Der Bürger darf aufatmen.
Endlich hat das Wühlen in den Baumarktprospekten nach Dämmstoffen ein Ende … man kann die 20Watt-Funzeln wieder aus den Fassungen schrauben und … die Heizung darf wieder fröhlich bullern: Deutsche Reaktoren dürfen weiterlaufen.
Hatte die Regierung vor einigen Jahren noch den Ausstieg aus dem Atomstrom beschlossen, hat der jetzt amtierende Elfer-Rat das Ganze wieder gekippt. Acht bis 14 Jahre dürfen die Kraftwerke weiter laufen, und als Pflästerchen legt man der Atomindustrie die „Brennelemente-Steuer“ auf, (die natürlich nicht der Endverbraucher zahlen wird).
War Heinrich der IV. wenigstens noch so sportlich bis nach Canossa zu trampen, macht unsere Bundesmutti den Kniefall mit ihrer Kasper-Riege gleich im Kanzleramt. Den virtuellen Stinkefinger in Richtung der erneuerbaren Energien gehoben und die Lippen zum Kuss auf das Rektum der Atomlobby gespitzt. Super …
Und weil das natürlich alles „unbedingt notwendig“ ist, wird das dem Stimmvieh mit einem ach so tollen Gutachten verkauft. Fassen wir mal zusammen:
Seit den 80ern hat sich die Energieindustrie permanent auf nicht erneuerbare Energien gestürzt, mit deren Verknappung kräftig Geld gedruckt und parallel Atomenergie als den Heilsbringer der Zukunft propagiert. Geothermie, Photovoltaik oder simpelst einfach nur der effiziente Umgang mit Energie wurde müde belächelt und nachdem man dann das Ganze auch noch 2002 im Koalitionsvertrag festzementiert hatte, sehen sich amtierende Politiker an vorangegangenes schon nicht mehr gebunden.
Und wieder einmal müssen sich - wahrscheinlich - die Damen und Herren in Karlsruhe mit dem Thema befassen: SPD und Grüne wollen Verfassungsklage gegen den Ausstieg einreichen … die Lederhosen ihrerseits eine Gegenklage anstrengen, weil sie 2002 nicht ausreichend genug beteiligt wurden:
Dem CSU-Politiker und bayerischen Innenminister Joachim Herrmann zufolge kann es nicht angehen, dass die rot-grüne Bundesregierung 2002 die Verkürzung der Laufzeiten und den Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie ohne die Zustimmung des Bundesrats verwirklicht habe, nun aber in der Opposition die Zustimmungspflicht der Länderkammer bei einer maßvollen Verlängerung der Laufzeiten fordere. „Das wäre völlig unlogisch“, sagte Herrmann.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin, der von 1998 bis 2005 Bundesumweltminister war, schätzt die Erfolgsaussichten der Bayern als gering ein:
„Das ist nur bayerisches Pfeifen im Walde. Bayern hat 2002 ebenso wie Hessen und Baden-Württemberg ausdrücklich auf einen Einspruch des Bundesrates gegen das Atomausstiegsgesetz verzichtet“, sagte Trittin dieser Zeitung. Wer damals auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet habe, der könne nicht Jahre später behaupten, er habe nicht zugestimmt oder er sei nicht beteiligt worden.
Quelle: Bayern erwägt Verfassungsklage gegen Atomausstieg - Welt-online, 29.06.10
Dabei wäre die Sache eine relativ simple:
Ist es nicht gerechtfertigt, dass das Volk – wie auch beim Ende der DDR – darüber entscheiden darf, ob sie dieses Lebensrisiko tragen möchte? Wäre bei einer solchen Existenzfrage der Menschen nicht ein Volksentscheid auf Bundesebene ebenso gerechtfertigt wie bei der Abschaffung unserer Verfassung oder der Abschaffung von Bundesländern?
Wie wäre es, wenn die Grünen, die sich derzeit in ihren Wahlumfragen sonnen, endlich mal den Versuch unternähmen, einen bundesweiten Volksentscheid über den Ausstieg aus der Atomenergie durch eine Verfassungsänderung möglich zu machen? Schwarz-Gelb hat derzeit in der Bevölkerung keine Mehrheit mehr. Man ist innerhalb von wenigen Monaten völlig desillusioniert, was diese Regierung zum Wohle des deutschen Volkes leistet. Stattdessen geht es nur noch um Pfründe und Klientelpolitik.
Quelle:
i have a dream - volksentscheid ueber atomausstieg; readers-edition, 22. August 2010
Aber … was weiss der Bürger schon …