Augstein ein Antisemit?

Volker Pispers würde sagen: Intellektuelle Belangenlosigkeit, in die Zeitung gekackt.

Aber mal ehrlich. Unter “Nazi” machts hier keiner mehr. Leichter kann man sein Gegenüber nicht diskreditieren. Und wenn man klug wirken will sagt man halt er wäre Antisemit und nicht Nazi, dann kann man sich vom dummen Proletariat besser abheben :ugly

Ich finde, an der Definition die Kiyotake gepostet hat kann man sich doch gut orientieren:

  • Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet und verlangt wird.
  • Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.
  • Das Bestreben, alle Juden kollektiv für Handlungen des Staates Israel verantwortlich zu machen.

Demnach ist Augstein kein Antisemit, denn er hat an Israel in meinen Augen keine doppelten Standards angelegt, und auch ganz sicher nicht die Juden kollektiv für irgendetwas verantwortlich gemacht. Der einzige Verstoß gegen diese Liste war der Gebrauch des Wortes „Lager“ für den Gaza-Streifen, in der Tat eine Dummheit, das hat er selbst eingesehen und es im Tagesschau-Interview selbst eingeräumt. Aber eine Dummheit macht jemanden noch nicht zum Lupenreinen Antisemiten (Broder).

Selbst wenn man sagen würde, ohne Israel ginge es dem Nahen Osten besser ist es aber immer noch kein Antisemitismus, da das mit dem Judentum erst Mal gar nichts zutun hat, sondern auf die politischen Konflikte bezieht. Wenn es keine Antisemiten mehr gibt oder sie halt in einer verschwindenden Minderheit sind, ist es doch fragwürdig sich nun andere zusuchen, die etwas kritisieren “das irgendwas mit Juden” zutun hat. Sei es Beschneidung, sei es Grass, sei es Augstein, hauptsache das Judentum ist irgendwie in dem angesprochenen Thema involviert, auch wenn die Religion den jeweiligen Kritikern dabei am Arsch vorbeigeht, weil sie über was ganz anderes sprechen. Ich würde daher den antichina Vergleich aufgreifen es, ihn aber angleichen und sagen: Jemand kritisiert etwas an China, egal ob Politik oder Kultur und plötzlich springt aus einer Ecke jemand und ruft Antikonfuzianist/buddhist/kommunist. Das Beispiel mit Merkel oder der CDU passt da auch gut.
Es ist egal welche Definition sich das European Forum of blah oder der Zentralrat der Juden oder Gertrud Hellersheim sich ausdenkt, wenn keiner sie teilt, sprechen sie eine Fantasiesprache. Warum kann man sich nicht mit etwas, was einem nicht gefällt auseinandersetzen, ohne diesen zu diffamieren?

Selbst wenn man sagen würde, ohne Israel ginge es dem Nahen Osten besser ist es aber immer noch kein Antisemitismus, da das mit dem Judentum erst Mal gar nichts zutun hat, sondern auf die politischen Konflikte bezieht.

Das nennt man dann Antizionismus (Zion = der Tempelberg, Sinnbildlich für den Staat Israel). Ich habe Verständnis dafür, dass Antizionismus, besonders wenn er von Deutschen geäußert wird, als Antisemitisch verstanden wird.

Augstein hat sich allerdings in meinen Augen auch nicht Antizionistisch geäußert.

Broder hat sich heute dazu geäußert.
http://www.welt.de/debatte/henryk-m-bro … ubtil.html

Mein Lieblingszitat:

Und wenn es mal heißt, der Antisemitismus sei „in der Mitte der Gesellschaft“ angekommen, wird sorgfältig darauf geachtet, die Mitte nicht zu lokalisieren und keine Namen zu nennen, denn es könnte sich ja einer, mit dem man ab und zu auf demselben Panel sitzt, getroffen fühlen.

@Jimmy Harper danke für den Link, da sind ein paar echte Knaller drin

Weniger lustig war, dass Korn mich quasi für verrückt erklärte – eine Technik, derer sich auch das „Anti-Zionistische Komitees der sowjetischen Öffentlichkeit“ im Umgang mit seinen Kritikern bediente.
aha, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland bedient sich also der Mittel der Anti-Zionisten.

Dennoch behauptete der Generalsekretär der Evangelischen Akademien in Deutschland, Klaus Holz, „viele Intellektuelle“ würden „sich bei solchen Debatten wegducken“ und damit das Feld für „die Broders dieser Welt“ räumen, wobei ihm mit der Formel „die Broders dieser Welt“ ein extrem differenzierter Hinweis auf eine weltumspannende jüdische Kooperative gelang.
Für mich ist „Broders dieser Welt“ ja ein Synonym für Polemiker, Trolle. Aber Broder dechiffriert es anscheinend mit „Juden“.

Für mich ist „Broders dieser Welt“ ja ein Synonym für Polemiker, Trolle. Aber Broder dechiffriert es anscheinend mit „Juden“.

Und für mich ist es ein Synonym für artikulierte, schlagfertige Menschen im Allgemeinen. Aber so ist es eben mit chiffrierten Formulierungen, ein jeder kann sich hier nach gutdünken bedienen.

Wenn er Polemiker, Trolle meinte, warum hat er es dann nicht so ausgedrückt?

>>- Jakob Augstein
Respected Die Welt columnist Henryk M. Broder, who has testified as an expert in the Bundestag about German anti-Semitism, labeled Augstein a “little Streicher” adding: “Jakob Augstein is not a salon anti-Semite, he’s a pure anti-Semite…an offender by conviction who only missed the opportunity to make his career with the Gestapo because he was born after the war. He certainly would have had what it takes.”<<
(Simon Wiesenthal Center)
Das SWC hätte mitbekommen sollen, das H. M. B. weniger „respected“, denn umstritten ist. Umstritten, weil er zu Fehlinterpretationen und maßlosen Übertreibungen neigt. Musterbeispiel gefällig? Hier aus der Debatte um Grass` Memoiren:

Auch hier wieder: Broder kann es nicht dabei lassen, Augsteins Israelkritik schlicht antizionistisch oder antisemitsch zu nennen, bzw. ihn als Antisemiten einzustufen. Nein, für Broder ist Augstein gleich ein „lupenreiner“, ein kleiner Julius Streicher, also ein Mann, der selbst vielen Nazis als anrüchig galt. Darüber hinaus wäre Augstein, der nie ein öffentliches Amt angestrebt hat, für eine Karriere bei der Gestapo prädestiniert gewesen.
Offensichtlich legt Broder es mit aller Gewalt darauf an, von Augstein mit einer Verleumdungsklage beehrt zu werden. Eine Ehre, die dieser ärgerlicherweise Broder nicht zukommen lässt.

Das Wiesenthal-Center hat es nicht mitbekommen, Broder allerdings schon und jammert darob. Dass H.M.B. nicht mehr recht ernstgenommen wird.

Mein erster Gedanke bei Broder ist ‘Krawallschachtel’.

Ob Augstein ein Antisemit (oder gar der Größte Anti-Semit aller Zeiten) ist interessiert mich weniger als wie die Leute im Nahen Osten in Frieden und Freiheit miteinander leben können.

Moderne Antisemiten argumentieren subtil: Sie sagen, Israel sei die Weltgefahr Nummer eins sei und hinter allem stecke die allmächtige „Israel-Lobby“. Und unterstellen damit: Gäbe es Israel nicht, dann wäre der Frieden auf Erden kein Problem. Das ist Antisemitismus pur.

Kann mir jemand erklären warum? Am besten sogar belegen? Im Prinzip lese ich nur Unterstellungen.

Ich glaube nicht, dass es sich hierbei um Antisemitismus handelt, bis ich etwas schlüssiges gegenteiliges lese. Ich halte es zwar für falsch, aber nicht für antisemitisch. Genau das gleiche Phänomen gibt es doch bei den USA. Viele kritisieren die USA auch unverhältnismäßig starkt für alles mögliche, das geht bis zum Hass auf die USA. Doch da ist der Aufschrei lange nicht so groß und keiner käme auf die Idee irgend eine Form von Rassismus hineinzuinterpretieren (wäre ja auch schwerlich möglich).

Kann mir jemand erklären warum? Am besten sogar belegen? […] Ich glaube nicht, […]

Schön, dass Du Dir als Threadersteller die Mühe machst, alle Beiträge in diesem Thread zu ignorieren, um sodann nach 2 Seiten den Reset-Knopf zu drücken. So, es kann wieder von vorn los gehen.

das geht bis zum Hass auf die USA […] und keiner käme auf die Idee irgend eine Form von Rassismus hineinzuinterpretieren […]

Nee, weil es logischerweise ja auch nichts mit Rassimus zu tun hat. Höchstens mit Antiamerikanismus. Jesus!

Nee, weil es logischerweise ja auch nichts mit Rassimus zu tun hat. Höchstens mit Antiamerikanismus. Jesus!

Ähmm…Nein, denn wenn man Israel kritisiert, gilt man nicht als Antiisraeli, sondern als Antisemit. :smt005 Wenn wir gleiches Recht für alle gelten lassen würden, hieße es „Antichristlisch“, wenn man ein Land kritisiert (ich meine nicht, dass man die Religion kritisiert, sondern einfach, wie im Falle Israel, die Politik), dass zum größten Teil aus Christen besteht (so wie die USA). Also, müssten alle, die die USA kritisieren, Antichristlisch (sagt man das so ? :ugly ) sein.

@Gutmensch: Eigentlich hat Kyotake das schon ganz gut gesagt. Aber ich versuche es mal mit weniger Aufregung.

Das was Broder beschreibt:

Israel sei die Weltgefahr Nummer eins sei und hinter allem stecke die allmächtige „Israel-Lobby“. Und unterstellen damit: Gäbe es Israel nicht, dann wäre der Frieden auf Erden kein Problem.

Ist vor allem deshalb Antisemitismus weil, es auf genau die gleichen antisemitischen Denkmuster zurückgreift wie der Antisemitismus der sich gegen Ende des 19. Jhdt. und zu Beginn des 20 Jhdt. als so gefährlich erwiesen hat.
Auch damals glaubten die Kritiker alle Arugmente auf ihrer Seite zu haben. Der einzige Unterschied zu heute ist, dass es heute zumindest wirklich einen Staat Israel gibt der in einigen Bereichen kritikwürdig ist. Aber bei aller Kritik die der Staat Israel abbekommen kann, sollte man immer die Geschichte dieses Staates, seine Geographie und vor allem die aktuelle Bedrohungslage betrachten.

[spoiler]Wie ich schon angemerkt habe, das Säbelrasseln in Richung Iran ist durchaus angebracht. Israel muss klar machen das es stark ist und vor allem das es starke Verbündete hat, alles andere wäre nur fahrlässig. Israel darf sich mehr als die meisten anderen Staaten nicht erpressen lassen.

Wenn Iran die BRD bedrohen würde, könnten wir diese Drohungen relativ einfach als vollkommen Bullshit abtun. Wir sind mitten in Europa und in einer Position in der Iran keine ernst zu nehmende Gefahr für uns darstellt. (Klar man sollte Geheimdienste o.ä. einschalten, aber die Arbeiten eigentlich sowieso immer.) Wenn aus dem Iran ein Drohung gegen Israel ausgesprochen wird, dann muss Israel das verdammt ernst nehmen.

Jeder der Israel nach solch einem Kommentar dafür kritisiert das es den Kriegstreiber spielt, spielt Iran damit in die Hände. Vielleicht ist es von einigen gewollt das kann gut sein. Aber im allgemeinen steht mir Israel dann doch näher als Iran.[/spoiler]

Ansonsten sieht man aber die immer gleichen Argumente: Es gibt immer und überall irgendwelche Juden die irgendwie, irgendwelche Strippen ziehen. Und Israel an sich ist eigentlich das Verbrechen das beseitigt werden müsste.
Antisemitismus hat sich von daher nur gewandelt, als das es nun halt etwas gibt was man direkt angreifen kann und das ist eben Israel.

Das Problem ist das solche Knalltüten wie Broder das natürlich auch wissen und auch wissen das die meisten Menschen in der Lage sind das zu verstehen und deshalb einfach wann immer es gerade mal unangebracht ist was vom Antisemitismus schwafeln.

Nun zum Vergleich mit den USA: Im Prinzip hast du durchaus Recht, der Unterschied ist nicht wirklich so groß. Außer in einer Hinsicht. Die USA ist nicht bedroht. Es gibt niemanden der zur Zeit der USA wirklich ans Leder könnte. (Es gibt einige die das wollen ja, aber keiner von denen ist wirklich dazu in der Lage.) Abgesehen davon schwingt bei der „antiamerikanischen Stimmung“ auch viel häufiger eine gewisse Selbstkritik mit. Die USA wird quasi als Beispiel für das genommen was auch bei uns schief läuft. (Außer in einigen Kreisen von Spinnern bei denen die CIA immer für alles verantwortlich ist was in der Welt passiert. Aber die sind so wenige die kann man getrost ignorieren.)

Abgesehen davon bleibt bei Israel wirklich die historische Verantwortung und auch das sollte jeder einsehen. Kritik gegen Israel ist in Ordnung, aber man muss halt extrem auf seine Wortwahl achten. Leute die das nicht einsehen darf man durchaus als Geschichtsrevisionisten bezeichnen. Das hat auch nichts damit zu tun das „wir“ noch irgendwie „schuldig“ wären. Es hat etwas damit zu tun das „wir“ nicht wieder schuldig werden und vor allem das „wir“ erkennen müssen wann sich jemand in gewisse Richtungen bewegt.

Ob Augstein jetzt dazu gehört… nun ich bin gerne bereit über die Inhalte seiner Aussagen zu diskutieren. Aber dafür will ich erst einmal konkrete Zitate mit der direkten Erklärung haben warum die nun „antisemitisch“ sein soll.

Wobei man vielleicht diesen Bildblogartikel dazu auch nochmal lesen sollte. Der relativiert doch einiges, auch in Bezug zu meinem ersten Post in diesem Thread.

Trommelwirbel… der Irre hat wieder zugeschlagen :smiley:

http://www.welt.de/kultur/kino/article1 … caust.html

Ich frage mich immer noch, wie man den überhaupt ernst nehmen kann (also den Broder) :expressionless: . Irgendwie tut er mir auch Leid. In allem sieht er einen Feind…hmmm

Wieso darf man ein Verbrechen nicht mit dem anderen vergleichen (Ob Holocaust an den Ureinwohner oder Holocaust an den Juden, wo liegt der Unterschied ?) ? Es sind schließlich immer gleichgesinnte gestorben, nämlich MENSCHEN. Tja, der wahre Rassist, ist wohl Broder selbst, da er Menschen vergleicht !

Kritik gegen Israel ist in Ordnung, aber man muss halt extrem auf seine Wortwahl achten.

Dahinter steckt ja auch nur wieder der Verschwörungsmythos, dass die Juden Deutschland am Gängelband führen würden. Nein, man muß natürlich nicht extrem auf seine Wortwahl achten. Ganz im Gegenteil: man muß schon ziemlich ein an der Waffel haben, um zu behaupten, Israel würde den Weltfrieden gefährden, die jüdische Lobby würde weltweit die Strippen ziehen oder der Gazastreifen wäre sowas wie Auschwitz. Über so einen Stuß stolpert man nicht einfach mal eben. Das hat auch nichts mit Wortwahl zu tun. Selbst wenn man es in rosa Rüschen verpacken würde, wäre es noch genau dieselbe Kacke. Wer glaubt das hätte noch irgendwas mit rationaler Kritik zu tun, dem ist einfach nicht mehr zu helfen. Aber in einem Land mit 80 Millionen Israelkritikern (aber genau 0 Kosovokritikern) darf einen halt nichts wundern.

Genau darauf wollte ich hinaus.

Gibt’s übrigens einen Grund für den aggressiven Ton, Kiyotake?

Meine Frage bezog sich in erster Linie auf die Behauptung Kritik (zugegeben übertriebene) an Israel sei Antisemitismus. Da fehlt für mich die kausale Verbindung. Für mich ist es höchstens Antiisraelismus (analog zum Antiamerikanismus).

Unterschied zum Antisemitismus: Die Rasse bzw. Ethnie spielt keine Rolle. Das ist nicht der Grund der Kritik.
Unterschied zum Antizionismus: Man hat im Prinzip nichts gegen die Existenz des Staates Israel (so wie man beim Antiamerikanismus auch nicht gegen die Existenz der USA ist), sondern hat nur ein überkritisches Verhältnis zum Handeln des Staates Isreal. Man hat sich „eingeschossen“ und ist nicht mehr in der Lage zur differenzierten Betrachtung.

@Skafdir: Der gewaltige Unterschied ist, dass Israel bedroht ist? Deshalb wird Kritik an Israel als Antisemitismus bewertet? Halte ich nicht für überzeugend. Es ist ein Argument, warum Israel sich so verhält, wie es sich verhält und zeigt, dass die Kritik teilweise überzogen ist, aber es macht diese Kritik doch nicht antisemitisch.

Und bei der Debatte frage ich nun alle, die behaupten Augstein sei ein Antisemit: Was glaubt ihr ist der Grund dafür? Also aus welchem Grund sollte Augstein (oder alle anderen angeblichen „modernen“ Antisemiten) einen Hass auf die Juden entwickelt haben?

Die „alten“ Antisemiten zeichneten und zeichnen (NPD) sich ja dadurch aus, dass sie gegen alle anderen Rassen gehetzt haben und hetzen. Das ist bei Augstein und Co. nicht der Fall, eher im Gegenteil. Seit wann gibt es diese Art der Exklusiv-Antisemiten?

Kann mir jemand erklären warum? Am besten sogar belegen? Im Prinzip lese ich nur Unterstellungen.

Ich glaube nicht, dass es sich hierbei um Antisemitismus handelt, bis ich etwas schlüssiges gegenteiliges lese. Ich halte es zwar für falsch, aber nicht für antisemitisch.

Ich hab’s in meinem Vorpost schon versucht zu erklären.
Das perfide an der Judenhetze heutzutage ist, dass sie als solche kaum zu beweisen ist.
Sie bedient sich der Mehrdeutigkeit von Sprache, arbeitet mit Doppeldeutigkeiten, Anspielungen, macht sich das Vorwissen der Empfänger zu Nutze.
Deshalb tobt ja Broder rum wie ein zorniges Rumpelstilzchen und übertreibt und unterstellt. Das ist die pure Verzweiflung.
Eigentlich müsste man ja sagen: Geschieht diesem Troll ganz Recht, denn tut er doch, wenn’s um den Islam geht, auf die selbe schwer zu verifizierende Weise schmähen. Doch das Thema ist leider zu Ernst, um nicht ein Scheusal wie diesen Broder zu verteidigen.

Die Leute kennen die direkten Hasstiraden gegen die Juden, und deshalb haben es die indirekten Hasstiraden (Augstein-Kolummne, Grass-Gedicht) nicht schwer, diese Datenbank an Informationsgift beim Empfänger subtil über den Subtext abzurufen und für sich arbeiten zu lassen.

In der Hinsicht gleicht das Geschreibe eines Augstein oder das Gedicht eines Grass vielen der faschistoiden Foren-Beiträge, die bekanntermaßen - als provokanter Brei aus Halbwahrheiten und Vorurteilen flott hingerotzt - sich auch nur mühsam wieder auseinanderklamüsern lassen, will man sie als haltlos entlarven.
Und was hier im Forum nicht funktioniert, nämlich den Schmu auf eine sinnvolle Art und Weise, sprich, Bedeutungsebene und Aussageebene beachtend zu thematisieren, klappt natürlich auf der großen Bühne schon gar nicht, nicht bei solch einem heißen Stoff, eigentlich bei gar keinem Stoff.

Diese verschleierte Art und Weise lässt also nur zwei Möglichkeiten offen, den enthaltenen Antisemitismus/ Rassismus aufzuzeigen und zu begründen.
Entweder man erringt die Interpretationshoheit, weshalb wohl Broder so auf die Kacke haut.
Oder man beweist, dass die Mehrheit der Leser/Rezipienten den Antisemitismus erkennt und sich auch davon beeinflussen läßt, z.B. indem bestehende Vorurteile bestärkt werden.
Letzteres dürfte wohl schwer werden, da wohl mindestens eine sozialwissenschaftliche Untersuchung dazu nötig wäre.
Ersteres scheint mir da schon machbarer, und im Falle des Grassgedichts positionierten sich die Stimmen der intellektuellen Elite eher im Lager, dass das Gedicht antisemitisch ist, im Gegensatz zu der Mehrheit des Volkes, erkennbar an den Meinungsäußerungen hier im Forum und sonst im Netz, die eher Grass seinen Vorstoß verteidigten.
Doch wie es ausschaut, ist die jetzige Position andersherum. Der Vorwurf des Antisemitismus wird mehrheitlich von Volk und Presse abgelehnt.

Das Gedicht „Was gesagt werden muss“ ist eigentlich ein ganz gutes Beispiel für die Subtilität des neuen Antisemitismus.
Was diesen lyrischen Ausschiß so „ekelhaft“ und zu einer „Gemeinheit“ macht, ist nämlich, dass sich hier einer unantastbar macht, indem er antijüdische Hetze im mehrdeutigen Subtext eines Gedichts versteckt.
Sozusagen erstmal raushauen und abwarten, wie die Reaktionen ausschauen, um dann in einem einstündigen Interview soweit zurückzurudern wie von Nöten.
Dass Grass die Mehrheitsgesellschaft - von der Mitte auf und abwärts - hinter sich haben wird, war abzusehen bei diesem Sujet. Die interessantere Frage ist, ob die Empörung darüber, als Antisemit bezeichnet zu werden, zum Showprogramm gehörte oder ob der kaschubische Bauer wirklich mit einer kleingläubigeren Reaktion der intellektuellen Elite gerechnet hat?
Der eine oder andere kann sich bestimmt gut vorstellen, dass man sich gegen Anschuldigungen kaum wehren kann, die hintenherum, durch zu Nutze Machung von Doppeldeutigkeiten ausgesprochen werden.
Vor allem, wenn man völlig zu Unrecht bezichtigt wird, kann man sowas nur als Psychoterror bezeichnen.
Doch sollte man hier nicht der doppelzüngigen Agitation auf den Leim gehen und Ursache und Wirkung, Opfer und Täter verwechseln?
Grass war nicht der Geschädigte der „gleichgeschalteten Presse“, sondern - wie immer eigentlich - die Juden die Leidtragenden seiner Hetzerei. Das, was Grass „Kampagne“ nennt, ist die einzig vernünftige Möglichkeit auf seine hinterfotzige „Trollerei“ zu reagieren.
Tatsache ist: Judenhetze in ein pseudoseriöses Gewand zu hüllen ist selbst für den sprachlich unbegabtesten kein Problem, geschweige denn für einen Grass. Im Gegenteil dürfte es ihm schwer gefallen sein, allzu anspruchsvolle Subtilitäten zu vermeiden, um nicht über’s Ziel hinauszuschießen.
Vielleicht erklärt das die Wahl, sich per Prosagedicht zu äußern.

Um nochmal konkreter auf die Frage von „Gutmensch“ und dem subtilen Antisemitismus zurückzukommen…

Der alte Studentenaufwiegler „Adorno“ hat’s schon vor fast fünf Jahrzehnten so erklärt:


„Ein Agitator sagt zum Beispiel: ‚Jene dunklen Mächte, Sie wissen schon, wen ich meine‘, und die Zuhörer verstehen sofort, dass seine Bemerkungen gegen die Juden gerichtet sind. So werden die Zuhörer als In-Group behandelt, die schon alles weiß, was der Redner ihr sagen will, und die noch vor jeder Erklärung mit ihm übereinstimmt.“

Wer mal bei Youtube „Zionismus“ eingibt und ein bißchen rumsurft, dürfte schnell erkennen, dass sich auch vierzig Jahre nach Adorno nichts geändert hat.
Die klassischen Vorurteile in neuesten Gewändern spucken immer noch in den Köpfen rum.
Bei Kulturzeit in einem Beitrag sagte die Mutter von NSU-Leiche „Uwe Böhnhardt“ in einem Interview, dass ihr, nachdem der Sohnemann in die Neonazi-Szene gerutscht ist, vor allem seine antisemitischen Äußerungen aufgefallen sind, die sie und ihr Mann leider nicht Ernst genug genommen haben.

Nun sagen viele im Geiste Blinden:
„Andere Staaten werden auch hart angegangen und dämonisiert, ohne dass man bei unsinnigen Vorwürfen gleich den Personen Rassismus unterstellt.“

Selbstverständlich, aber bei Israel wird folgendes selten berücksichtigt:
Israel ist das einzige westliche Land mit mehrheitlich semitisch-jüdischer Bevölkerung.
Die Staat gewordene jüdische Minderheit, wenn man so viel.
Viele Experten, die sich mit dem Antisemitismus neuester Prägung beschäftigen, sagen nicht umsonst, dass Israel zum imaginierten „Kollektivjuden“ mutiert ist.
Wenn’s um Israel geht, wird gern mit zweierlei Maß gemessen, nämlich, indem man sich sturr weigert mit zweierlei Maß zu messen. Analog zu den latenten Rassisten, die - fehlende Chancengleichheiten außer Acht lassend - sich z.B. gegen Ausländerquoten aussprechen, mit der Begründung, dass alle Bürger gefälligst gleich behandelt werden sollen.
Auch der Staat Israel mit seinem arabisch-palästinensischen Überproblem (Überproblem weil keine Lösung in Sicht) wird gerne bewertet, ohne die Ausweglosigkeiten in der Innen- und Außenpolitik zu berücksichtigen.
Auch die angeblich so zionistisch verseuchten Medien vernachlässigen oft ihren Aufklärungsauftrag zu Gunsten von Halbwahrheiten.

Z.B. dem lyrischen Apell von „Grass“, sich mit der Auslieferung des Wiedergutmachungs-Unterseeboots an Israel nicht mitschuldig zu machen - an was auch immer -, wurde an der oberflächlich wirkenden Diskussionsfront die folgende Wahrheit nicht entgegengesetzt:
Fakt ist, dass Deutschland trotz üppigem Reparationsrabatt an Israel am Verkauf des Boots, bzw. der sechs Boote verdient, und Israel ein Kunde ist, kein Erpresser.
Weder muss Deutschland aus geschichtlicher Verpflichtung heraus, diese Geschäfte tätigen, noch ist Israel völlig aufgeschmissen ohne dieses Geschäft, denn mit Atomraketen bestückbare U-Boote können auch andere Staaten produzieren und verkaufen. Unter anderem haben die Israelis z.B. mit der Niederlande verhandelt.
Anscheinend dachte man sich bei der Bundesregierung eher: Auch ein kleiner Gewinn ist ein Gewinn. Und Warum sollen wir das Geschäft der ausländischen Konkurrenz überlassen?
Mit diesen Informationen hätte sich doch das Grasssche Geheule von der Bürde und Schuld des Deutschen Volkes ganz anders angehört.

Die Unterstellung - meist an unbekannte Adresse :wink: - , dass Kritik am Staate Israel stets als Antisemitismus abgestraft wird, ist selbst eine Unterstellung.
Oder aus jüdischer oder israelischer Sicht gesehen: Der Vorwurf unerwünschte Kritik mit der Antisemitismuskeule abzuwehren, ist selbst ein antisemitischer Vorwurf.

Es sind also die üblichen Verdächtigen aus dem Ressentimentkatalog, von der jüdischen Antisemitismuskeule gegen unerwünschte Kritik bis zum Juden als Weltbrandstifter, propagiert irgendwo zwischen rundheraus und durch die Blume.
Bei solchen Fällen, die öffentlich für Furore sorgen, wie Grass und Augstein, erkenne ich schon beim ersten Lesen, was Sache ist, und habe keine Zweifel, dass derjenige Schreiber gegen Juden hetzt.
Und ich wundere mich immer, wie es Menschen geben kann, die das nicht erkennen oder nicht erkennen wollen.

Wie ich schon angemerkt habe, das Säbelrasseln in Richung Iran ist durchaus angebracht.

Ich seh’ es eher andersherum.
Das Säbelrasseln gegen den Iran dient heuchlerischen, wirtschaftsimperialistischen Zwecken, während viele Handlungen Israels im Nahostkonflikt und der Palästinenserproblematik tolerierbar, angebracht bis vernünftig sind, aber als Verstöße gegen die Menschlichkeit gesehen und verkauft werden.

Man könnte auch sagen, immer wenns um Israel geht, fängt man an zu fantasieren und das in Texten zu lesen, was man lesen will, weil man direkt den Antisemitismus wettert und die echten Antisemiten irgendwie keine eche Rolle mehr spielen wollen. Judenhetze… ja klar und dann wundert man sich, wenn jeder Kommentar mit einem “Ich habe nichts gegen aber” anfängt.

das was ich damit meinte war, dass viele Leute nun einmal zu Polemik und Übertreibungen neigen. Die sind aber im Falle Israel einfach vollkommen unangebracht.

Ich gehöre selber zu den Leuten die gerne mal irgendetwas stark hochpushen. Ich halte so etwas bei Israel aber tatsächlich für unangebracht. Klar kann man mir damit auch wieder einen Fehler vorwerfen.

Hat weniger etwas mit „Verschwörungsmythos, dass die Juden Deutschland am Gängelband führen würden“ sondern mit einem historischen und weltpolitischen Bewusstsein.
Auf der selben Ebene würde ich auch sagen muss man zur Zeit sehr vorsichtig sein was Äußerungen gegenüber dem Islam angeht. Einfach weil dort genauso unreflektierte und pauschale Kritik geübt wird. Die gleichzeitig einen guten Nährboden innerhalb der Gesellschaft hat.

Wenn ich nun also im Falle einer kritikwürdigen Aktion eines Moslems etwas sagen würde wie: „Die Moslems mal wieder.“ Dann kommt dieser Satz als „ernst gemeint“ rüber und vor allem wird er von Menschen als eine Art Wahrheit aufgegriffen.
Das selbe gilt für Angriffe auf Israel. Daher muss man seine Kritik in beiden Fällen äußerst differenziert treffen.

Wenn nun aber in den USA wieder etwas passiert. Dann kann ich ohne schlechtes gewissen den Homer Simpson tanzen.
[video]http://www.youtube.com/watch?v=BtTt_M17xqo[/video]

Dies würde dann tatsächlich als nicht ernst gemeint aufgefasst werden. Wohingegen bei Islam und bei Israel die ganze Geschichte als eine „Wahrheit“ aufgefasst werden würde.

Israel würde den Weltfrieden gefährden

Israel so gesehen nicht. Aber Nethanjahu steht nicht unebdingt auf meiner Top-Five der zukünftigen Friedensnobelpreisträger.

die jüdische Lobby würde weltweit die Strippen ziehen

Naja gut das ist aber auch wirklich das uralte Antisemiten Argument. Nimmt das heutzutage wirklich noch jemand ernst? Also abgesehen von den ganzen Hobby Verschwörungstheoretikern? Irgendjemand den man auch nur im Ansatz ernst nehmen könnte?

oder der Gazastreifen wäre sowas wie Auschwitz

Hier kann man nur den Vergleich als „hingend“ sehen. Das im Gazastreifen Verbrechen begangen werden sollte unstrittig sein und das dabei gerade das israelische Militär immer wieder übertreibt doch auch. Wie gesagt ich rechne ihnen an das sie in einer „Verteidigungssituation“ sind. Aber auch aus solch einer Situation heraus kann man sich zumindest Mühe geben deeskalierend zu wirken. Vor allem indem man von israelischer Seite aus stärker mit den Palästinensern kooperieren würde.
Das Problem sind auch hier die Extremisten auf beiden Seiten, die schlicht und ergreifend keinen Frieden wollen. Nur aus palästinensischer SIcht haben die halt gute Argumente. (Aus israelischer auch… ach ja… glaubt irgendjemand wirklich daran das dieser Konflikt beendet werden könnte?)

Aber in einem Land mit 80 Millionen Israelkritikern (aber genau 0 Kosovokritikern) darf einen halt nichts wundern.

Immer wieder ein schönes Argument… das Fehlverhalten anderer damit abzuschwächen indem man darauf hinweist, dass andere ja genauso schlimm sind. Leider bleibt das ein Kindergartenargument.
„Wieso hast du das getan?“
„Der da hat es auch gemacht!“

Noch dazu sollte man beim Kosovo auch den aktuellen Zustand mit betrachten. Das Land ist weit davon entfernt stabil zu sein. Ganz grob gesagt: Ohne funktionierende Wirtschaft hat man noch nie ein Land bekommen das freiheitlich und friedliebend ist.

Ich stimme dir aber insofern zu, als dass die Menschenrechtssituation im Kosovo wirklich nicht häufig genug Thema in deutschen Medien ist. Ganz im allgemeinen müsste es häufiger Thema sein um auch mehr dafür zu sensibilisieren. Man kann das Gefühl bekommen das nach dem Kosovokrieg plötzlich alles in bester Ordnung war. Da liegt dann halt das Problem, dass Israel deutlich populärer ist.
Weiterer von mir vermuteter Grund: Die gesamte Situation im ehemaligen Jugoslawien wird vermutlich auch einfach noch als „Erblast des Kommunismus“ angesehen. Wir hier im Westen haben damit quais gar nichts zu tun. Wohingegen der Nahe Osten unsere Sache ist. Wie gesagt nur eine Vermutung meinerseits.
Man könnte nun auch einfach ganz gemein sein und solche unschönen Worte wie „Öl“ in den Raum werfen.

@Gutmensch: „Antisemitismus“ ist immer schon ein „Exkulsivhass gegen Juden“ gewesen. Es geht halt gegen „semitische Völker“ wer auch immer das sein soll. Semiten – Wikipedia
Also ja eine Einschränkung auf das Judentum reicht nicht nur aus sondern ist sogar notwendig um wirklich als Antisemitist bezeichnet werden zu können.
Seit wann es diese Antisemiten gibt? Gute Frage… unter eher „linken“ Gruppen, war das schon immer recht gut verbreitet. Also der reine Antismetismus der ohne weiteren Rassismus daher kommt, das ist vermutlich wirklich ne tendenziell „linke“ Geschichte. (In einer Hinsicht kann man sich aber schon einig sein. Wenn es um Juden geht können sich plötzlich auch die größten Feinde ziemlich einig sein.)

@Mannbärschwein… sorry ist zu spät geworden. Deinen Post werde ich mir die Tage mal ansehen und gucken das ich darauf noch reagiere.

Mannbärschwein, deinem Post entnehme ich Folgendes:

  1. Es ist schwer den Antisemitismus nachzuweisen und das Problem wird eigentlich nur von der „geistigen Elite“ erfasst.
    Anders formuliert: Die Mehrheit der schlauen Leute sagt es ist antisemitisch, die Mehrheit der dummen Leute sagt das Gegenteil. Schlaue Leute haben eher Recht als dumme Leute (eine Hypothese, die du nicht ausgesprochen hast, aber verwendest). Schluss: Es (das Gedicht) ist antisemitisch.

  2. Bei Israel muss man mit zweierlei Maß messen, aufgrund der Geschichte.
    Als „im Geiste Blinder“ kann ich nur demütigst darauf antworten: Ich glaube nicht, dass es jemandem hilft, nachsichtiger oder bevorzugt behandelt zu werden, denn das hat oft genau den gegenteiligen als den erhofften Effekt, vielleicht übersieht das dein scharfes geistiges Auge. Aus diesem Grund bin ich übrigens auch gegen Migrantenquoten. Aber das macht jemanden noch nicht zum Antisemiten.

Genau letzteres gilt es zu beweisen. Was es aus der Sicht von irgendjemandem ist, ist unerheblich. Erheblich ist, ob Judenhass die Motivation für diese Unterstellung ist. Die unbekannte Adresse müssen im Übrigen nicht die Juden sein, was du wohl vermutest. Es können schlicht die gemeint sein, die Israels Politik gutheißen und sich eben dieser Keule bedienen (der naheliegendste Adressat übrigens :wink: ). Aber ich gebe zu, dass es redlicher wäre abzuwarten, bis der entsprechende Vorwurf kommt und dann zu reagieren.

Zu guter Letzt kann ich nur feststellen, dass du hauptsächlich über Grass geschrieben hast und kaum über Augstein. Du hast Augstein schlicht mitverhaftet.