"Der Stellvertreter" und die Rolle Papst Pius XII.

Hallo Fernsehkritiker,

ich war doch recht überrascht, als unter den TV-Tipps, die ich im Grunde sehr schätze und regelmässig konsultiere, das Stück „Der Stellvertreter“ von Rolf Hochhuth oder besser die Verfilmung, die heute auf „arte“ läuft, aufgelistet ist. Als jemand, der der katholischen Kirche und ihrem Ultrakonservativismus eher kritisch gegenüber steht, so ist das Stück Hochhuths, oder besser gesagt, das Bild, das er vom Papst vermittelt, ein reiner Mythos, der im Zuge des Antiklerikalismus der Nachkriegszeit enorm an Gewicht gewann. Rein objektiv betrachtet hat der Papst seine Position während des Zweiten Weltkriegs und der Judenverfolgung klar definiert und sich eindeutig gegen die Nationalsozialisten gestellt. So meinte der Deutsche Sicherheitsdienst zur Weihnachtsansprache des Pastes 1942, in der er sich implizit gegen die Judendeportationen ausgesprochen hatte:

„… eine einzige Attacke gegen alles, für das wir einstehen. Der Papst sagt, dass Gott alle Völker und Rassen gleichwertig ansieht. Hier spricht er deutlich zugunsten der Juden… Er beschuldigt das deutsche Volk, Ungerechtigkeiten gegenüber den Juden zu begehen, und macht sich zum Sprecher der jüdischen Kriegsverbrecher.“

Ich werde hier jetzt nicht weiter klugscheissern, aber ich halte es für ein wenig verwunderlich, dass eine derart aus der Luft gegriffene Kritik, wie die von Hochhuth, die historisch dutzendfach widerlegt wurde, hier als Tipp gehandelt wird. Daher wollte ich deinen Standpunkt zu dem Thema ersuchen, da ich doch über einen derartigen „Tipp“ äusserst überrascht war.

Dennoch weiterhin gutes Gelingen!

P.S. Mein Wissen über Pius XII und dessen Haltung ggü. dem Nationalsozialismus und dessen Verbrechen beruhen natürlich ausschliesslich auf historischen Quellen und nicht auf dem gestrigen Zweiteiler der ARD, der doch äusserst pathetisch und melodramatisch war :wink:
P.P.S. Zudem hat ein ehemaliger General (Ioan Pacepas) der kommunistischen rumänischen Securitate ausgesagt, dass der „Stellvertreter“ gewissermassen eine Auftragsarbeit der kommunistischen Geheimdienste gewesen wäre, die sich auf KGB-Dokumenten stützte. Hochhuth hat das heftigst dementiert, ein fader Nachgeschmack bleibt dennoch.

Es handelt sich hier ja um einen Spielfilm - und wenn man die künstlerische Freiheit berücksichtigt, finde ich ihn vor allem unter darstellerischen Gesichtspunkten interessant. Zudem habe ich ja bewusst auch auf die Doku am heutigen Mittwoch hingewiesen, in der erstmals Mitglieder der römischen Kurie zur damaligen Zeit Stellung nehmen.