So fern mir das möglich ist, möchte ich zuerst anführen, dass z. B. die Schulzeit einen guten Vergleich bietet.
Studien und Konzepte wären natürlich besser gewesen, statt die eigene subjektive Erfahrung, die in alle Extreme schwanken kann. Aber nun denn …
Bei mir und ich denke bei vielen anderen auch, war der Unterrichtsstoff nicht gerade das, was man an reiner Bildung mitgenommen hat. Ich war auch einer von den notorischen „Zuspätkommern“ und „Hausaufgabenvergessern“. Dabei muss ich im Nachhinein sagen, dass nicht die Aufgabe ansich so wichtig für meine Zukunft gewesen wäre, sondern wie ich an die Aufgabenerfüllung rangehe. Noch heute plagen mich Termintreue und Glaubwürdigkeit, Eigenschaften, die ich in der Schulzeit hätte erlernen können.
Wie hängen dieser Abschnitt und der folgende Abschnitt zusammen? Worauf möchtest du hinaus? (Ich bin übrigens noch nicht auf die Idee gekommen, für meine Prokrastination die Schule und das Schulsystem verantwortlich zu machen, klingt aber nach einer guten Idee.
Analog dazu stellt vlt. für manche „Two and a Half Men“ eine Art Bildungsfernsehen dar, insbesondere, wenn ich an die Pausen oder Streiche denke (Stichwort soziale Kompetenz). Warum? Weil sie für ihr individuelles Leben Mechanismen, geheime Wünsche oder einfach nur ein Stück Wahrheit erkennen. Natürlich ist das KEIN Bildungsfernsehen, obwohl es einen Bildungseffekt hat.
Das wird man wohl mit jedem fiktionalen Werk können, spätestens wenn wir anfangen, unsere eigene Rezeption dieser zu betrachten.
Ich möchte meine bisherigen Ausführungen damit stützen, dass ich der Meinung bin, Philosophie und Rhetorik gehören absolut in den Unterrichtsplan. Denn was kann wichtiger im Leben / für die Bildung sein, als das, was man fühlt oder ohne Worte verstanden hat, formulieren oder ausdrücken (z. B. durch Tanz oder Musik) zu können?
Das, was du hier als Rhetorik forderst, ist erstmal der normale Deutschunterricht. Bevor man bei Schülern auf die Idee kommt, irgendwelche eh eher pseudo-normativen Regelwerke beizubringen, sollten die doch erstmal die Grundlagen erlernen. Was die Philosophie darin zu suchen hat, erschließt sich mir nicht. Tanz oder Musik sind stark verschlüsselte Kommunikationsformen, da sollte man nun keine Priorität setzen. (Dazu völlig willkürlich, warum nicht Malerei und Gedichte?)
In der Naturwissenschaft ist da natürlich die Mathematik die Sprache – eine Sprache, die viel stärker gelehrt werden müsste (hier empfehle ich WÄRMSTENS „Das Mathe-Gen“ Mathe, wie man es im "Bildungsfernsehen präsentieren sollte und nicht mit irgendwelcher „Operatologie“ oder „Numerologie“ oder zum 1000x Hypotenuse und das ganze, was zwar Mathe ist, es aber nicht ausmacht).
Mathematik noch weiter von der praktischen Anwendbarkeit entfernen? Auf Grundlage eines Motivationsbuches für gescheiterte Nicht-Mathematiker?
Ein Biologieunterricht ist meiner Erfahrung nach zum totalen Laberfach verkommen.
Hängt wohl von dem Lehrer ab.
Ebenso Geschichte, ich wette, die wenigsten haben ein Empathievermögen, welches sie befähigt, überhaupt Geschichte zu begreifen.
Empathievermögen? Geschichte als Wissenschaft sollte quellenbasiert sein, nicht aber auf empathische Spekulationen beruhen.
Auch Sprache wird etwas seltsam beigebracht. Alles geschieht frei nach dem Motto: „Der Langsamste gewinnt“.
In unserem gegliederten Schulsystem? Der Langsamste kommt auf Sonder- oder Hauptschulen und wird völlig aussortiert, damit die schlaueren Kinder auf keinen Fall behelligt werden - und damit auch direkt mal eben vom Arbeitsmarkt ausgeschlosen. Kaum flexible Curricula sorgen auch nicht gerade dafür, dass irgendein Lehrer größer Rücksicht auf langsamere Schüler nehmen könnte. Wie sollte es auch anders sein, in Zeiten wo mal eben auf 12 Schuljahre verkürzt wurde und fast überall nun das Zentralabitur eingeführt wurde?
Das Schüsselwort für einen modernen Unterricht sollte individuelle Förderung lauten, ob nun über- oder unterdurchschnittlich begabt. Leider stellt der Staat dafür keine Gelder zur Verfügung aktuell.
Wenn wir also über Bildungsfernsehen nachdenken, dann müssen wir uns entscheiden. Gewinnt der Langsame oder gewinnt die Sache, wie wir sie uns als menschliche Wesen vorstellen können. Natürlich können wir auch gut und gerne von zwei Bildungsfernseharten (die Graustufen mal außen vor gelassen) einigen, doch dann hast Du nur zu 50 % Recht 
Graustufen mal außen vorgelassen? Ernsthaft? Warum keine ganze Bandbreite von Möglichkeiten abdecken und flexibel bleiben? Der Radikalität der Diskussion wegen auf alles oder nichts zurückgreifen? Wenn selbst Fachaufsätze von Wissenschaftler eine sehr große Flexibilität, je nach Thema und Autor aufweisen können, warum dann nicht Medienprodukte der TV-Sender?
Natürlich, für die Langsamen, die (manchmal unnützes und falsches) Populärwissen mit möglichst viel Meinung haben wollen, ist das Bildungswissen „für Langsame“ geeignet.
Joa, Bildung für Langsame ist für Langsame geeignet.
Wie sieht es aber mit dem anderen aus und muss es nicht noch eine dritte Art geben? Die Art, mit der der Mensch nach unserer humanistischen und christlichen (nicht religiös gemeint, sondern auf die Lehren des Neuen Testamentes) Vorstellung zu einem Souverän erzogen werden soll.
Meinten Sie: Politische Bildung? Ansonsten bezweifel ich gerade, dass die „Erziehung zu einem Souverän“ noch aktuell ist, zumindest in dieser Wortwahl und mit den damit verbundenen wohl eher nur noch historischen Implikationen.
Warum brauchen wir naturwissenschaftliche Akkuranz? Weil diese einfach Naturwissenschaft ausmacht!
Wann glaubst du, lernt ein Mensch mehr? Wann behält er mehr? Wenn du ihm sagst, dass die Lichtgeschwindigkeit 300.000 KM/Sekunde beträgt oder wenn du ihm sagst, dass sie 299 792 458 m/s beträgt? Reduktion der Komplexität kann ein sehr sehr sinnvolles Mittel sein, um den Stoff rüberzubringen. Und häufig ändert eine Reduktion auch nichts an der Kernaussage des Themas und ist damit selbst wissenschaftlich akzeptabel.
Auf Lesch bezogen: Zeige auf, wo er Inhalte soweit reduziert hat, dass wichtige und oft vertretene Theorien der Physik oder Astronomie untergegangen sind. Dass er im Fernsehen keine Vorlesungen gebracht hat, ist klar und selbstverständlich. Solche im TV zu bringen, wäre ja völlige Verschwendung, denn wer Zeit und Muße für so einen Aufwand hat, sollte gleich sich zumindest an der Fernuni Hagen einschreiben.
Damit hätten wir das Thema Bildungsfernsehen etwas seziert und kommen zu dem Schluss, dass die individuelle Wahrnehmung, was Bildung sei, sich durch die menschlichen und gesellschaftlichen Ansprüche in drei Bereiche (Langsame, Wissenschaft und Gesellschaft) einteilen lässt. Natürlich mit Überschneidungen.
Dein Gesellschaftskonzept diesbezüglich besteht aus „Langsame“, „Wissenschaft“ und „Gesellschaft“? Die bewegen sich nicht mal auf der gleichen Materialitätsebene. „Langsame“ ist eine attributive Beschreibung, „Wissenschaft“ ist eine (unspezifische) Denkrichtung und Gesellschaft ist ein Sammelbezeichnung für alles, was der Mensch irgendwie in Gruppen macht.
[Den Rest gekürzt]
Ich würde dir ja recht geben, dass Dokumentationen ruhig auch mal komplexer sein könnten. In den Geschichtswissenschaften kann man das feststellen, wenn so gut wie nie die absolut prägenden Diskurse thematisiert werden und nur eine Leitinterpretation vorgegeben wird. „Wir zeigen, wie es WIRKLICH war“ und ähnliche Aussagen suggerieren ein völlig falsches Verständnis. Aber prinzipiell ist eine große Reduktion immer nötig.
Aber was ist mit Lesch, wo hat er denn Sachen radikal unterschlagen, die ansonsten die Physik oder Astronomie diskutieren? Ich dachte ja eigentlich, dass die Tendenz zu großen Diskursen in den Naturrwissenschaften doch etwas geringer ist, da man einige deutlich wirkungsmächtigere Methoden für Beweise als die Geisteswissenschaften hat. Hat er für deinen Geschmack die verschiedenen Deutungen der Quanten-Theorie nicht präzise genug ausgeleuchtet oder wie?