Berichterstattung über den NSU-Prozess

Ja gut das geht schon in Ordnung, das Wichtigste zum siebten Verhandlungstag steht doch immerhin in der Überschrift:

„Beate hat nie einen der Uwes auf den Mund geküsst“

[QUOTE=bstea;306227]Ich las grad den NSU Ticker auf WO[/QUOTE]Mieser Ticker, nicht mal das Endergebnis ist irgendwo deutlich hervorgehoben…

Heute wurde ja mal wieder die Einstellung des Verfahrens gefordert, ua wegen der ganzen V-Leute im Umfeld des NSU. Beim NPD-Verbotsverfahren konnte ich ja noch nachvollziehen, dass das zum großen Teil eine vom VS geführte Partei war, aber ich glaube in diesem Fall ist das doch etwas anderes.

[SPOILER]VERBOTEN
Guten Tag,
meine Damen und Herren!

Im NSDAU-Prozess vor dem
Oberalliiertengericht (OAG)
Nürnberg hat die Verteidigung
des mutmaßlichen Kriegsver-
brechers Hermann Göring die
Einstellung des Verfahrens be-
antragt. Vertreter der Alliierten
hätten eine „beispiellose Vor-
verurteilung“ seines Mandan-
ten vorgenommen, sagte An-
walt Hans Filbinger. Zudem sei-
en bei diversen Luftangriffen
der Royal Air Force und dem
Kampf der Roten Armee um
Berlin zahlreiche Akten vernich-
tet worden. Das Verfahren müs-
se „wegen unheilbarer Verfah-
renshindernisse“ eingestellt
werden, sagte Filbinger.

Die Nürnberger Siegerjustiz
lehnte den Antrag ab.[/SPOILER]

Heute im Mittagsmagazin auf ARD:

So muss Qualitäts-Journalismus. :roll:

Bitte bleibt beim Thema. Danke

In Sachsens VS tauchen mal wieder NSU-Akten auf und ein Bauer wird verschoben: Vizechef nimmt Schlapphut

In BaWü versuchen LKA und LfV hartnäckig nichts von frühen Hinweisen und wichtigen Zeugen zu wissen: nsu-ausschuss-blamiert-die-polizei

Es gibt (gab) jetzt schon NSU-Fanartikel. :shock:

Nachdem nun alle Medien (bis auf die Nationalzeitung) reumütig geschworen haben, dass ihnen nach der NSU-Sache nie wieder ein Nazimord einfach so durch die Lappen gehen möge, stelle man sich Folgendes vor: auf einem bayerischen Dorffest wird ein 34-Jähriger Kasache von einem polizeibekannten Neonazi unter ausleinderfeindlichen Parolen totgeschlagen und keiner kriegt’s mit. Gibt’s nicht? Gibt’s doch. Diese Nachricht hat es grad mal in die Lokalnachrichten gebracht. Auch das nach eigenem Bekunden größte Expertenblatt in Sachen Rechtsextremismus, der Tagesspiegel, hat davon nichts berichtet.

Unterdessen in München: Polizei entfernt Journalisten von Neonazi-Party. Problem erkannt, Problem gebannt.

Hierbei handelt es sich inzwischen bayernweit um eine Strategie, die auch Neonazis bekannt ist. Umso heftiger sie Journalisten attackieren, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Polizei in Journalisten ein Sicherheitsrisiko sieht und sie dem Platz verweist.

Nun die Polizei war halt auf dem rechten Augen schon immer ein wenig blind.

Wenn man sich den Bericht in der Süddeutschen ( http://www.sueddeutsche.de/bayern/kaufbeuren-neonazi-pruegelt-kasachen-zu-tode-1.1726448 ) zu dem Mord in Kaufbeuren durchliest fällt vor allem dieser Absatz auf:

[I]“Die Münchner Anti-Neonazi-Initiative Aida kommentiert den Vorfall in Kaufbeuren am Freitag. “Nach dem Mord hat die Polizei in der Pressemitteilung zuerst den rassistischen Hintergrund der Angriffe und den rechten Hintergrund des verhafteten 36-Jährigen verschwiegen”, heißt es auf ihrer Webseite. In einer ersten Pressemitteilung der Polizei war von den rechtsradikal motivierten Taten des Schlägers nichts zu lesen.”[/I]

Aus den NSU Pannen scheint man wenig gelernt zu haben.

Das Thema hatte hier zwar nicht soviel Resonanz, ich verlinke aber trotzdem nochmal zwei - wie ich finde bedenkenswerte - Artikel.

NSU: die Angst der Zeugen: Die vermutlich spektakulärste Befragung im NSU-Prozess steht an: die Vernehmung des baden-württembergischen Polizisten Martin Arnold, der auf der Heilbronner Theresienwiese schwer verletzt wurde. Von ihm erwartet man Aufklärung über die noch immer ungeklärten Hintergründe dieses NSU-Anschlags. Eine Einschätzung des renommierten Rechtsextremismus-Experten Professor Hajo Funke.

“Wie prekär es um die Sicherheit in Baden-Württemberg inzwischen bestellt ist, mag auch die öffentlich zugängliche Debatte um den angeblichen “Selbstmord” eines jungen Mannes, Florian H., zeigen, der über sein Wissen zum NSU dem Landeskriminalamt berichten sollte und Stunden vorher – am 16. September 2013 – in seinem Auto verbrannt aufgefunden wurde. Die These vom Selbstmord aus Liebeskummer faktenfrei polizeilich mitzuteilen ist Ausdruck beklemmender und sicherheitsgefährlicher Unprofessionalität. Sie zeigt einen tief verankerten Aufklärungsunwillen.”

Weiter: “Die Zweifel gegenüber den Sicherheitsbehörden dürften sich im Zuge des Jahres 2014 aufgrund neuer Ermittlungen und neuer Entdeckungen schnell ausweiten. Das monatelange Klein-Klein zwischen dem Parlamentarier Alexander Salomon (Grüne) und dem Innenminister Reinhold Gall (SPD) darüber, welche Fragen für einen etwaigen Untersuchungsausschuss legitim seien, ist dagegen weder Ausdruck der Souveränität des Parlaments als Kontrollinstanz noch eines souverän um Aufklärung bemühten Ministers.”

Aufklärung nicht erwünscht? Und mit ‘Corelli’ hat ja kürzlich ein weiterer wichtiger Zeuge einen originellen Tod gefunden…

Land im Ausnahmezustand NSU: Die Nichtaufklärung zeigt, wie der “tiefe Staat” in Deutschland funktioniert, mitsamt seinen parlamentarischen Wasserträgern

"“Oh Herr”, heißt es in einem 1905 erschienenen Gedicht Rainer Maria Rilkes, “gib jedem seinen eignen Tod.” Einen Tod ganz eigner Art fand kürzlich ein Mann, der unter dem Tarnnamen “Corelli” bekannt war und Ende März plötzlich, aber kaum unerwartet tot in seiner Wohnung in Paderborn aufgefunden wurde. Als Todesursache gab die Polizei den Klassiker aller unaufgeklärten und nicht aufzuklärenden Todesfälle bekannt: einen “unentdeckten” Diabetes. Ein veröffentlichter Obduktionsbericht liegt nicht vor.

Tatsächlich hieß “Corelli” Thomas R. und war einer der bestbezahlten V-Leute des Bundesamtes für Verfassungsschutz in der rechtsextremen Szene. Dass sowohl die Polizei als auch das Bundesamt für Verfassungsschutz bei der Aufklärung mauern, erstaunt nicht. Sollte doch “Corelli”, der eng mit dem Kopf des NSU, Uwe Mundlos, bekannt und in einem Zeugenschutzprogramm untergebracht war, demnächst zum NSU befragt werden.

“Corellis” Tod beschert jener größtmöglichen Koalition aus CDU, SPD und - ja! - selbst ernannter Bürgerrechtspartei Die Grünen eine Atempause. Sind es doch die Grünen, die vor allem in Stuttgart, wo sie regieren - aber auch seinerzeit im entsprechenden Bundestagsausschuss in Berlin-, alles daransetzen, eine rückhaltlose Aufklärung zu hintertreiben. Frauen und Männer in allen Parteien bestätigen wie immer als Ausnahmen die Regel."

“Die nicht anders als kriminell zu bezeichnende Energie aber, mit der die Sicherheitsexekutive und ihre parlamentarischen Wasserträger die Aufklärung des NSU-Skandals verhindern wollen, gefährdet die bundesrepublikanische Verfassung, unterhöhlt das Vertrauen der Bürger in die Demokratie und schafft eine Sphäre jenseits des Rechtsstaates. Beim Nato-Partnerland Türkei ist treffend von einem “tiefen Staat” die Rede, einer jenseits der oberflächlich funktionierenden modernen Verwaltung wirkenden Koalition aus Militär, Geheimdienst und Polizei. Die deutsche Situation stellt sich noch dramatischer dar, führen doch hier nicht nur Dienste und Behörden ein politisch unkontrolliertes Eigenleben, sondern die gewählten demokratischen Institutionen selbst schirmen dieses Eigenleben vor der Öffentlichkeit ab.”

Noch mal ein Artikel aus Kontext: Wenn die Zeugen sterben

Behandelt werden u.a. die Aktivitäten des Neonazi-Aktivisten, V-Mann und Top-Zeugen Thomas Richter (der kurz vor einer erneuten Vernehmung mysteriös verstarb), und das Geflecht um NSU, KKK und baden-würtemberger Polizei (“V-Mann kannte Vorgesetzten und Mörder von Kiesewetter”). Grün-Rot wehrt sich standhaft gegen einen PUA; warum?

In den Kommentaren fand ich auch einen link auf einen Telepolis-Artikel, der dem Deutschland-Radio einen schlechten Umgang mit anderen Meinungen als “alles gut” attestiert: “Der Moderator bedauert den Verlauf des Gesprächs”