"Der muss leiden"

Diskussion über den Blog-Artikel: “Der muss leiden”

Um das Thema “Mitten im Terror” aus Folge 85 noch ordnungsgemäß abzuschließen, möchte ich hier noch ein paar Kleinigkeiten nachschieben, die im Beitrag nicht verwendet wurden. So ist beispielsweise die Antwort der Niedersächsischen Landesmedienanstalt auf die Beschwerde des Ehepaars bemerkenswert:

Interessant ist die Argumentation, die generell seitens der Landesmedienanstalten erfolgt, Motto: Wir schauen uns nur die Sendungen an, mehr nicht. Soll heißen: Dass hinter den Kulissen gefaked wurde, dass bestimmte Szenen nur durch Nötigung und Verfälschung zustande kamen, interessiert schlichtweg niemanden. Ein gebeutelter Protagonist hat also keine Anlaufstelle für seine Beschwerde - außer dem Gericht. Und auch dort sind die Klagen ja meistens nicht von Erfolg gekrönt. Das Fernsehen hat somit im Grunde Narrenfreiheit - wohlwissend, dass das Opfer kaum eine Chance hat, zu seinem Recht zu kommen.

Welche Folgen eine negative, einseitige Darstellung für Protagonisten haben kann, wurde ja im Beitrag bereits deutlich. Wie es überhaupt zu Massenkrawallen kommen kann, zeigen Chats und Einträge im Internet, wo sich hasserfüllt gegenseitig hochgeschaukelt wird. Eine kleine Auswahl:

Und hier noch zwei Mails der Redakteurin Jana K., die noch einmal ihre Heuchelei dem Ehepaar gegenüber vedeutlichen. In der ersten Mail schlägt sie sogar unverblümt einen Fake vor. Die Szene, in der das Ehepaar das Fenster mit Folie abklebt, wird in der fertigen Sendung schließlich auch gezeigt - natürlich zu dessen Nachteil.

Die Chatsprache spricht Bände.

Wie kann man denn nur eine solche Email ernst nehmen? Wenn ich eine Email von einer Redakteurin bekomme die nur in Kleinbuchstaben geschrieben ist und mit Smileys versehen ist, dann muss ich mir doch denken, dass da etwas nicht stimmt und dass die Frau nicht viel auf dem Kasten hat!
Was mir außerdem Angst macht ist, dass solche Leute auch für Stern-TV arbeiten… ich dachte eigentlich bis jetzt, dass das schon etwas seriöser ist?

Da hab ich mir sogar diese chat protokolle durchgelesen. Ich glaub, ich bin gerade wieder ein stück dümmer geworden

Hab den Beitrag auch letztens meiner Mutter zeigen müssen…die hat sich not amused.
Wenn ich ihr die Chatprotokolle noch zeige würde sie besonders not amused sein.
Super Menschen die so einen Mist schreiben da frag ich mich: gibt es überhaupt intelligentes Leben dort draußen? Oder ist dort nur Luft im Sack?
Einer der Chatbeiträge beschreibt es ganz dolle:„So kranke Menschen gibt es doch nicht!“ Wünsche der Familie aufjedenfall alles gute und hoffendlich lässt dieser Psychoterror nach und es muss nicht noch ein Umzug passieren :frowning: .

Da muss ich wohl den Menschen über mir gnadenlos beipflichten. Die Briefe der Redakteurin wirken, also wären sie von einer Achtklässlerin verfasst. Welcher Erwachsene und halbwegs gebildete Mensch verwendet solch einen Ausdruck? Zeichensetzung ist auch absolut 1A, gibt’n Daumen. :smt023 Also entweder muss man als RTL-Redakteurin einfach nur strunzendämlich sein, oder die Frau kann sehr gut eine 14-jährige spielen. Da kann se sich gleich am Gespräch von “KleinHolland”, “FuckOffBitch” und all deren ultra-fetzigen Freunden beteiligen. Wäre doch voll “gail”. Praktisch so richtig “niice” und so.

Wenn ich eine Email von einer Redakteurin bekomme die nur in Kleinbuchstaben geschrieben ist […]

Hö? Also ich seh da schon größtenteils korrekte Groß-/Klein-Schreibung in der Mail. Man kann sich auch Sachen einbilden vor lauter Wut. :wink:

Abgesehen davon denke ich, dass diese heuchelnde „freundschaftliche“, unprofessionelle Ausdrucksweise auch nur eine Masche ist, um Vertrauen zu gewinnen.

Deutschland, das Land der Nachbarschaftsstreitigkeiten zwischen Gartenzwerg, Maschendrahtzaun und Knallerbsenstrauch. Menschen werden wie in einer Arena aufeinandergehetzt. Leute schauen sich ne Sendung im Fernsehen an und schreiben den betroffenen Personen in dem Beitrag Hassbriefe ohne sie zu kennen oder sie jemals gesehen zu haben. Sie wollen zu ihnen hinfahren, um ihnen ihren Hass auszudrücken. Was ist das für eine Welt? Wo sind die Zeiten geblieben, in denen man “Rücksicht” auf andere genommen hat? Nein, anscheinend ist es cool Leute niederzumachen und sich an ihrem Leid zu weiden.

Brot und Spiele fürs Volk.

Was mich wirklich daran beunruhigt ist, dass die Leute die bei der Sendung mitgemacht haben ja scheinbar keine Möglichkeit haben irgendetwas dagegen zu tun. Man hat das Gefühl, als würden alle unter einer Decke stecken, nur um das Leben von beliebigen Personen zur Hölle zu machen und sich an dem Leid zu ergötzen.

Welcome in Germany!

Warum darf man sich als Fernsehsender sowas erlauben?
Warum haben Kammerateams in der heutigen gesellschaft schon fast einen “Gott-Status”?

Ich finde für alles hier nur eine passende Antwort: “Geld regiert die Welt!”…

Es fängt schon bei der Redakteurin an die mit dem scheiß sicherlich sicherlich ein bischen mehr verdient.
Und es hört auf mit Gerichtskosten…

Immer gehts nur ums Geld…
Wenn man genügend davon hat und dazu noch einen Fernsehsender kann man alles machen was man will.

Wo sind die Zeiten wo noch schöne sachen wie “Das Königlich-Bayerische-Amtsgericht” oder “Meister Eder und sein Pumuckl” gemacht wurden.
Da hat man sich noch was dabei gedacht…

Welcome in Germany!

Ja, du mich auch.

@chrisslfissl

Willkommen im Wunschleben. Fernsehen von anno dunnemols. Die Zeiten, als es noch anspruchsvolle Unterhaltung gab, sind längst passe. Sonst gäbs auch gar keinen Grund für diesen Thread, diese Seite, dieses Posting usw. Oberflächlichkeit und Ignoranz sind heute die Zauberwörter, und diese wurden duch TV erst geschaffen und seither blendend bedient. Trottel-TV, Hartz IV-Hallus, Prollkino und Dumpfbackendrama. So siehts aus. Kannst du nicht ausmerzen, wirst du nicht ausmerzen. Es sei denn, du bringst alles um, was auch nur ansatzweise etwas mit TV zu tun hat und ziehst selbst alles neu auf.

Hm, Echauffierung gut und schön aber irgendwie geht es hier doch ziemlich durcheinander. Also nach meinem bescheidenem Verständnis:

  1. die Aufgabe der LMA ist die Überwachung der Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages, des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sowie des Landesmediengesetzes. Also im wesentlichen eben das was in den Medien (im Ordnungswidrigkeitenbereich) passiert und nicht was mit den Protagonisten ggf im strafrechtlich relevanten Bereich passiert. Zwischen diesen beiden Dingen ist mE zu unterscheiden.

  2. es fand eine Beurteilung durch die LMA betr. Jugendmedienschutz-Staatsvertrag statt. Der entspr. Paragraph …

Unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit sind Angebote unzulässig, wenn sie: […] gegen die Menschenwürde verstoßen, insbesondere durch die Darstellung von Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, wobei ein tatsächliches Geschehen wiedergegeben wird, ohne dass ein berechtigtes Interesse gerade für diese Form der Darstellung oder Berichterstattung vorliegt; eine Einwilligung ist unbeachtlich
(Hervorhebung von mir)

Dies hat der Sachbearbeiter bei der LMA abgelehnt, da er hier keine Darstellung „schweren körperlichen oder seelischen Leidens“ erkennen konnte. Über die Entscheidung können Rechtsgelehrte nun streiten, ob mit der Formulierung ausschließlich die Darstellung menschenunwürdiger Gewalt oder aber die Verletzungen der Menschenwürde im Allgemeinen gemeint sind. Aber mE ist das ohnehin der falsche Ansatzpunkt.

  1. Es geht doch hier nicht um eine Ordnungswidrigkeit des Senders wegen Verstoßes gegen den Jugendschutz, sondern um die Verletzung von Persönlichkeitsrechten der Protagonisten. D.h. hier wäre nicht der LMA sondern der Staatsanwalt die richtige Adresse. Auf welcher rechtlichen Grundlage sowas genau geschehen könnte ist dann sicher im Detail von den Kollegen Rechtsverdrehern zu klären. Aber GG Art 2 (Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit) ist denke ich schonmal ein guter Anfang.

PS noch eine Anmerkung (ich mach mal den Advocatus Diaboli): vor kurzem hat sich die ganze Internet-Community über SOPA aufgeregt. Bei Diskussionen wie diesen sollten wir uns vielleicht auch fragen, ob wir tatsächlich ein Medienrecht wünschen, wonach jedes Medienorgan mit einem 100k EUR Bußgeld belegt werden kann, wenn es jemanden in der Öffentlichkeit in einer unzutreffenden Weise oder verfälschend darstellt.

…sollten wir uns vielleicht auch fragen, ob wir tatsächlich ein Medienrecht wünschen, wonach jedes Medienorgan mit einem 100k EUR Bußgeld belegt werden kann, wenn es jemanden in der Öffentlichkeit in einer unzutreffenden Weise oder verfälschend darstellt.

Ja, sollten wir. Brächte endlich seriöse und WAHRHEITSGEMÄSSE Berichterstattung zurück. Und ist wie alles in diesem Thema reines Wunschdenken. Sowas war nur einmal, sowas gibts nur einmal.

Du magst also keine Satire-Sendungen im Fernsehen mehr haben ?

Woher stammen denn die Chat-Protokolle?

Zum Thema “offensichtlich unprofessionelle Redakteurin”:
Ich habe beruflich öfters mit Redakteuren, Drehbuchautoren, Kameraleuten etc. zu tun. Der Schnitt an “ordentlichen Schreibern” der durch Deutschland geht, lässt sich auch wunderbar auf diesen Bereich übertragen. Manche schreiben nur zwei perfekte Antwortsätze, aber ohne ordentliche Anrede oder Verabschiedung. Manche schreiben Romane mit Leichtsinnsfehlern und 'was “läppsch” formuliert und manche Schreiben ordentlich, mit richtiger Punkt- und Kommasetzung und dafür halt etwas “steifer”.
Wie schon von einem Vorposter erwähnt, dient diese Art ja auch dem Erhalt des freundschaftlichen Bildes. Mal abgesehen davon, dass es sicherlich für die Drehleute selbst unvorteilhafter gewesen wäre, hätte ein über Monate anhaltender Brief- bzw. Mailwechsel in steifem und überkorrektem Deutsch mich als Protagonist stutziger gemacht, als eben die kumpelhafte Tour. Man erwartet ja auch Sympathieempfindungen gegenüber der Person, der man sich anvertraut.

Ähnlich seh ich es mit dem Chatprotokoll bzw. den Ausschnitten daraus. Mal ehrlich, wer in diesem Forum schrieb oder gar schreibt nicht ab und an so? Sicherlich, “gail” habe ich noch nie in meinem Leben benutzt (jedoch schön öfters gesehen - gerne auch in der Variante “qail”), aber vor ein paar Jahren wars stattdessen halt “kewl”. Inhaltlich spürt man vor allem zwei Dinge:

  1. einen Hang zum Lokalpatriotismus bei all diesen Kids und
  2. genau dieses. Dass sie “Kids” sind. Wir haben hier einige sehr tolle Vorzeigebeispiele an u16-Jährigen im Forum, die sich schon vor Jahren Gedanken über diese Art Format gemacht haben. Aber auch hier: Wer von uns ü20ern gehört da dazu? Ich habe mit 15 solche Sendungen nicht geschaut, aber ich habe mir eben auch keine Gedanken dazu gemacht. Als Teenager selbst auf die Idee zu kommen, dass hier etwas nicht stimmen könnte, Gruppendruck und -dynamik zum Trotz, ist eine Leistung, die ich selbst jetzt nur bei wenigen gleichaltrigen Freunden sehe. Die werden vor 10 Jahren nicht anders gewesen sein. Und wenn Gruppendynamik gepaart wird mit falsch angebrachtem Patriotismus, dann entstehen eben nicht nur in der Offlinewelt Mobs.

Da hat die Niedersächsische Landesmedienanstalt wohl gegen Art. 13 EMRK verstoßen:
http://dejure.org/gesetze/MRK/13.html

ircgalerie.net

Da hat die Niedersächsische Landesmedienanstalt wohl gegen Art. 13 EMRK verstoßen

Nein hat sie nicht. Dieser Artikel sagt nichts darüber, dass die LMA oder jede x-beliebige Behörde eine solche wirksame Beschwerde aufnehmen muß, sondern dass die Staaten eine solche Instanz schaffen müßen. Was im Regelfall die Gerichte sind, aber auch andere Gremien sein können. Eine solche Instanz kann den Anforderungen des Art. 13 allerdings nur genügen, wenn sie gewisse Grundvoraussetzungen erfüllt - zB. Unabhängigkeit, was bei den LMA logischerweise nicht erfüllt ist. Dem LMA sind entspr. des RBerG sicherlich zudem auch die Hände in Sachen Rechtsberatung gebunden, um dem Beschwerdeführer ggf. weitere Schritte zu empfehlen.

Die LMA ist auch keine Strafverfolgungsbehörde, welche im Rahmen von Ermittlungsverfahren die Hintergründe von Straftaten (Nötigung, Beleidigung etc) aufzudecken hat. Das fänd ich auch höchst bedenklich, wenn wir eine Zensurbehörde mit derart weitreichenden Befugnissen hätten! Sie kann nicht ermitteln, was hinter den Kulissen einer Fernsehproduktion passiert und es ist auch nicht ihre Aufgabe. Dafür ist Polizei und Staatsanwaltschaft zuständig.

IMO ist hier über gerichtlichem Wege zu klären, inwiefern uU. eine Nötigung der Protagonisten stattgefunden haben könnte (vorsichtshalber paar Konjunktive eingebaut). Eine freie selbstbestimmte Entscheidung könnte durch Täuschung oder Vorspiegelung falscher Tatsachen verhindert worden sein. Ein anderer Ansatz wäre eventuell die Formalbeleidigung (§ 192 StGB). Eine dritter Möglichkeit wäre, den Vertrag wegen Sittenwidrigkeit anzufechten, wobei die Konsequenzen mir nicht ganz klar sind. Die Veröffentlichung des Drehmaterials wäre dann evtl. unrechtens gewesen. Es gilt aber leider wie in allen anderen Bereichen des Lebens: wenn das Kind erstmal im Brunnen liegt… etc pp.

Eine andere Frage ist, was die Medienverantwortlichen tun können, um solche Dinge in Zukunft zu verhindern. Zum Beispiel durch die Erstellung eines Kodex für Scripted-Reality-Shows, denen sich die Medienproduzenten unterwerfen. Sowas gibt es auch für Talkshows bereits (Leitlinien für Talkshows). Der Kodex könnte zB. eine ausreichende Aufklärung der Protagonisten einfordern und Mitspracherecht was das Endergebnis der Sendung anbelangt.