Collateral Murder-Video von amerikanischem Angriff im Irak

Ich habe zu diesem Thema hier noch nichts gefunden aber anscheinend ist am 05.04.10 eine drei Jahre alte Videoaufzeichnung aus dem Irak veröffentlicht worden (12.07.07), bei dem über ein Dutzend (unbewaffneter) Zivilisten, darunter 2 Mitarbeiter der Reuters Nachrichtenagentur (Namir Noor-Eldeen und Saeed Chmagh), von amerikanischen Soldaten aus zwei Hubschraubern erschossen wurden.
Ich verstehe nicht viel von dem ganzen Militär kauderwelsch aber die Soldaten scheinen nicht besonders angespannt zu sein, verwechseln die Kameras der Journalisten mit Waffen und eröffnen leichtfertig das Feuer.
Als Minuten später ein Van mit mehreren Männern und auch zwei Kindern am Schauplatz aufkreuzt um die Leichen der Zivilisten mit zunehmen, eröffnen die Soldaten auch auf diesen das Feuer.
Als dann zu guter letzt die Bodentruppen anrücken, “rettet” einer der Soldaten heldenhaft die beiden verwundeten Kinder.

Das ungekürzte Gun Camera Video und auch die Kommentierte Version kann man sich unter http://collateralmurder.com/ ansehen.

Ich persönlich finde schockierend, mit welch einer Dummheit und Leichtfertigkeit die Soldaten das Feuer eröffneten, auch die sehr unpassenden Kommentare und generell die ganze, relativ gelassene Konversation zwischen den Amerikanern, die man immer wieder zu hören bekommt ist schockierend. Aber ganz ehrlich, es war nur eine frage der Zeit bis so ein Beispiel ans Tageslicht kommt. DAS ist Amerika.

Eure Meinung?

Das ist nicht Amerika. Das ist ein Einzelfall.
Ich denke mal der Vorfall wird, genauso, wie der Abu-Ghraib-Skandal, schnell aufgeklärt werden.

Ich glaube nicht, dass das ein Einzelfall ist, an der Konversation der amerikanischen Truppen lässt sich ja schon erahnen, wie alltäglich diese Situation und wie selbstverständlich ihre Reaktion darauf ist.
Was deine Aussage zu den Verantwortlichen betrifft bin ich aber deiner Meinung.

Ich denke mal der Vorfall wird, genauso, wie der Abu-Ghraib-Skandal, schnell aufgeklärt werden.

Ganz genau, der „Vorfall“ wird schnell aufgeklärt und schnell vergessen werden.

Ich hab mir das Video jetzt auch mal angesehen und kann deine Einschätzung nicht ganz teilen.
Für mich stellt sich die Lage so dar:

-Die Besatzung sieht eine Gruppe von Menschen, einige davon tragen Waffen (AK-47 und RPGs). Als das bestätigt ist, wird das Feuer auf die Gruppe eröffnet, die sich gerade hinter einem Haus versteckt. (Leider fehlt die Information, wo sich die mechanisierte Gruppe aufhält, die später anrückt) Es sieht also nicht so aus, als ob die Jungs gerade spazieren gehen, sondern eher so, als würden sie einen Hinterhalt legen.

-Nachdem der Feind mit einigen Feuerstößen bekämpft wurde, beginnt dass, was von der Besatzung Assessment genannt wird. ein Verwundeter entfernt sich vom Ort des Geschehens und wird im Auge behalten (O-Ton: “Pick up a weapon and you’re dead”), um eine Gefährdung der anrückenden Bodentruppen auszuschließen.

-Als schließlich der Van kommt und Verwundeten aufnehmen will, wird auch auf ihn das Feuer eröffnet. Die Gründe dafür erschließen sich mir nicht ganz, der Schütze redet was von Waffen, ich habe aber keine gesehen. Der Van trägt kein Schutzzeichen. Dieser Angriff scheint mir in der Tat unbegründet.

Zur Frage der Sprachwahl der Soldaten: Natürlich ist es normal für sie auf so eine Situation zu treffen, denn wir haben ja schließlich Krieg und das hier sind hochqualifizierte Profis.
Wenn du diese Art der Unterhaltung live hören willst, empfehle ich dir einen Besuch im Fanblock deines örtlichen Bundesligavereins, ich glaube nämlich nicht, dass dort wesentlich anders über den “Feind” geredet wird.

Wo siehst Du RGPs? Und dass die Männer im Irak AK-47 tragen, ist normal. Wenn Du da gleich losballerst, hast Du 80% der Leute ausgelöscht.
Zur Sprachwahl: Einen tollen Vergleich ziehst Du da. Im einen Fall gehts darum, ein bisschen Spaß zu haben und mit ein paar Punkten wieder heim zu gehen, wo dann wieder alles beim Alten ist, im anderen Fall geht es darum, Unschuldige zu töten und Witwen und Waisen zu machen. Hochqualifizierte Profis? Die Leute betteln geradezu darum, weiterballern zu dürfen, dabei werden sie zu keinem Zeitpunkt bedroht. Tolle Profis.
Habe gerade einen guten Artikel gelesen, der sieht das ganze aus Sicht der Medien:
Die Medien haben versagt

Das macht die Veröffentlichung des Videos auf Wikileaks zur Schande für die Mainstreammedien: Entweder sie hatten das Video nicht – weil ihnen die Whistleblower nicht mehr trauen -, oder sie hatten es und veröffentlichten es nicht. Beides ist eine journalistische Bankrotterklärung.

Wieso kommt mir das nur so bekannt vor. :smt011

@Sherman
Ok, danke für die Erklärungen, Du hast offensichtlich mehr Ahnung von Militärsprache als ich, trotzdem stimme ich Deiner Argumentation nicht zu:

Stimmt, einige der Personen waren wohl Bewaffnet, sorry für die versehentliche Falschaussage oben. Die tatsächlich bewaffneten werden allerdings erst spät ausgemacht. Zu Beginn werden die Kameras der beiden Journalisten fälschlicherweise als Waffen registriert. (2:50; 3:19)
Ob das nun ein geplanter Hinterhalt war oder ob das die herkömmlichen Schutzmaßnahmen für Journalisten in einem Krisengebiet waren ist auch unklar, Trotzdem: wären hier „hochqualifizierte Profis“ vorhanden, dann wäre es sicher ein leichtes gewesen, gezielt die tatsächlich bewaffneten auszuschalten bzw. kampfunfähig zu machen (oder wenigstens eine Kamera + Objektiv von einer AK bzw. von einem RPG zu unterscheiden) und so die Lage zu entschärfen. (Einen RPG habe ich auf dem Video übrigens auch nicht entdeckt) Stattdessen wird wahllos alles niedergemäht was sich bewegt, der (augenscheinlich) unbewaffnete Namir Noor-Eldeen wird bei einem Fluchtversuch gezielt erschossen.

Hierbei handelt es sich um den anderen Journalisten, Saeed Chmagh, der ebenfalls von Anfang an unbewaffnet war, auf den aber trotzdem das Feuer eröffnet wurde.
-edit- Und selbst wenn er Gebrauch von einer der Waffen gemacht HÄTTE. Was bitte, kann ein Verwundeter, nicht ausgebildeter mit einem Maschinengewehr gegen einen Apache-Kampfhubschrauber ausrichten?

Du setzt also das Stammtischgeschwätz der hiesigen Fußballfans gleich mit der Unterhaltung zwischen „hochqualifizierten Profis“ im Kriegseinsatz?!

Ich hab wie gesagt nicht die leiseste Ahnung von Kriegsführung aber trotzdem ist ersichtlich, wie unvorbereitet und ungezielt der Angriff gegen die Gruppe durchgeführt wurde. Die Situation wäre sicherlich auch anders lösbar gewesen.

@Twipsy Bin vollkommen Deiner Meinung und werde mir den Artikel mal durchlesen, klingt sehr interessant.

Interessant ist nämlich eben auch, dass das Video nicht etwa von der „Reuters Group plc“ veröffentlicht wurde, bei der die zwei getöteten Journalisten ja beschäftigt waren, sondern von der Internetplattform WikiLeaks.org. Eine Seite, die es jedem ermöglicht, vollkommen anonym Dokumente, Berichte etc. hochzuladen.

Die Unterscheidung Kamera/RPG ist wohl in der Tat nicht ganz einfach. Es gab auch in Gaza leider schon Fälle, in der Kameraleute mit RPG-Schützen verwechselt wurden.

Ich finde an meinem Vergleich weiterhin nichts verwerflich. Beide von mir angesprochenen Soziolekte haben sich in Situationen entwickelt, in denen es in Männergesellschaften um Demonstration von Stärke geht. Sie sind weiterhin beide nur zur Kommunikation mit der jeweiligen Gruppe vorgesehen und nicht, um mit Außenstehenden zu kommunizieren. (Dass zwischen Soldaten und Fussballfans natürlich auch erhebliche Unterschiede vorhanden sind, ist mir klar.)

Hmm…eine sehr unübersichtliche Situation, die man sowohl als geplanten Hinterhalt oder auch als mögliches suchen von Deckung vor dem Apache interpretieren kann. Für mich stellt sich die Sache aber auch so dar, dass ich einen der Kerle mit einer RPG gesehen habe. Ungefähr bei Minute 3.43-3.58 ist ein Typ zu sehen, der etwas in der Hand hält, dass für eine AK-47 deutlich zu lang ist und von seinem Körper halb verdeckt zu sein scheint. Man könnte diesen Gegenstand durchaus als RPG identifizieren und daraus auf eine durchaus gegebene Bedrohung für den Helicopter schließen.
Nicht mal wir, die wir in Ruhe vor dem PC das Video analysieren, können das mit Sicherheit ausschließen; was müssen da erst die Jungs aus der Maschine in ihrer Stresssituation gedacht haben? Dass man da lieber auf Nummer sichergeht, ist für mich nachvollziehbar und verständlich. In der selben Situation hätte ich wohl nicht anders gehandelt, wenn ich mir die normalerweise hinterhältige Kampfweise der Islamisten vor Augen gebracht hätte.

Verwerflich finde ich, dass es in dem einen Fall um ein Spiel geht, in dem anderen um Leben und Tod, du setzt mit deinem Beispiel beides gleich. Den Wert der menschlichen Leben, die sie grade ausgelöscht haben, scheinen die gezeigten Soldaten sehr subjektiv zu betrachten, selbst wenn es sich hier um Terroristen handeln würde, die Soldaten scheinen völlig Wertfrei und ohne Mitleid zu handeln und allein die Situation, aus einem Hubschrauber auf unkenntliche Personen zu schießen ist jawohl sehr fragwürdig.
Und m.W. sind Soldaten sehr wohl darauf ausgebildet vor einem Angriff mit den Außenstehenden zu Kommunizieren. Auch das fällt hier aus.

Ich hab mir das Video jetzt auch mal angetan.
Ich muss sagen, dass das Ganze sehr tragisch ist.
Leichtfertig geschossen kann ich aber nicht beurteilen. Es gibt eine Menge Funkverkehr zwischen Basis und Hubschraubern, dort scheint mir einiges an Rücksprache gehalten zu werden. Die Soldaten schildern nach ihrem Ermessen die Situation und warten auf den Feuerbefehl.
Ich habe weder die Kameras erkannt, noch habe ich die Kinder (noch nicht einmal beim reinzoomen) erkannt.
Dass die Sprache im Militär insgesamt sehr derb ist, sollte wohl klar sein.
Was mich eher mal interessieren würde, warum Journalisten keine Rücksprache mit den Militärs halten, in welchen Gebiet sie sich ungefähr wann aufhalten werden, denn die Basis scheint ja nichts gewusst zu haben.
Alles in allem ein tragischer Zwischenfall bei dem sich mir nicht sofort darstellt wer wo wieviel Schuld hat.

Ich denke wenn sie anders reagieren würden, als hier, wären sie nach drei Tagen im Einsatz zu nichts mehr zu gebrauchen. Diese beiden Soldaten sind ja höchstwahrscheinlich nicht das erste Mal im Einsatz.
Die offensiv nach außen getragene Gleichgültigkeit dient ihnen als Schutzmauer, um nicht an den enormen Anspannungen im Einsatz zu zerbrechen.
@ Chino
Das mit dem Kommunizieren nach außen meinte ich folgendermaßen: Keiner dieser Soldaten würde in einem Gespräch mit der Presse oder der Familie nach dem Einsatz diese Wortwahl verwenden (halte ich zumindest für unwahrscheinlich).
Ich glaube da hattest du mich falsch verstanden.

@Sherman da habe ich Dich tatsächlich falsch verstanden, sorry.

Unglaublich. Das ist alles, was man dazu sagen kann. Wie eiskalt hier schon verwundete Menschen niedergestreckt werden, das ist möglicherweise für Soldaten verständlich, aber Sätze wie “Please let me shoot.” und dümmliches Lachen und Beschimpfungen nachdem man gerade Menschen getötet hat, das ist total unangebracht. Besonders für Profis. Und nichtvorhandene Waffen können sie also genau erkennen bzw von anderen Gegenständen unterscheiden, aber die Kinder im Van hat man nicht gesehn?

Und nichtvorhandene Waffen können sie also genau erkennen bzw von anderen Gegenständen unterscheiden, aber die Kinder im Van hat man nicht gesehn?

Im Krieg geht es nicht darum ob etwas nicht wie eine Waffe aussieht, sondern wenn etwas wie eine Waffe aussieht, dann wird geschossen. Keine Streitkraft der Welt wird das im Kriegsfall (das ist wichtig, Deutschland befindet sich zum Beispiel nicht im Krieg in Afgahnistan) anders handhaben. Ich finde deine Argumentation sehr schlecht. Irgendwelche Hasstiraden anzuschwingen ist beim amerikanischen Militär ein etwas sehr leichter Weg.

Ein schwerer Fall.
Mich hat es beim Sehen schwer angewidert, die Menschen sterben zu sehen. Andererseits kann ich die Situation der Soldaten aber auch nachvollziehen. Man muss sich beim Schauen in die Situation der Soldaten versetzen. Sie werden möglicherweise gleich unter Beschuss genommen (einer hat ja auch gesagt, dass irgendwie gefeuert wurde?), sie sehen die Situation nicht klar, sondern durch eine vergrößernde Kamera von einem sich bewegendem Hubschrauber, unscharf (ich vermochte bei ruhigem Zusehen schon nicht gut zu unterscheiden, wie geht das denn dann bitte Menschen, die sich nicht sicher sind, denen noch die Eindrücke der Höhe etc. bewusst sind (anders als uns), und die möglicherweise gleich angegriffen werden). Eine Tragödie, zweifelsohne. Ich bin auch gegen Krieg in Afghanistan. Ich finde es auch schrecklich, dass harmlose Zivilisten getötet wurden. Aber für mich wurde nicht direkt ersichtlich, dass das Kamerateam zu “harmlose Zivilisten” zu zählen ist - dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man diese subjektiven Kommentare, die am Anfang des Videos stehen, ausblendet. Was soll es bitte, dass mir Kommentare zu den Toten geliefert werden? Das ist dann reiner Objektivismus. Genauso gut könnte man auch die US. Sgts. usw. aufzählen, deren Familien nun nicht verwitwet sind o.Ä.
Die Sache mit dem Van war dann unschön. Ich hab nun wirklich keine Bedrohung durch diesen erkannt und Verwundete müssen weggetragen werden. Was das soll, wurde mir auch nicht ersichtlich.
Der ursprüngliche Feuerakt jedoch ist nachvollziehbar - ich kann es nicht gutheißen, aber nachvollziehen.

Irgendwelche Hasstiraden anzuschwingen ist beim amerikanischen Militär ein etwas sehr leichter Weg.

Sie machens einem aber auch nicht besonders schwer.

Ist das denn Grund genug, den einfachen Weg zu wählen?

Nun ja, es ist einfach. Sie führen einen zum größten Teil ungerechtfertigten Krieg und verheimlichen dabei Kriegsverbrechen und schlimme Fehlentscheidungen vor der Welt. Was gibts dazu groß zu sagen? Ist ja nicht mal so tragisch, dass solche Dinge passiern. Denn die passiern. Sauberen Krieg gibts nicht, das weiß jeder. Aber es ist auch der einfache Weg, hier die Schuld so von sich zu weisen. Denn die tragen sie allein schon durch ihre Anwesenheit in diesem Land.

Ist ja nicht mal so tragisch, dass solche Dinge passiern. Denn die passiern.

Und das ist ja die Quintessence. Sprich du würdest dich nicht so aufregen, wäre es nicht das amerikanische Militär. Und genau hier liegt der Knackpunkt an dem du nicht mal ansatzweise versuchst das ganze objektiv zu betrachten.

ich bin ein wenig Minderheitenmitglied Meinung. Das ist Krieg und kein Ringelpiez mit anfassen. Krieg ist nun mal scheiße und Ungerecht, Brutal und Menschenverachtend. Es gibt keinen Sauberen Krieg und ich will erst garnit wissen was da sonst so läuft. Das waren nicht die ersten Zivilisten und sicher auch nicht die Letzten. Trotzdem ist es gut das es so etwas wie wikileaks gibt damit den Menschen die Illusion von einem Sauberen Krieg genommen wird und der Druck auf die Kriegsparteien anhält. Ob Amerikaner oder Deutsche oder sonst wer alle haben Blut an ihren Händen.