Thema: Beeinflussung durch einseitige Berichterstattung über China in westlichen Medien
Hi Kim Kaphwan !
Wollte mich nochmal zurückmelden, wenn ich mir Deine Links angeschaut habe. Weiß nicht, ob es Dich noch interessiert, ich geb trotzdem nochmal ein Statement ab, weil ich es versprochen habe.
War im Thread „Olympia-Boykott“ und auf der China-Seite und hab ein bißchen im Forum gestöbert. War schon beeindruckend, die Leute da wußten wirklich eine ganze Menge. Da wurde aus Büchern zitiert, aus arteiprogrammen und und und, aber ständig haben sich alle nur gegenseitig Propaganda vorgeworfen bzw. das die genannten „Fakten“ nicht aus seriösen Quellen stammen. Und so ging es hin und her und am Ende war ich genauso schlau wie vorher.
Altbekannte Schlußfolgerung: solange man nicht selbst vor Ort war, wird es sehr, sehr schwierig mit der Beurteilung. Nun kann man aber nicht jederzeit überall sein und ist gezwungen, auf die Medien zurückzugreifen ( hmh, Binsenweisheit ). Und das habe ich getan und das ist auch ok so. Aber nun hast Du mir auch noch vorgewofen, ich lasse mich von der hiesigen einseitigen Berichterstattung manipulieren und würde nur alles „nachplappern“, was die Medien sagen. Und das hat mich tierisch gewurmt, weil gerade ich immer auf die Manipulation durch die Medien geschimpft habe.
Du warst vor Ort in China und deshalb kann man Deine Argumente, was die verzerrte Berichterstattung angeht, nicht so einfach von der Hand weisen, ohne sie genauer untersucht zu haben.
Ich kann mir z.b. schon vorstellen, daß die kollektive Angst vor der aufstrebenden Wirtschaftsmacht China, die ich bei uns feststelle, sich auch in den Medienberichten niederschlägt und diese verzerrt. Auch eine Manipulation aus politischen oder wirtschaftliche Gründen durch Regierungsinstitutionen oder Industrie halte ich nicht nur für möglich sondern sogar für wahrscheinlich.
Mittlerweile bin ich Dir sogar dankbar, daß Du mich jetzt nochmal sensibilisiert hast aufzupassen, sich nicht zu leicht verführen zu lassen durch die Medien.
Ich werde in Zukunft Berichte aus China kritischer beurteilen.
Aber wenn Du z.b. den Dalai Lama als grenzdebilen Opa bezeichnest, drängt sich mir zumindest der Verdacht auf, daß Du selbst Opfer einer einseitigen und manipulativen Berichterstattung geworden bist, nämlich der durch die chinesische Propaganda. Ich weiß, der Dalai Lama wird angeblich von der CIA bezahlt, um Tibet von China
abzuspalten und somit China zu schwächen ( der CIA ist das unbedingt zuzutrauen. Ob der Dalai Lama da mitmachen würde, weiß ich nicht). Aber während der Dalai Lama ( wie Du weißt, ist er Friedensnobelpreisträger und in aller Welt von politischen, gesellschaftlichen, spirituellen und religiösen Führen anerkannt; und er ist berühmt für
seine offene und herzliche Art ) bei jeder Gelegenheit erklärt, das er das friedliche Gepräch mit der chinesischen Regierung sucht, um über eine Autonomie ( keine Unabhängigkeit!) zu verhandeln und wiederholt seine Landsleute aufgerufen hat, die Gewalt zu beenden, läßt die chinesische Staatspropaganda keine Gelegenheit aus, ihn zu
diffamieren, als Dämonen zu bezeichnen und ihn für die Unruhen verantwortlich zu machen. Hmh, ich denke, hier sprechen die Tatsachen für sich.
Auch wenn Du behauptest, daß 90% der Chinesen hinter der KP stehen, stellt sich mir die Frage, ob Du nicht auch hier wieder selbst Opfer einer verzerrten Berichterstattung bist und diese Zahl nicht eher einer Statistik aus dem chinesischen Staatsfernsehen entstammt. Denn ich bezweifle, daß z.b. die 800 Millionen zählende arme Landbevölkerung geschlossen hinter der Partei steht. Bei den 500 Millionen relativ wohlhabenden Städtern kann ich mir das schon eher vorstellen. Denen gehts ganz gut und die sind bestimmt auch viel empfänglicher für die Parolen aus dem Fernsehen. Aus dieser Bevölkerungsschicht stammen bestimmt auch die vielen merkwürdigen Anti-Kommentare von chinesischen Usern zu den Tibet-Videos, die so auf Youtube kursieren. Denn wenn man die liest, schlägt einem ein eisiger Wind aus übersteigertem Großmachtanspruch,Hass auf den Westen und Nationalismus
entgegen. Hier hat die Propaganda anscheinend gut funktioniert.
Ich war vorhin auf der Webseite der Chinesischen Botschaft in Berlin und da war ein Dokument online einzusehen, in dem so eine Art 50-Jahresplan der chinesischen Regierung vorgestellt wurde. Ich hab mir das durchgelesen und dachte bei mir: ‚Mann, toll, was die alles vorhaben und schon geschafft haben. Das ist echt super! Und alles für das Volk.‘ Also ich habe mich richtig dabei ertappt, wie mir diese Jungs von Zeile zu Zeile immer sympathischer wurden. Und ich könnte mir vorstellen, wenn man auf diese Art jeden Tag vom Staatsfernsehen eingelullt wird ( und kritische Medien gibts ja nicht Dank der Zensur ), dann wird man selbst als kritischer Ausländer vor Ort in China allmählich gebrainwashed, ohne es zu merken, und am Ende glaubt man dann auch noch, daß Tibet zu Recht besetzt ist.
Das soll jetzt keine böswillige Unterstellung sein. Wollte nur die Möglichkeit zu bedenken geben, daß Du in China auch nicht unbeeinflußt warst durch verzerrte oder einseitige Berichterstattung.
Aber wie ich Dich einschätze, ist Dir das klar.
So, habe erstmal fertig.
Mal sehen, ob das hier überhaupt nochmal jemand liest, hehe.
Nachtrag: laut gestriger Pressemitteilungen ist die chinesische Regierung zu Gesprächen mit dem Dalai Lama bereit. Na das ist doch mal was. :smt023