Bei DWDL ist ein interessantes Interview erschienen. Gast ist Jan Böhmermann, der sich auch zum Thema Rundfunkgebühren äußert und wie er die Rundfunkgebühren einschätzt:
Weiß Steven Gätjen, dass es beim ZDF kein Geld zu holen gibt?
Es geht nicht um Geld. Warum ist denn Matthias Opdenhövel zur ARD gegangen? Bestimmt nicht wegen des Sex-Appeals der ARD. Der Fernsehmoderator von morgen geht dahin, wo auch morgen noch Fernsehen gemacht wird - und das ist da, wo die Gemeinschaft zahlt. Willkommen beim gebührenfinanzierten Fernsehen.
Der Sendeplatz im linearen Programm wird im Grunde also nur zur Finanzierung gebraucht, weil die Öffentlich-Rechtlichen nicht einfach so fürs Netz produzieren dürfen.
Na klar. Ich frag mich ja, wie lange noch? Das ist doch Unsinn. Es gibt doch für mich als Gebührenzahler keinen Grund, warum sich die Menschen, die mit meinem Geld dann Programm machen sollen, technisch beschränken sollten. Den öffentlich-rechtlichen Sendern einen Auftrag zu erteilen, aber dann zu sagen, dass es zwar über Kabel und Satellit nach Hause kommen darf, aber nicht vernünftig und umfassend auch im Internet, das ist ja wie mit Steuergeldern eine Autobahn zu bauen und dann nur roten Autos die Fahrt darauf zu erlauben. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk gehört der Allgemeinheit und die hat doch ein Recht darauf, diese Inhalte auf den Wegen zu beziehen, die sie bevorzugen. Ein Drittel der Gesellschaft lebt fast ausschließlich online und warum sollen die für die ihre 17,50 Euro nicht auch umfassenden Zugang zu allen Angeboten bekommen wie die, die noch linear im Wohnzimmer gucken. Ich weiß gar nicht, warum man da überhaupt so ein Thema draus macht, also…
(…) Und ein gutes öffentlich-rechtliches Netzangebot wäre ja nichts anderes als eine zwangscrowdgefundete Plattform mit seriöser Informationen und hochwertiger Unterhaltung.
Aber es ging damals auch um die Sicherstellung von unabhängiger Berichterstattung in einem Medienmarkt mit begrenzten Frequenzen und brachliegender medialer Infrastruktur. Beides hat sich längst geändert.
Deswegen muss sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk inhaltlich definieren und abheben. Wie Inhalt verbreitet wird, ist doch egal. Nur weil kaum noch jemand Musikalben physisch kauft, ist ja die Musik nicht tot. Nur weil immer weniger Menschen Zeitungen kaufen, sinkt ja nicht das Informationsinteresse. Nur weil das lineare Fernsehen für junge Menschen keine große Rolle mehr spielt, verschwindet nicht der Bedarf an intelligenten, hochwertigen Unterhaltungsinhalten. Erst recht nicht, wenn der Nutzer immer mehr zum Redakteur seiner eigenen Blase wird. Ich würde mir einfach wünschen, dass wir so stolz sein könnten auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie es die Briten trotz all der Skandale auf ihre BBC sind - und das obwohl die BBC anders als ARD und ZDF permanent in ihrer Existenz bedroht ist. Wobei…
Ja?
Wobei eine gewisse Existenzbedrohung sehr förderlich sein kann. Das geht uns in der freien Wirtschaft so, und das kenne ich auch noch von Radio Bremen. Wenn es jederzeit vorbei sein kann, muss man sich was einfallen lassen und man überdenkt sein Tun. Da ächzt jetzt zwar der DJV und die Gewerkschafter in den Sendern kriegen hektische Flecken, aber mal zu gucken, ob gewisse Ausgaben überhaupt Sinn machen und es nicht vielleicht auch günstiger, schlanker geht – vor allem in der Struktur der Sender. Und wenn man Planstellen schafft: Bitte für gute, hartnäckige und unabhängige Journalisten und nicht für noch mehr Referenten. Mein geliebter Haussender ZDF ist von diesem großkotzigen Ratschlag natürlich nicht betroffen. In Mainz läuft wie immer alles top! In der Zeit, in der ich beim ZDF bin, gab es schon so viele schmerzhafte und radikale Einschnitte, wie ich sie in der ARD in zehn Jahren nicht gesehen habe. Das ist eben etwas anderes, wenn man ein zentralistisch organisierter Sender ist.
Aber zurück zu deiner Frage. Das Einzige womit sich öffentlich-rechtliche Jugendsender von Spotify unterscheiden können, ist das Wort. Entsprechend ist es nur logisch, dass öffentlich-rechtliche Sender auch im Radio anfangen müssen, sich auf das zu besinnen, für das sie gegründet wurden. Eigene Inhalte schaffen, den Wortanteil stärken und hochwertige Sendungen produzieren statt nur Musik abzuspielen. Das kann nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Und er wird sich damit arrangieren müssen, dass er auch Moderatorinnen, Redakteure oder Autoren beschäftigen muss, denen die Befindlichkeiten des neurotischen Systems egal sind. Herausragende Inhalte werden leider nicht von Leuten hergestellt, die aus Angst vor Diskussionen oder Kritik immer den kleinsten gemeinsamen Nenner suchen. Aber mit diesen Inhalten kann man sich abheben von Spotify oder BeatsOne von Apple.
Fand ich einen interessanten Diskussionsbeitrag
Volles Interview: "Wir wollen ZDFneo und das ZDF nach vorne ficken" - DWDL.de