Ich habe eine sehr differenzierte Auffassung zum Thema China und bin weit davon entfernt ein „Systemfreund“ zu sein; eher das Gegenteil. Ich bin aber auch noch nicht in den Knast dafür gekommen, obwohl ich hier meine Meinung vor Ort frei äußere
Da ich jedoch beinahe täglich mit den haarstreubendsten Vorurteilen auseinander zu setzen habe, bin ich bei dem Thema Diktatur (vielleicht etwas zu schnell:cool:) gereizt…ich habe es aber einfach satt, dass die Deutschen ihre Meinung über China von einer handvoll (und mehr sind es wirklich nicht) deutscher Journalisten haben, die gerne alles schwarz-weiß malen.
Den Spiegel habe ich deshalb gewählt, weil er im wissenschaftlichen Diskurs als Paradebeispiel genommen wird, da er mit einer permanent negativen Berichterstattung eine diplomatische Krise zwischen China und Deutschland vor einigen Jahren ausgelöst hat.
Lese ich hier vor Ort in den chinesischen Zeitschriften und Zeitungen über Deutschland ist die Berichterstattung recht ausgewogen. So schreiben sie kritisch über einige Themen, gleichzeitig stellen sie aber auch die positiven Entwicklungen sehr deutlich heraus.
Und das vermisst man in deutschen Medien.
Es ist immer auf der einen Seite die Angst vor der Marktmacht und auf der anderen die Faszination über die Kultur.
Ich kann aber auch gerne Artikel von namhaften Zeitungen wie der Süddeutschen, FAZ etc. posten, wo einseitige Meinungsmache ohne Hintergrundwissen bzw. mit Falschinformationen verbreitet wird.
Ich bin grade vor Ort in China und habe grade heute pünktlich zu Weihnachten sehr negative Erfahrungen mit der politischen Organisation, der Bürokratie und dem Mitläufertum gemacht und würde alle Beamten am liebsten reihenweise mit Klagen überschütten…aber das geht hier leider noch schlechter als das in Deutschland der Fall ist.
Faszinierend finde ich aber im Fernsehbereich (um auf das eigentliche Thema zurückzukommen), das bei Dokumentationen es nur eine geringe Anzahl von gesellschaftlichen Themen gibt. Dort gab es eigentlich nur: Tibet, Olympia, Wanderarbeiter, Ein-Kind-Politik und Todesstrafe und vielleicht noch die Schere zwischen Arm und Reich…und selbst bei diesen Themen ist man nicht wirklich up-to-date, sondern bedient sich alter Klischees, die noch vor fünf Jahren gegolten haben. Aber China verändert sich jedes Jahr rasant und das meiste existiert davon heute nicht mehr.
Und den meisten dürfte es kaum bewusst sein, dass es in China schon einen Mindestlohn gibt (auch wenn er in verschiedenen Provinzen unterschiedlich hoch ist), ab nächsten Jahr soll eine allgemeine Krankenversicherung eingerichtet werden etc. Aber wenn ich wieder mehr dazu schreibe bin ich ja nicht mehr objektiv (kleiner, nicht böse gemeinter Seitenhieb)
Wenn man eine wirklich differenzierte Meinung dazu haben möchte, reicht es nun mal nicht, nur deutsche Medien zu lesen. Entweder man hat Zugang zu der Fachliteratur oder man schaut ab und zu mal in die englischsprachige Pressen. Dort schaffen sie es seltsamerweise besser als in Deutschland.