Die Medien vergessen bei ihren gründlich recherchierten Berichten leider immer wieder, dass ein Mensch niemals Teil bloß einer Kultur ist. Wer weiß, vielleicht hat er ja auch täglich die Bild gelesen oder Nachmittags RTL geguckt? Das Leben und sich bewegen innerhalb einer Kulturgemeinschaft prägt die Menschen genauso wie ihr familiäres Umfeld, sonstige soziale Netzwerke, z.B. innerhalb der Schule oder bei der Arbeit und zahlreiche andere Einflüsse (Habe ich überhaupt einen Job, bzw. eine Zukunftsperspektive?, etc.).
Es ist einer der wesentlichen Aspekte in der empirischen Sozialforschung, dass man lernt Wirkungszusammenhänge nur dann für valide zu erklären, wenn man alle möglicherweise das Ergebnis beeinflussende äußerliche Faktoren entweder eliminiert oder sie entsprechend zur Kenntnis genommen und in der Auswertung dementsprechend erwähnt hat. So kann ich z.B. auch nicht pauschal sagen, dass der Verzehr von Tomaten aggressiv macht, wenn ich als Testperson auf der einen Seite einen Jugendlichen nehme, der schon in der Kindheit von den Eltern geschlagen wurde und deswegen im Heim untergebracht ist, während meine andere Testperson ein junges Mädchen ist, das zu hause bei ihren Eltern wohlbehütet in einem Einfamilienhaus lebt.
Aber eine Schlagzeile wie “Der Mangakiller schlägt zu!” klingt halt besser als “Gesellschaft macht Jugendlichen zum Mörder!”.
Mein Mitgefühl an dieser Stelle gilt natürlich den Angehörigen des Mädchens, die sicherlich auch nach dem “Warum?” fragen und für die eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Tatmotiv wahrscheinlich auch weitaus besser bei der Trauerarbeit hilft als billige Polemik.
Mir ist auch unbegreiflich wie sich Psychologen, oder zumindest welche, die es gerne wären, für so eine hetzerische Berichterstattung zur Verfügung stellen können.
Wie man es dreht und wendet, die Medien haben bei der Aufarbeitung dieses Falles mal wieder gründlich versagt. Aber nicht nur da, die Bezeichnung des Opfers als “Kulleraugen-Girl” geht für mich auch weit über eine ethisch vertretbare Grenze hinaus. Hinzukommt, dass durch diese Art der Berichterstattung natürlich auch der ein oder andere Streit zwischen den Jugendlichen und zu unrecht verunsicherten Eltern vorprogammiert ist. Anstatt sich gemeinsam mit den Kindern/Jugendlichen dem Thema zu nähern, hört man lieber auf die Medien und verunglimpft gleich einen ganzen Kulturkreis.
Richtig so, liebe Medien. Gegen irgendwas muss man ja sein und gegen Ausländer hetzen, das darf nur unser Innenminister.