Der T-Shirt-Rechtsstreit des FK mit RTL

Da es im Thread Zurück aus Köln nicht nur um den Gerichtsfall selber ging, lade ich alle dazu ein, in diesem Thread ausschließlich die politisch und gesellschaftlich interessante Diskussion darüber, wie weit Meinungs-, Presse- und Kunstfreit bei einem großen Privatsender in Deutschland gehen darf, zu führen.

Der Rückzieher des Fernsehkritikers ist bei Betrachtung der Umstände nachvollziehbar. Auch mit einem „X-Wing“ kann man den „Todesstern“ bekämpfen, aber, wenn einem die Munition ausgeht, sollte man dann schon aufgeben.

Trotzdem schade, dass der Streit so endet. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass der Aufdruck (mit dem Original-RTL-Logo) eine verfassungsrechtlich erlaubte Verballhorung des RTL-Slogans darstellt.
Um bei der Star Wars-Metapher zu bleiben: Den einen Schuß, der das Ding in die Luft jagt, hätte man noch durchaus setzen können beim nächst höheren Gericht. Ob beim BGH oder vor dem Bundesverfassungsgericht, soweit ich weiß, die letzte theoretische Rechtsinstanz, die man bemühen kann.

Ich meine, was der Richter da von sich gegeben hat, dass mit dem Spruch „scheiß RTL“ allein nicht klar werde, warum RTL „scheiße“ sein soll, ist eine äußerst kurzsichtige und verhältnismäßig unlogische Erklärung. In der Kürze liegt die Würze. Wie deutlich soll denn die Message formuliert sein auf einem T-Shirt? Per Essay?
Würde man auf der Straße eine Umfrage zu der Aufschrift machen, warum RTL Kacke sein soll, wie viel Prozent würden wohl spontan sagen: „Na wegen dem Scheiß-Programm“. Genau so soll und wird der Aufdruck auf dem Shirt auch verstanden.

Was ich auch seltsam finde, ist, warum RTL anscheinend ausschließlich wie eine Marke behandelt wurde. OK, RTL ist ein privates Unternehmen, aber doch kein „normales“.
Primär ist jeder Privatsender erst einmal nichts anderes als ein KULTURGUT, und wie ein Kulturgut müssten sie auch behandelt werden dürfen. RTL ist - leider - mehr als ein Wirtschaftsunternehmen. Das RTL-Logo gehört auch der Allgemeinheit, viel mehr als es bei anderen Marken der Fall ist.
Ich meine, Holgers T-Shirt stellt eine Art von Kulturkritik dar. Und das Logo ist essentieller Bestandteil dieser Kritik.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kulturkritik

Dann gibt es da noch einen zweiten Punkt, was in einem Rechtsstreit mit einem Privatsender beachtet werden sollte: Eine private Fernsehanstalt ist kein Schuhhersteller, Autobauer oder ein Möbelfabrikant, sondern ein Massenmedium mit besonderer gesellschaftlicher Funktion.

In demokratischen Staaten wird den Massenmedien und insbesondere dem Journalismus häufig die Aufgabe zugeordnet, zur Information und Meinungsbildung der Bevölkerung beizutragen, sowie Kontrolle und Kritik auszuüben. Teilweise werden ihnen auch eine Rolle als „Vierte Gewalt“ zugeschrieben.

Diese Besonderheit sollte doch wohl berücksichtigt werden, wenn es darum geht, wie weit man Kritik an diesem „Unternehmen“ üben darf. Ich meine ein TV-Sender, ob öffentlich-rechtlich oder privat, muss sich mehr gefallen lassen in Form von Medienkritik als Unternehmen X oder Y.
http://de.wikipedia.org/wiki/Medienkritik

Ich würde diesen T-Shirt Beef mit RTL auch nicht mit anderen Markenrechtsstreitereien vergleichen, sondern z.B. eher mit diesem Rechtskonflikt:

http://de.wikipedia.org/wiki/Soldaten_s … 4_und_1995

Ich finde, genauso wie man „Soldaten sind Mörder“ sagen und verbreiten darf, müsste es erlaubt sein, „scheiß RTL“-T-Shirts drucken und verkaufen zu dürfen.
Diesen Slogan sollte man nicht als spezifische Beleidigung sehen, sondern als Ausdruck einer bestimmten Haltung gegenüber der Fernsehkultur.

Edit:
Hab’ den unnötigen Vorwurf an Librarian entfernt.