"Behinderte" oder "Menschen mit Behinderungen"

Hallo zusammen.

Mir ist im Rahmen der GEZ-Diskussion immer wieder aufgefallen, dass der Holger immer wieder von „Behinderten“ redet. Ich selber war mal mit der Schule zu Besuch in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen und dort wurde uns erklärt, dass sich Menschen mit Behinderungen durch die Bezeichnung „Behinderte“ auf die Behinderung reduziert fühlen, daher habe ich dem Holger eine kurze E-Mail geschrieben.

Holger entgegnete dazu:

Aber in „Menschen mit Behinderung“ steckt das Wort behindert doch auch drin - ich halte das daher für Quatsch, sorry…

Da ich abgesehen von diesem Besuch dieser Einrichtung noch relativ wenig mit Menschen mit Behinderungen in Kontakt gekommen bin, kann ich hier nicht wirklich gut Argumentieren.

Aufgefallen ist mir jedoch, dass beispielsweise in politischen Einrichtungen fast ausschließlich von Menschen mit Behinderungen die Rede ist:
http://www.arbeitsagentur.de/nn_26198/N … n-Nav.html
http://www.bmas.de/DE/Service/Publikati … -mens.html
https://www.berlin.de/lb/behi

Meiner Meinung nach könnte man die Bezeichnung „Behinderte“ mit Bezeichnungen wie „Neger“ vergleichen - früher viel Verwendet, heute nicht mehr politisch korrekt („Neger“ ist natürlich noch eine Nummer drastischer als „Behinderte“).

Wie seht ihr das? Ist meine Einstellung dazu etwas überzogen oder sollte Holger in Zukunft die Bezeichnung „Behinderte“ besser durch „Menschen mit Behinderungen“ ersetzen? Vielleicht liest das hier ja auch jemand, der mit der Situation besser vertraut ist.

Ich hab dem Holger mal den Link zu diesem Thread zurückgemailt.

“Behindert” ist doch voll in Ordnung. Ich bin auch Informatiker und will nicht " Mensch mit informationstechnischer Ausbildung" genannt werden…

Mit Neger ist das doch was ganz anderes, da sagt man heute schwarzer und auch nicht " Mensch mit schwarzer Hautfarbe". Warum sollte etwas besser sein, bloss weil man gleich einen ganzen Satz bilden muss anstatt ein Wort zu sagen? Wenn ich von behinderten rede dann ist doch klar, dass damit Menschen gemeint sind und keine Enten…

dass sich Menschen mit Behinderungen durch die Bezeichnung „Behinderte“ auf die Behinderung reduziert fühlen,

Ich habe zu diesem Thema meine Katze befragt. Sie sagte mir, dass sie sich durch die Bezeichnung „Katze“ auf ihre Kätzigkeit reduziert fühle. Stattdessen bevorzuge sie „Lebewesen mit Katzengenom“.

“Behinderte” oder “Menschen mit Behinderung” ist doch dasselbe!
Wieso soll denn die Bezeichnung “Behinderte” Menschen alleine auf ihre Behinderung reduzieren?
“Menschen mit Behinderung” sagt in keinster Weise etwas anderes aus, ist sprachlich nur umständlicher.
Der Begriff “Behinderte” wird doch im allgemeinen meist nur dann gebraucht, wenn es allgemein um körperliche Beeinträchtigungen geht!
Wenn das sich Gespräch über ihn z.B. um seinen Glauben dreht, spielt die Behinderung ja schließlich keine, oder nur eine untergeordnete Rolle.
Wer etwas anderes behauptet, muss sich vorwerfen lassen, die deutsche Sprache nicht kapiert zu haben!

Ich finde “Menschen mit—” behindert. Damit erreichen die doch genau das Gegenteil. Ich bin mir ja selber nicht mal sicher ob “Menschen mit–” überhaupt Menschen sind… ich meine wenn jemand offensichtliches ständig wiederholt, ist er entweder bekloppt oder er will was verheimlichen.

Erinnert mich an die typisch holprigen Sprachsteine, um einen normalen Umstand möglichst wenig Projektionsfläche für angeblichen Rassismus, Fremdenhass oder Frauenfeindlichkeit zu bieten. Dass dies normalerweise kompletter Blödsinn ist, steht außer Frage. Klar, “Behinderter” oder das damit verbundene Verb werden von einigen PersonInnen nicht in seiner “linguistischen Definition” verwendet, aber “schwul” wird das auch, soll man deshalb jetzt “Person männlichen oder weiblichen Geschlechtes, die sich (sexuell und vom Standpunkt Liebe aus betrachtet), dem gleichen Geschlecht zugeneigt fühlt”? Gleiches Muster, aber noch dämlicher.
Zudem bezweifle ich, dass ein Großteil der MenschInnen mit Behinderung(en) sich von “behindert” oder “Behinderter” beleidigt fühlen, so wie einige maximalpigmentierte MitbürgerInnen sich selbst als “Nigge®” bezeichnen.

Vollkommen Banane, ob man jetzt “Epidermis” oder “Oberhaut(schicht)”* sagt, unterm Strich ist es dasselbe.

*) Ja, meine lieben Freunde der Biologie und Medizin, selbstverständlich wird der Epidermis nur bei Wirbeltieren Oberhaut/obere Hautschicht gleichgesetzt!

Kommt wohl eher auf den Kontext an.
Blinde, Taube, Rollstuhlfahrer etcp., sind nun mal Behinderte. Ebenso geistig, ich weiß nicht wie ich es schreiben soll, also Menschen, die einen sehr niedrigen IQ haben und in Behinderten-Werkstätten arbeiten, sind eben behindert. Sie sind auf andere Menschen angewiesen, eben weil sie eine Behinderung haben und auf Hilfe von Außen angewiesen sind.
Wie soll man, deiner Meinung nach, die Behinderten sonst nennen? Sie sind Behinderte, weil sie eingeschränkt sind und an etwas ge-hin-dert werden. Das ist nun mal so, egal wie man es dreht und wendet und politisch korrekt drumherumreden möchte.
Wie würdest du denn eine “Behinderten-Werkstatt” nennen?

Anders sieht es aus, wenn jemand zu einem sagt “Alter, bist du behindert!?”, obwohl das auch eine Floskel ist. oder “Ey, deine Mutter/dein Vater (generell mal Familienangehörige), is ja voll behindert.” Ganz schlimm: “Spasti” und andere Beispiele. Da sehe ich eine Abwertung, aber ansonsten?
Übrigens gibt es auch sogenannte ‘Einarmige Banditen’, vorzugsweise in Las Vegas. Wie soll man dazu stehen?
Ich mein… hä? Hm.
Mir erschließt sich dein Problem nicht, tschuldigung, aber vielleicht kann es ja jemand verstehen und mal die Sichtweise, vielleicht sogar aus dem Blickwinkel seiner eigenen Behinderung, schildern.

Es geht darum ob das Wort “Mensch” vorne steht:
Die Behinterten spielen Fussball.
Die Menschen mit Behinderung spielen Fussball.
Ist schon eine Reduzierung auf eine Behinderung.

Solage das Wort “Behinderte” nicht als Beleidigung (Gossen-/Schülersprache - “Du behinderter Asi” “Alter bist du behindert” etc.) gedacht sondern sachlich (“Die (Geh-) Behinderten brauchen einen Fahrstuhl” etc.) ist es meiner Meinung ok.

Okay, dann sehe ich das ein. Dieser Besuch war halt eine prägende Erfahrung gewesen, vielleicht reagiere ich deshalb etwas über.

Die Behinterten spielen Fussball.
Die Menschen mit Behinderung spielen Fussball.
Ist schon eine Reduzierung auf eine Behinderung.

EIn gutes Beispiel. Da sich im zweiten Satz folgende Frage stellt: Warum ist es notwendig zu betonen, dass die Menschen die Fußball spielen eine Behinderung haben?
Wenn es irgendwie notwendig ist, dann tut es auch der erste Satz.

Wenn es nicht notwendig ist, dann sollte man vollkommen auf den Hinweis darauf verzichten.

Sprich: Entweder ist es im Kontext irgendwie von Bedeutung das die Personen eine Behinderung haben. Dann ist es egal ob ich „Mensch mit Behinderung“ oder „Behinderter“ sage. Oder es ist nicht von Bedeutung dann sollte ich die Behinderung auch nicht als besonderes Merkmal hervorheben.

Ich kommentiere ja auch nicht bei jedem Fußballspiel: Der schwarzhaarige Spieler X hat den Ball. Es sei den ich kann durch die Betonung der schwarzen Haare dafür sorgen, dass derjenige dem ich das sage einen besseren Überblick über das Spiel bekommt.

In dem Sinne Informationen auf ihre Notwendigkeit überprüfen und schon weiß ich ob ich damit diskriminiere oder nicht. Wenn es von Bedeutung ist zu betonen, dass eine Person einer gewissen Gruppe angehört dann ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Ordnung das zu betonen. [Oder ich habe ein diskriminierendes Weltbild und bin deshalb davon überzeugt das es von Bedeutung wäre. Aber das ist ein anderes Problem.]

Ob „Menschen mit Behinderung“, „Behinderte“ oder „Invalide“ sagt, ist doch völlig wurst, solange die jeweilige Person(engruppe) im Kontext des Begriffes ernst genommen wird.

Was ich viel schlimmer finde, ist sowas:

Ich finde „Menschen mit—“ behindert.

Etwas „behindert finden“ als Synonym für „etwas schlecht finden“. Denn dadurch wir das eigentlich neutrale Wort „behindert“ in einen negativen Kontext gebracht, obwohl es rein sachlich gar nicht dort hin gehört.

Und dadurch erhält auch der Begriff „Behinderter“ erst die negative Assoziation, die Behinderte dann kränkt, weil man sie „Behinderte“ nennt.

Sprich: Man sollte nicht die Wirkung bekämpfen, sondern die Ursache. Indem man Leuten, die Sachen als „schwul“ oder „behindert“ bezeichnen, die sie schlecht finden oder jemanden, den sie nicht leiden können, „Spasti“ nennen, mal fragt, ob sie sich eigentlich bewußt sind, was sie da sagen.

Wir sollten im Sinne der PC-Verordnung nicht mehr den Begriff “Nieswand” verwenden. Stattdessen heißt es “Mensch mit Ironiedefizit”.

Es geht darum ob das Wort „Mensch“ vorne steht:
Die Behinderten spielen Fussball.

Die Frauen spielen Fußball.
Die Anwälte spielen Fußball.
Die Deutschen spielen Fußball.
Die Politiker beschliessen ein Gesetz.
Die Astronauten fliegen zum Mond.

Ständig werden irgendwo Sätze gesagt, in denen Gruppen von Menschen zusammen gefasst werden. Wenn die Auszeichnung dieser Gruppe eben ist, daß es Behinderte/Frauen/Anwälte/… sind, dann sehe ich kein Problem dabei, zu sagen: „Die Behinderten/ …“

Aber wer den PC Junkies mal so richtig in den Arsch kriechen will, kann ja mal von „Mitbürgern mit physischer Aktivitätseinschränkung“ oder „Mitmenschen, die sich besonders intensiv mit der Bewältigung spezieller Alltagsherausforderungen auseinandersetzen“ reden… :ugly

Wir sollten im Sinne der PC-Verordnung nicht mehr den Begriff „Nieswand“ verwenden. Stattdessen heißt es „Mensch mit Ironiedefizit“.

Selbst unter der Beachtung der Ironie des Postings ist es im Sinne der Diskussion erwähnenswert, daß solche Äußerungen dann, wenn sie nicht ironisch gemeint sind (aber eben denselben Wortlaut haben), nicht gut sind.

Krüppel wäre auch ein adäquates Synonym. Obwohl sich darüber wahrscheinlich, der ein oder andere behinderte Krüppel tierisch aufregen würde. Aber dafür kann ja das Wort nichts, dass es einige bekloppte missbraucht haben.

Also es heißt ja auch WfB (Werkstatt für Behinderte) und nicht WfMmB. Für einige Mitarbeiter ist es ok Behinderte zu sagen. Einige sagen dazu auch gerne: „Das ich ein Mensch bin ist doch klar, das muss man nicht extra betonen“. Jedenfalls ist das meine Erfahrung im Austausch mit meinen Arbeitskollegen. :wink:

Edit: mmhh. komisch. Grad mal auf der HP nachgeschaut und da steht doch auffallend oft MmB oder behinderte Menschen… vll. sollte man das differenziert sehen? Es gibt solche und solche. Den einen ist es egal, andere möchten nicht so genannt werden, das ist individuell.

"politisch korrekt " wäre dann aber doch wohl eher „Menschen mit Behinderung“ zu sagen um Missverständnisse vor zu beugen. Am Dienstag werd ich da wohl doch nochmal horchen gehen.

Das Problem ist ja, das “behindert” mittlerweile bei einigen Deppen eine Beleidigung darstelt. Dadurch hat das Wort einen negativen Beigeschmack bekommen, der dann unfrewillig dranhängt. Im Prinzip genauso wie mit “schwul”

Im Prinzip genauso wie mit „schwul“

In einschlägigen Kreisen gilt auch „Jude“ als Injurie, obwohl diese Spastis nicht wissen, was „Injurie“ bedeutet.

The singer, not the song. Habe ich, so glaube ich, schon öfters gesagt.

Wie ich diesen Sprachfaschismus hasse. :smt021

Mehr fällt mir leider zu diesem Unsinn wirklich nicht mehr ein, sorry!

Ich absolviere im Augenblick ein studienbegleitendes Praktikum in einer WfbM, einer Werkstatt für behinderte Menschen, die schon seit geraumer Zeit so genannt wird. Bis 1961 hießen die Werkstätten aber tatsächlich WfBs (Werkstätten für Behinderte). Die Tatsache, dass der Begriff geändert wurde, lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber ihn möglicherweise für diskreditierend hielt (und ich schließe mich dem an). Viele Behindertenhilfen werden gerade umbenannt in Lebenshilfen - das ist in der Tat dem Umstand geschuldet, dass der Begriff “Behinderte” allgemein (auch von meinen Kollegen) eher als herablassend empfunden wird. Eine meiner Dozentinnen machte einst den Vorschlag künftig nur noch “Andersbegabte” zu sagen, ich persönlich finde aber, man sollte einen erhöhten Hilfebedarf, wenn er gegeben ist, nicht verstecken oder zerreden. Damit ist nämlich auch niemandem geholfen.

Meint ihr nicht auch, dass es unsinnig ist bei den Leuten ständig herausheben zu wollen, dass es Menschen sind? Ich mein, ist das nicht klar, dass das Menschen sind?

“Andersbegabte”… LOL! Super Wort, wenn man möchte das jemand nicht für seine Andersartigkeit angestarrt wird. Prima! :smt023