellschaftlicher Alltag gewahrt werden kann.
Also auch hier gibt es keine Zensur.
Nun also zu „Shitstorm“ von Seiten der „politisch korrekten“
Es kann von Seiten der „politisch korrekten“ keinen Shitstorm geben. Zumindest nicht wenn sie gerade in diesem Moment „politisch korrekt“ handeln.
Den „politisch korrektes“ Handeln verbietet den Shitstorm. Das ist es doch wodrum es im Endeffekt geht.
Es ist der Versuch eine Debatte losgelöst von hochkochenden Emotionen zu führen.
Es kann per Defintion keinen „politisch korrekten Shitstorm“ geben.
Das wodrüber sich ExtraKlaus und auch Scheol beschweren ist nichts anderes als „politisch unkorrektes“ Verhalten von seiten einer gefühlten oder echten „Bevölkerungsmehrheit“.
Das ist auch der Grund warum es nichts schönes oder gutes daran gibt sich „politisch unkorrekt“ zu verhalten, es provoziert nämlich immer nur das gleiche Gegenverhalten.
Wer wirklich etwas gegen einen echten oder gefühlten „Meinungsmainstream des Gutmenschentums“ tun will, der darf nicht das gleiche falsche Verhalten von rechts zeigen, sondern muss beweisen das es möglich ist eine Disskusion ruhig und differenziert zu führen.
Das ist zum Beispiel der Grund aus dem ich gewissen Leuten die in Sachen „Umgang mit Minderheiten in den Medien“ eigentlich meine Meinung vertreten ein ums andere mal sage, dass sie über das Ziel hinaus schießen und der eigenen Sache eigentlich einen Bärendienst erweisen.
„Politische Korrektheit“ ist nicht an eine bestimmte politische Meinung gebunden, sondern an ein bestimmtes Diskussionsvorgehen. Auch ein Sarrazin könnte seine Thesen „politisch korrekt“ verkaufen. Indem er mehr auf seine Formulierugnen achtet und reine Verallgemeinerungen bleiben läßt.
Das Problem ist allerdings, dass die meisten Leute nur auf Provokationen anspringen. Aus irgendeinem Grund verkaufen sich Provokationen besser und schneller als vernünftige und sachliche Diskussionen.
Deshalb wird eine Alice Schwarzer auch nie aufhören Extrempositionen zu verbreiten.
Deshalb wird die Antifa niemals versuchen ruhig und sachlich zu diskutieren.
Deshalb werden Faschos immer „Das Boot ist voll!“ oder „Ausländer raus schreien!“
Deshalb wird die Bild-Zeitung ihre Überschrifen immer in Schriftgröße 56 und mit acht Ausrufezeichen formulieren.
Aber all diese „Provokationen“ stoßen keinen Diskurs an, sie stören den Diskurs.
Bei einer vollkommen neuen Debatte mag die Provokation tatsächlich hilfreich sein, weil dann Aufmerksamkeit generiert werden muss. Genauso mag eine Provokation auch sinnvoll sein, wenn eine bestimmte Debatte aus dem Blickfeld zu verschwinden scheint oder tatsächlich verschwindet.
In jedem anderen Fall ist sie es nicht.
Wenn man eine Meinung vertritt und nicht in der Lage ist mit ruhigen und sachlichen Argumenten diese Meinung zu vertreten, dann sollte man sich Gedanken darum machen ob diese Meinung es wert ist ausgesprochen zu werden.
Und damt komme ich zu dem letzten Punkt in diesem Post:
Eine Meinung die man nicht „politisch korrekt“, also frei von unbegründeten Verallgemeinerungen und Provokationen, darstellen kann, ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unbegründet.
Und das ist auch der Grund warum es nicht nötig ist mit einem Sarrazin oder ähnlichem zu diskutieren. Er disqualifiziert sich selbst durch seine Aussagen und seine Vorgehensweise.
Ich darf mir durchaus aussuchen mit wem ich diskutiere und jemand der seine Thesen so vertritt wie ein Sarrazin der wird von mir nicht ernst genommen.
-----Edit-----
@ezzendy:
Ich denke bei einem Autor, der mit Wörtern wie „grün-rot-versiffter“ Politik und „arschgefickten“ Medien nur so um sich schmeißt ist es absolut in Ordnung sich in der Kritik ebenfalls auf dieses Scheisshausniveau hinabzulassen und Wörter mit negativer Konnotation zu verwenden.
Aus den oben beschriebenen Gründen würde ich dir da widersprechen wollen. ^^
@ „provozieren“ und „hetzen“: Ausnahmsweise würde ich da tatsächlich EK ein wenig zustimmen wollen. Sein Verteidigungsversuch ist zwar etwas lächerlich, weil er einen Unterschied herbeifantasieren will der nicht exisitiert.
Aber hier zeigt sich eben genau das was man „politisch korrekt“ versuchen sollte. Wir haben zwei Begriffe zur Auswahl, die wir verwenden könnten. Der eine wird recht neutral aufgefasst „Provokation“ der andere eher negativ „Hetze“.
Im Sinne einer „politisch korrekten“ Diskussion sollte der zweite Begriff vermieden werden und man versucht den Begriff zu verwenden der nicht negativ besetzt ist.
Im Prinzip verlangen ExtraKlaus und Scheol nichts anderes von dir als das du dich bitte politisch korrekt ausdrücken sollst. Ich sehe keinen Grund warum man ihnen den Gefallen nicht tun sollte.