Das ist ja das Problem in dieser Debatte, dass man sich lieber auf Wortglauberei konzentriert (isser nu Antisemit oder nich?), anstatt mit dem ganzen Müll, den er so auf seiner SPON-Kolumne scheibt.
Leider ist ja der ganze Müll, den die Aufwiegler moderner Prägung von sich geben, auch zum größten Teil Definitionssache.
Hetzerische Schlangen, die heutzutage die Mitte der Gesellschaft anvisieren, müssen ihr Gift subtil, zwischen den Zeilen zischend verbreiten. Denn sonst kommen sie nur rüber wie ein NPD-Affe.
Die dabei angewendeten rhetorischen Tricks sind zwar bekannt, wirken aber trotzdem und lassen immer Hintertürchen offen für den Agitator sich rauszuwinden. Das ist das Problem.
Henryk M. Broder z.B. muss es ja wissen. Wenn’s um den Islam geht, verwandelt er sich selber in eine widerliche, Gift und Galle spuckende Schlange. Deswegen weiß er, dass es absolut nichts hilft, gesonnen zu bleiben, sondern die eigentliche Interpretation des Schmus laut und keifend zu verkünden.
In seinem Brief an „Augstein“ schreibt er:
In einer anderen Kolumne schreiben Sie (Augstein):
„Gaza ist ein Ort aus der Endzeit des Menschlichen. 1,7 Millionen Menschen hausen da, zusammengepfercht auf 360 Quadratkilometern. Gaza ist ein Gefängnis. Ein Lager. Israel brütet sich dort seine eigenen Gegner aus.“
…
Es stimmt, in Gaza leben etwa 1.7 Millionen Menschen auf 360 Quadratkilometern. Das macht 4700 Einwohner pro Quadratkilometer. In München sind es 4400 Einwohner, in Berlin 3900. Dennoch würden Sie nie schreiben, in München oder Berlin würden die Menschen „zusammengepfercht“ hausen. Denn „zusammengepfercht“ in Verbindung mit „Lager“ ergibt die Assoziation KZ. Und das ist der Zielbahnhof, den Sie suggestiv ansteuern.
„Und das ist der Zielbahnhof, den Sie suggestiv ansteuern.“
- Tja, leider können Sie das nicht beweisen Herr Broder. Das ist ihre Interpretation, dass Augstein den Vergleich zum KZ zieht.
Dass die Punkte „Millionen Menschen“, „zusammengepfercht“ und „Lager“ die Assoziation „KZ“ wecken sollen, kann sein, muss aber nicht.
Den Beweis zu erbringen, dürfte schwer werden. Obwohl es auf der Hand liegt. Obwohl wahrscheinlich fast jeder bei dieser Kombination wohl an die „Vernichtungslager“ des Dritten Reiches denkt.
Wie fies doppelzüngiges Agieren doch sein kann.
In seinem vor zwei Stunden erschienen Artikel in der „Welt“ beschwert er sich darüber, dass dieser „subtile“,
„intellektueller-wirkende“ Antisemitismus leider als solcher nicht erkannt wird.
Die Intellektuellen dieser Republik, die sonst jedem Zeitgeist auf der Spur sind, klammern sich an einen Begriff von Antisemitismus, der so alt und verstaubt ist wie eine mechanische Schreibmaschine aus den Dreißigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts. Antisemitismus - das ist die SA und die SS, die Endlösung und der Holocaust, Auschwitz und Nürnberg. Sie weigern sich einzusehen, dass auch der Antisemitismus mit der Zeit geht, dass er ein dynamisches und kein statisches Phänomen ist, dass er sich laufend ändert und vor allem: den Antisemitismusforschern immer um mindestens eine Nasenlänge voraus ist. Wie die Hacker den IT-Experten.
…
Moderne Antisemiten argumentieren subtil…
Die treten nicht mehr als SA-Männer auf und schmeißen keine Schaufenster jüdischer Geschäfte mehr ein. Moderne Antisemiten argumentieren subtil: Sie sagen, Israel sei die Weltgefahr Nummer eins sei und hinter allem stecke die allmächtige „Israel-Lobby“. Und unterstellen damit: Gäbe es Israel nicht, dann wäre der Frieden auf Erden kein Problem. Das ist Antisemitismus pur. Das zu begreifen, überfordert die meisten Intellektuellen, die über „das Ende der Suhrkamp-Kultur“ so bestürzt sind, dass sie darüber vergessen, dass das einzig Beständige im Leben der Wandel ist.
Natürlich gibt es hier und da noch den guten alten Antisemitismus, wie bei der NPD, aber der hat kulturell und politisch ausgedient.
http://www.welt.de/debatte/henryk-m-bro … ubtil.html
Er hat Recht.
Im Forum hier merkt man das auch, nämlich, dass fast die absolute Mehrheit der User, auch solche die sich ansonsten durch eine differenzierte Sichtweise auszeichnen, bei Themen wie dem „Grassgedicht“ oder der Beschneidungsdebatte plötzlich eine ungewohnt intolerante und ignorante Haltung einnehmen.