Berichterstattung "Amoklauf" in Denver

Vielleicht nicht für einen eigenen Beitrag, aber für “kurz kommentiert” verwendbar:

Die Berichterstattung über den “Amoklauf” in Denver ist meiner Meinung nach - mal wieder - grottenschlecht.Leider ist hier das Flaggschiff der deutschen TV-Nachrichten keine Ausnahme. Im Bericht der Tagesschau vom 20.07. wimmelt es von Falschinformationen, tendenziösen Andeutungen und Suggestivfrage:

http://www.tagesschau.de/multimedia/sen … 35606.html

  1. Die Tat war lange und sorgfältig geplant und vorbereitet, von einem “Amoklauf” zu sprechen ist hier völlig fehl am Platz.

  2. Der Täter war zwar “maskiert”, allerdings nicht - wie der Bericht suggeriert- als Batman oder eine andere Filmfigur, sonder schlicht mit einer Gasmaske als Schutz vor dem von ihm selbst versprühten Tränengas. Und daß er damit nicht aufgefallen ist liegt nicht daran, daß “viele andere Kinobesucher auch maskiert” waren, sondern daran, daß er NACH Beginn des Films den DUNKLEN Kinosaal durch den HINTEREINGANG/NOTAUSGANG betreten hat.

3.Was soll diese Anmerkung, daß in einem Batman-Spiel (angeblich) auch eine Schießerei in einem Kino vorkommt? Mir ist jedenfalls so ein Spiel nicht bekannt und selbst wenn, wußte man zum Zeitpunkt dieses Berichts noch gar nichts über das Motiv des Täters. Soll hier wieder mal zwanghaft die Verbindung zu Computerspielen hergestellt werden?

Was der Täter für Spiele gespielt hat, wird uns auf jeden noch berichtet. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Das es kein „Amoklauf“ sondern ein „(Terror-)Anschlag“, per Definition, war ; der Meinung bin ich auch.
Heute ist der Jahrestag der Anschläge in Norwegen und auch hier wird wieder mal von „Amoklauf“ gesprochen! :roll:

:ugly

Nach dem Amoklauf bei der Premiere des neuen „Batman“-Films in Colorado hat die Polizei alle Sprengfallen in der Wohnung des Attentäters entschärft

Sie sind sich nicht sicher. Ich habe auch schon Massenmörder, Amokläufer, Attentäter und verwirrter Mann in einem Satz gehört!

Zu 3.

War wieder klar, holen wir uns mal wieder die teuflischen Computerspiele mit ins Boot. :smt011

Zum Thema Batman-Spiel und Kino siehe Spoiler.
[spoiler]Der Endkampf vom Batman-Spiel “Arkham City” ist in einem Theater/Kino:
[video]http://www.youtube.com/watch?v=Sn4Weq0CTqI[/video]
Edit: Gerade nochmal das Video bis zum Schluss angesehen. Ok, er fängt dort an, endet ein Stockwerk tiefer.[/spoiler]

@Zafford

OK, das kannte ich nicht. Nichtsdestotrotz ist dieses Setting nicht mit der Situation in Denver zu vergleichen. Reine Effekthascherei meiner Meinung nach und hat in einem serösen Bericht über so ein Ereignis nichts zu suchen.

  1. Die Tat war lange und sorgfältig geplant und vorbereitet, von einem „Amoklauf“ zu sprechen ist hier völlig fehl am Platz.

Ich will die ARD jetzt nicht groß verteidigen, habe die letzten Tage keine Tagesschau gesehen, aber in den Medien/in der Gesellschaft wird alles mit Waffen als Amoklauf bezeichnet, Erfurt war ja auch geplant, Columbine auch, trotzdem „Amoklauf“.
Würde aus (diesem zugegebenermaßen Fehler) der ARD jetzt aber keinen Strick drehen.

Das ist richtig und stört mich ebenso.Aber weil alle anderen denselben Fehler machen, bleibt es dennoch ein Fehler und macht die Sache nicht besser. Im Gegenteil, gerade bei solchen Details könnten sich die ÖR von den anderen Sendern wohltuend abheben und sich als "Qualitätsmedium"profilieren.Stattdessen erleben wir eine immer weiter fortschreitende Boulevardisierung der Nachrichtensendungen.

Ich hab den Bericht in der Tagesschau auch gesehen, und hab mir schon gedacht dass da ne Menge Fehler drin sind. Der Bericht ist nämlich schon in sich nicht konsistent.

Erst wurde davon gesprochen, der Täter sei maskiert gewesen und dadurch nicht aufgefallen - soweit verständlich.
Dann wird aber erklärt, der habe eine Gasmaske getragen. Gut, man kann sich auch mit einer Gasmaske maskieren, aber unauffällig bleiben klappt mit einer Gasmaske eher nicht. Also entweder Gasmaske ODER Batman-Kostüm, beides geht schlecht.

Der Teil mit dem Computerspiel ist auch ziemlich nebulös. Der Verweis kommt vollkommen aus dem Nirgendwo, führt auch nirgendwo hin und ist faktisch auch noch falsch - die angesprochene Szene findet zwar in einem Kino/Theater statt, ist aber keine Schießerei und beinhaltet - meines Wissens - auch keine größere Menge Unschuldiger. Insofern gibts da außer dem Ort praktisch keine Parallelen.
Ich bin mir ziemlich sicher, im letzten Moment hat noch irgend ein Redakteur gesagt “Amoklauf? Da muss was mit Computerspielen rein! Googelt mal ‘Batman’ ‘Computerspiel’ und ‘Kino’, schaut obs da was gibt und baut irgendwo nen Satz dazu ein!”

Aber so ist das leider immer mit Amokläufen. jeder will als Erstes mit spektakulären Infos und Bildern glänzen, also nimmt man jede billige Vermutung und jedes über 5 Ecken verbreitete Gerücht und verkauft es erstmal als Fakt. Ist doch bisher immer so gewesen, bei dem Anschlag in Norwegen vor einem Jahr waren ja auch sofort die Islamisten schuld, obwohl man nichts von dem Täter wusste. Ich erinnere mich, bei irgend einem Amoklauf an einer Schule wusste man schon, dass der Täter “Gewaltspiele” spielt bevor man wusste, wer der Täter überhaupt ist. Von irgendwelchen gephotoshoppten Bildern und Videos aus dem Internet, die als authentisch verkauft werden, wollen wir mal gar nicht reden.

Die öffentlich-rechtlichen könnten hier an dieser Stelle mal mit echtem Journalismus kämpfen - aber wozu, da müsste man sich ja anstrengen und die Kohle von den Gebühren fließt so oder so. Ich bin gespannt, ob sie wenigstens den Anstand haben die ganzen Falschinformationen mal irgendwann richtig zu stellen (und damit meine ich, nicht einfach irgendwie mal das richtige zu berichten, sondern zugeben dass man sich geirrt hat).

Die Spielzeugindustrie hat offenbar sehr schnell auf den Trend reagiert. Heute morgen habe ich im Kinderprogramm einen Werbespot gesehen für ein Spiderman-Kostüm mit Spinndrüsen am Handgelenk und direkt danach wurde eine rote Platikwumme mit Gelmunition (“Vapor”) beworben, mit der man ohne Nachladen durchballern kann. Ob man beide Produkte mit ins Kino nehmen darf, wurde allerdings nicht gesagt.

@wvsgnovize:
Im Bezug auf die Berichterstattung an sich ist dem nichts hinzuzufügen.

Allerdings finde ich die Begriffe Amoklauf und Attentat in diesen Zusammenhängen (auch wie angesprochen bei den Anschlägen von Brevik) mehr als nebulös.
Was heißt denn Amoklauf? Ist das jetzt die Bezeichnung einer nicht geplanten Tat eines geistig gestörten Menschen? Oder der fachlich anerkannte Terminus: Solange es irgendwie mit Computerspielen zu tun hat,…

Lässt der Begriff Amoklauf nicht die politische Komponente aus? Bedeutet das nicht, dass die ausgeführte Tat keinen politisch/ideologischen Grund hat - Dann könnte man Brevik nicht als Amokläufer bezeichnen…

Worauf ich eigentlich hinaus will: Gesetzt dem Falle, die Definition Attentat (geplant) und Amoklauf (ungeplant) würde wie angesprochen Verwendung finden - Dann KANN ein Journalist mit gutem Gewissen Niemals in den ersten Stunden nachweislich von einem Attentat reden, oder nicht? Die Zusammenhänge werden doch erst bei den Ermittlungen deutlich, spätestens Stunden bzw. Tage nach der Tat.
Welchen Begriff soll er dann verwenden? Soll er erst von einem ungeplanten, durch einen psychisch labilen Menschen ausgelösten Amoklauf sprechen - Oder gleich beim kleinsten Verdacht von einem politisch/religiös/ideologisch motivierten Anschlag?

@Klaus
Wäre der Tagesschaubericht erst kurz nach der Tat enstanden, würde ich dir Recht geben.Freitagabend war allerdings schon lange klar, daß das Ganze lange geplant und vorbereitet war.

@Thunder77:
Meine Gedanken waren auch grundsätzlicher Natur, ich habe dir nicht widersprochen :wink:
Wenn schon längst feststand, das es geplant war - dann darf ja erst recht nicht von einem Amoklauf die Rede sein…

Aber so ist es doch nun einmal. Und daran sind auch die Zuschauer schuld. Denn wir wollen doch auch möglichst schnell wissen was los ist. Und warum, und weshalb. Und bei Nachrichten , ob Print oder Online wird sowieso immer weniger kontrolliert, da man ja nie schnell genug sein kann…
Das fängt bei Rechtschreib/Grammatik/Logikfehlern an und hört bei unkontrollierte Informationen, die unreflektiert übernommen werden wieder auf. Nachher kann man ja immer noch einen Nachtrag machen…

“Die Welt” weiß nun auch dass der Täter “Techno” hörte: http://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article108357688/In-Holmes-moerderischer-Wohnung-lief-Techno-Musik.html

Ich finde es auch immer wahnsinnig relevant welchen Musikgeschmack oder welche Videospielvorlieben die Täter hatten.

In dem Artikel geht es aber nicht um den Musikgeschmack des Täters sondern lediglich darum, dass er laute Musik angemacht hat um potentielle Opfer für seine Sprengfallen anzulocken.

Es ging mir um den reißerischen Titel des Artikels, der dieses suggerierte.

Was soll man von der „Welt“ auch erwarten. Quasi die Bild-Zeitung mit mehr Text.

Sicher, über den Rest kann man streiten, aber diese Amoklauf-Thematik nervt irgendwie. Es ist unglaublich mitfühlend, wenn nach einer solchen Tat die Leute darüber debattieren, ob es sich nun um einen Amoklauf handelt oder nicht.

Ich möchte Information. Bringt mir die 5 Ws und erklärt mir hinterher noch - sollte ich Interesse haben - Hintergründe. Mehr brauch ich nicht. Keine Interpretationen, nur harte Fakten. Das ist wie schwarzer Kaffee. Pur. Fertig.

Aber das kriegt man kaum noch heutzutage…

Diese schwammigen Texte in den Printmedien kann ich schonmal gar nicht ab. Ja, ich weiß, sie müssen ein gewisses Maß an Mindestzeichen schreiben und daher kommen schon so manche dämlichen Sätze zusammen. Wortwiederholungen sind ja auch doof, darum wird auch schonmal nach anderen Wörtern gesucht, die entfernt verwandt sind. Trotzdem ist es eine Zumutung.

Ja, aber Fernsehnachrichten sind keineswegs besser… klar, kürzer, aber dafür mit ebenso vielen Reininterpretationen und was weiß ich alles…

Ich bin schon auf die nächste Schlagzeile gespannt (oder auch nicht). “Täter kaute Nägel. Litt er unter einer Angststörung?” So oder ähnlich könnte es jedenfalls bald lauten.

Die Amerikaner können in diesem Zusammenhang ja auch ordentlich auf die Tränendrüse drücken und die deutschen Medien nehmen die Story natürlich auf.

Jessica’s Story

Hier geht es um die 24-jährige Jessica Ghawi, die unter den Opfern des Massenmords im Kino ist. Erst vor knapp sieben Wochen war sie einer Schießerei in einem Einkaufszentrum in Toronto nur knapp entkommen.

Oha, bei der Anspielung auf diese Szene aus Arkham City hab ich mich fast am Kaffee verschluckt. Abgesehen davon, dass man wirklich nicht von einer Schießerei wie dort sprechen kann, was ja bereits erwähnt wurde, sehe ich keinen Zusammenhang zu diesem Vorfall, der diese Erwähnung rechtfertigt.
Ich kann es teilsweise nachvollziehen wenn z.B. Ego-Shooter als Sündenbock herhalten müssen. Für Leute, die noch nie ein Videospiel gespielt haben und nur von Außen zusehen, ist es eine logische Schlussfolgerung, die Interaktivität dieses Mediums so zu interpretieren. Allerdings fällt diese meistens in die Kategorie Bullsh*t. :smt023

Jedenfalls verstehe ich nicht wie durch dieses Spiel ein Amokläufer herangezüchtet werden soll, denn der Protagonist verprügelt einfach nur Kriminelle, oder setzt diese leise außer Gefecht. Er spricht sich sogar, typisch für den Charakter, direkt gegen das Töten von Menschen aus - egal wie böse sie sind.
Soll sich der Täter dann lediglich einen der Bösewichte des Spiels (in dem Fall also der Joker) zum Vorbild genommen haben? Wenn es danach geht, wäre es logischer die Comics zu erwähnen, statt ein Videospiel, welches der Täter wohl nicht einmal gezockt hat. Korrigiert mich wenn ich mit letzterem falsch liege, heutzutage ist es ja sehr wichtig was ein Mörder in seiner Freizeit gemacht hat, unabhängig davon, ob dieses Hobby millionen andere Menschen auch ausüben… :roll:

Verdammt, aus dieser Sicht können wir gleich aufhören Geschichten mit gewalttätigen Antagonisten zu schreiben - sie könnten ja einer kranken Seele als Vorbild dienen…

Sorry, aber bei sowas gerate ich als Fangirl einfach in Rage. :ugly Wahrscheinlich handelt es sich einfach nur um eine schlecht geschriebene/recherchierte Überleitung eines boulevardesk-anmutenden Beitrags, statt indirekter Stimmungsmache gegen Games. Ist aber auch nicht viel besser. Ich würde jetzt noch darüber schreiben wie kontraproduktiv solche Zusatzinformationen in einen Beitrag über ein solch schreckliches Ereignis sind, aber im Thread Informationssperre bei Amokläufen/Terroranschlägen von Lee wurd dazu ja schon einiges gesagt. :smt006

  1. Die Tat war lange und sorgfältig geplant und vorbereitet, von einem „Amoklauf“ zu sprechen ist hier völlig fehl am Platz.

Laut Wikipedia halten die Sozialwissenschaftler die WHO Definition eines Amoklaufs für überholt. Die Neudefinition würde auch eine geplante Tat als Amoklauf korrekt bezeichnen. [1]

  1. Der Täter war zwar „maskiert“, allerdings nicht - wie der Bericht suggeriert- als Batman oder eine andere Filmfigur, […]

Da bin ich mir nicht ganz sicher… Hans Clarin würde im Grab rotieren.

:wink: [attachment=1]pumuckl2.jpg[/attachment][attachment=0]Colorado-shooting-suspect-James-Eagan-Holmes-sits-with-public-defender-Tamara-Brady-during-his-first-court-appearance-in-Aurora.jpg[/attachment]