Das Wunder von Hamburg

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Das Landgericht Hamburg ist doch immer wieder für Überraschungen gut - zumeist leider im negativen Sinne, manchmal aber auch im positiven. Die Klage von Mass Response gegen Marc Doehler, dem Betreiber des Forums Call-In-TV , ist überraschend abgewiesen worden. Damit gibt das Landgericht nicht nur dem Film “Anrufen und verlieren” in wesentlichen Teilen inhaltlich recht, sondern hält es zudem auch für rechtens, Mass Response (die Mutterfirma von Primavera) als Produzenten bezeichnen zu dürfen. HIER können Sie sich das Urteil inklusive Begründung durchlesen.

So sehr mich dieses Urteil freut, so sehr befremdet mich dann doch die offensichtliche Willkür des Landgerichts. Zur Erklärung: Wir haben damals die fast wortgleiche Einstweilige Verfügung vom Landgericht Hamburg erhalten - und uns wurde in einer mündlichen Anhörung seitens der Richter deutlich gemacht, dass es keinen Zweck habe, dagegen vorzugehen. Nur weil eine Firma ein Subunternehmen sei, bedeutete dies nicht, dass die Mutterfirma als Produzentin bezeichnet werden dürfe. In dem nun vorliegenden Urteil hingegen heißt es:

“Soweit es die Sendung „Z” anbelangt, kann es dem Beklagten nicht untersagt werden, die Klägerin hinsichtlich solcher Sendungen, die nach dem 30.09./01.10.2009, d.h. insbesondere in dem Zeitraum Oktober - November 2009 ausgestrahlt worden waren, als Produzentin zu bezeichnen bzw. zu äußern, dass die Klägerin die Sendungen produziert habe. Die Klägerin bediente (und bedient) sich zur Herstellung der Sendungen einer Subproduzentin. Dass ändert aber nichts an der Produzenten-Eigenschaft der Klägerin."

Das ist das glatte Gegenteil von dem, was uns gesagt wurde - wohlgemerkt von der selben Kammer des Landgerichts! Unsere damalige Anerkennung der Einstweiligen Verfügung führte schließlich angesichts des hohen Streitwertes von 100.000 Euro zu den fünfstelligen Kosten, für die Sie dann erfreulicherweise so fleißig gespendet haben. Dass mich das Ganze dadurch nicht finanziell ruiniert hat, bedeutet aber nicht, dass ich das so auf sich beruhen lasse: Wir werden nun mit allen Mitteln dagegen vorgehen und eine Wiederaufnahme des Verfahrens verlangen.

Auch für unser Verfahren gegen Primavera in München bietet das Urteil jede Menge Munition. Gerade im Hinblick auf die Streitpunkte mit den vertauschten Umschlägen (“Ausgehend davon, dass die Lösungsumschläge vom Zuschauer unbeobachtet zeitweise verschwinden bzw. den Platz wechseln, ist die mit der in dem Antrag zu 1.1.b) bezeichneten Äußerung gestellte Frage „Wenn bei X alles fair und transparent zugeht, wie kann es dann sein, dass Lösungsumschläge mitten in der Sendung plötzlich verschwinden,…” zulässig") und den gefakten Anrufen (“Dass Anrufer in die Sendung gelangen, deren Stimme und Sprachmuster immer gleich klingen, die sich aber mit verschiedenen Namen melden, ergibt sich ebenfalls aus den in dem Video enthaltenen Sendeausschnitten”) hat das Landgericht kluge Begründungen geliefert.

Natürlich steht Mass Response nun offen, vor dem Oberlandesgericht Hamburg Widerspruch dagegen einzulegen - und womöglich wird am Ende dieser großartige Erfolg wieder einkassiert (so haben wir es München ja leider auch erlebt) - dennoch habe ich das gute Gefühl, dass sich hier ein Richter erstmals wirklich intensiv mit der Thematik beschäftigt hat und dadurch zu den Ergebnissen kam, zu denen wir schon vor langer Zeit gekommen sind.

Meine herzliche Gratulation und Anerkennung gilt Marc Doehler und seinem Anwalt, die trotz vermeintlich schlechter Aussichten vor dem Landgericht in die Schlacht gezogen waren! Respekt!

wow, super =)

Los, Holger, hol dir deine (bzw unsere xD) Kohle wieder =)

Ein Lichtblick! Freut mich für dich.

Yay, super :slight_smile: Da drück ich einfach mal die Daumen!

Hoffnung!
Das klingt doch alles super und ist ein angenehmer Lichtblick :slight_smile: Weiterhin drücken wir dir hier die Daumen 8)

Könnte das nicht zum Eigentor werden? Wenn das neue Verfahren wieder zu dem Schluss kommt, zu dem sie gegenüber FKTV schon einmal gekommen sind, könnte dann nicht das Urteil für Marc Doehler widerrufen und eventuell sogar umgedreht werden?

nein, denn hier liegt ja ein schriftliches Urteil vor - in unserem Fall gab es nur eine mündliche Einschätzung des zuständigen Richters

Beim LG (OLG?) Hamburg sind doch eh alle realitätsfremd. Kein Wunder, dass gerade die Contentmafia mit ihren Urheberrechtsklagen immer nach Hamburg geht, weil sie wissen, dass die eh immer Pro-Wirtschaft/Unternehmen stehen und dem Kleinen Mann immer irgendwas reindrücken. Ich wäre da echt vorsichtig, was die Entscheidung des Gerichts anbelangt und mich nicht zu früh freuen.

Ich würde erst eine Wiederaufnahme des Verfahrens anstreben, nachdem ich eine Weile gewartet habe ob Mass Response Widerspruch einlegt und es dann immer noch standhält.

Bin mal gespannt wie sich das ganze noch entwickelt.

das hört sich doch gut an. endlich mal ein hoffnungsschimmer und ein Lebenszeichen eines Rechtsstaats!

aber WENN die jeweiligen gerichtsverhandlungen schief gehen, ist wenigstens gewiss, dass sich ein breiter widerstand gegen die urteile erheben wird. dafür sorgen wir dann schon!

Ein Hoch auf den Rechtsstaat! :smt023

Frage: Wird man sich “Anrufen und verlieren” in geraumer Zeit zu Gemüte führen können?

Die Mühlen der Justitz mahlen langsam, aber willkürlich!

nein, denn hier liegt ja ein schriftliches Urteil vor - in unserem Fall gab es nur eine mündliche Einschätzung des zuständigen Richters

Sie, Herr Kreymeier, haben aber damals die einweilige Verfügung ANERKANNT. Da ein Anerkenntnis von Ihnen vorliegt, aber kein Urteil eine Richters in dieser Sache vorliegt, gegen das Sie aufgrund des neuen Döhler-Urteils vorgehen könnten, können Sie auch keine „Wiederaufnahme“ beantragen.

Deshalb ist es m.E. immer ein Fehler, wenn ein Anwalt oder gar ein Richter zu einem Anerkenntnis rät, wenn man selbst der Ansicht ist, man sei im Recht.

Denn selbst wenn sich irgendwann wahrhaftig eine Rechtliche Lage ändert, kann man das eigene Anerkenntnis nicht rückgängig machen, ein gerichtliches Urteil eines Richters aber wohlmöglich schon (Stichwort: Restitutionsklage).

das werden wir ja sehen :wink:

Meine Glückwünsche und mein tief empfundener Respekt an Marc.
Es ist schön zu sehen, das es Menschen gibt die bereit sind, für die “gerechte Sache” einiges zu opfern…der FK gehört sicherlich auch zu dieser Menschengruppe!

Ein Hoch auf den Rechtsstaat! :smt023

Junge, hast Du den Text überhaupt gelesen? Trotz fast gleicher Ausgangslage werden zwei unterscheidliche Urteile (wobei im Fall von Fernsehkritik.tv ja wohl kein Urteil gesprochen wurde, das es zu keinem Verfahren kam) gefällt. Von derselben Kammer desselben Landgerichts. Ich weiß zwar nicht, wieviele Richter da arbeiten, aber ich finde das skandalös. Haben die sich im Falle von Fernsehkritik.tv überhaupt auch nur ansatzweise mal mit der Thematik befasst? Unfassbar
€: evtl. wars auch ironisch gemeint. Hm.

Ironie ist schon was schönes! :wink:

Die Chancen für eine Wiederaufnahme stehen eher schlecht. Denkbar wäre hier wohl nur ne Resitutionsklage, aber auch die ist sehr eingeschränkt. Dabei spielt es aber nur wenig Rolle inwieweit das irgendwie anerkannt wurde. Es gab ja dann in wohl nen Beschluss, der anfechtbar wäre. Beim Anerkenntnis gibt es eben auch ein Anerkenntnisurteil. Allerdings bezweifle ich, dass ein Restitutionsgrund allein durch das Urteil des LG gegeben ist.

Und ich sehe das nicht als Problem, man sollte doch froh sein, wenn die Richter ihrer Meinung mal ändern.

Ich muss also auf meiner Seite weiter die Klappe halten, während Marc Doehler in der selben Sache dann auf seiner Seite sich frei äußern darf? Das ist doch absurd!