Augstein ein Antisemit?

Die Platzierung Augsteins auf Platz 9 der 10 “schlimmsten Antisemiten” durch das Wiesenthal-Zentrum haben ja wahrscheinlich einige von euch mitbekommen.

Mitauslöser war wohl auch der offene Brief von Henryk Broder an Augstein (http://www.welt.de/debatte/henryk-m-bro … stein.html) von Anfang Dezember letzten Jahres. Das Wiesenthal-Zentrum stützt sich jedenfalls erklärtermaßen auch auf seine Einschätzung.

Interessant vielleicht noch die Einschätzung von Fleischhauer (bekanntermaßen kein Linker und damit bestimmt kein Freund Augsteins aufgrund von Meinungsgleichheit): http://www.spiegel.de/politik/deutschla … 75976.html

Ein Streitgespräch zwischen Rabbiner Cooper und Augstein scheiterte an Cooper (http://www.spiegel.de/spiegel/antisemit … 75937.html)

Hilfreich wäre vielleicht auch eine genaue Definition von Antisemitismus, um die Frage zu beantworten.

Was meint ihr dazu?

Israel wird kritisiert und das Wort Antisemit gezückt, peinliche Nummer.

Kannst ja mal die Anti Defamation League fragen, was Antisemitismus ist. Du wirst merken, dass alleine schon die Frage als Antisemitismus ausgelegt wird. :wink:

Naja gut Broder halt… ich glaube ich habe mich schon oft genug über ihn ausgelassen. Wie immer ist seine Reaktion hoffnungslos übertrieben. Seine Anschuldigungen gegenüber Augstein mögen nicht vollständig von der Hand zu weisen sein.

Zum Beispiel dieser Ausschnitt aus seinem „offenen Brief“

Und dennoch finden Sie es unerhört, dass die Israelis nicht einfach untätig abwarten wollen, wie sich die Dinge im Iran entwickeln, dass sie die Drohungen des iranischen Präsidenten ernst nehmen, weil sie aus der Geschichte gelernt haben, dass es für die eigene Lebensdauer besser ist, Drohungen beizeiten ernst zu nehmen, als verspätete Trauerfeiern zu Ehren der Opfer zu veranstalten.

Es ist absolut richtig das Iran eine Bedrohung für Israel darstellt. Und es ist auch richtig das Israel das Recht hat sich diplomatisch dagegen zu wehren, so wie sich auch um Strategien für einen etwaigen Kriegsfall vorzubereiten und im Falle eines eventuell atomar geführten Krieg muss man Israel auch das Recht eines Angriffkrieges zugestehen, solange die Hinweise auf einen atomaren Angriff seitens Iran ausreichend sind. (Was meiner Meinung nach bislang nicht der Fall ist, aber was nicht ist kann ja noch werden)

Wie auch immer bei allen Fehlern der israelischen Politik kann man halt häufig genug deren Haltung durchaus nachvollziehen. Zumal dieser Staat in seiner unmittelbaren Nachbarschaft tatsächlich nur Feinde hat.

Aber mit Augstein wird wieder einmal das gemacht was so häufig passiert. Israel und Jude wird gleich gesetzt. Eine absolut armselige Diffamierung von Kritikern.
Schlicht und ergreifend die billigste Strategie eine Person mundtot zu machen. Zumal es in diesem Fall ja sogar möglich ist Augstein argumentativ in die Enge zu treiben.

Also übertrieben polemische Reaktion… was aber bei den Beteiligten Parteien auch nicht anders zu erwarten war. Interessant ist allerdings das das Wiesenthal-Zentrum es nötig hat jemanden wie Augstein auf Platz 9 der Liste der Antisemiten zu setzen.

Ich würde ja sagen wenn einem auf dem Platz schon keine schlimmeren Leute einfallen dann kann man sich getrost auf die vorherigen Plätze konzentrieren.

Zu dem Begriff „Antisemit“ und seiner doch recht häufigen Verwendung:

Und einmal die Liste selbst.
http://www.wiesenthal.com/atf/cf/{54d385e6-f1b9-4e9f-8e94-890c3e6dd277}/TT_2012_3.PDF

Daran sieht man auhc wie sehr Augstein auf der Liste einfach Fehl am Platz ist. Das sind Antisemiten die da stehen. Auch Platz 10 ist ziemlich übel.

Augstein: Durch streitbare Thesen ja und ich würde die meisten seiner Aussagen zumindest deutlich hinterfragen. Aber Antisemitismus? Nein auf keinen Fall. Was man ihm vorwerfen kann ist das er einfach zu sehr auf den beliebten „ich kritisiere Israel Zug“ aufspringt. Und damit manchmal etwas krampfhaft nach Argumenten gegen den israelischen Staat sucht.
Andererseits hat er insofern auch Recht als das die doch sehr extremenen Regierungen Israels ein ums andere mal demokratisch bestätigt werden.

Nur auch hier kann man als Verteidigung anbringen, dass sich die Israelis nunmal durchaus begründet bedroht fühlen. Aus der Luft gegriffen ist das ja nun auch nicht.

Fazit:
Zwei Polemiker treffen aufeinander. Wer holts Popcorn?

Der arme Jakob ist Gefangener seiner Erbanlagen. Bei ihm schießen immer wieder die Walser-Gene ins Kraut. Angesichts dessen ist Platz 9 in der Weltrangliste ganz in Ordnung. Das schmeichelt seiner Eitelkeit.

Dabei ist er nur eine symbolische Wahl. Augstein geriert sich gerne als “israelkritischer” Linker und steht damit in der deutschen Tradition von SDS, RAF und DDR, die schon immer den Arabern die Hand der Solidarität gereicht haben, auf dass die das Werk vollenden mögen, das die Großväter begonnen hatten.

Obwohl, und das muss man den Proseccobolschewisten zugestehen, sich an ihrem Gebaren zuletzt einiges verbessert hat. 1970 haben deutsche Linksterroristen noch jüdische Senioren in München bei lebendigem Leib verbrannt, heute begnügt man sich mit Erlebnistourismus auf einem Kreuzfahrtkutter nach Gaza und kläffenden Kolumnen.

Die Adorno-Fraktion der Titanic hat dazu eine interessante Meinung:

http://www.titanic-magazin.de/essay-augstein.html

Ach die meissten wissen doch garnicht was Semiten sind.
Dieser “Anti-Semitismus”-mist ist nur ein Weg Kritik abzuwehren.
Kaum kritisiert man Israel schon wird man von allen Seiten als Nazi und Antisemit beschimpft.

Edit:

Dabei ist er nur eine symbolische Wahl.

Symbolische Wahl, ja. Ich würde aber die Linken aus dem Spiel lassen.

Augstein sticht natürlich in dieser Liste neben den ganzen „Poltergeistern“ ziemlich hervor.
Auf der anderen Seite muss man das wohl im Verhältnis betrachten, dass das plumpe Gehetze der Muslimbrüder, der europäischen Rechten und Co. den deutsch-europäischen Durchschnittsarsch weniger erreichen würde als der rhetorisch modernisierte Antisemitismus, den Augstein verbreitet.
Graumann aber wiederrum, der Zentralratschef, ist der Meinung, dass gerade die Naziparteien Europas durch einen relativ seriösen Augstein mit auf der Liste „unzulässig verharmlost werden“.
Ich habe ja eine eigene Theorie, warum das „Simon-Wiesenthal-Center“ einen journalistischen Blender wie Augstein gelistet hat, der mehr Einfaltspinsel als Antisemit ist. Ich glaube die jüdische Organisation zeigt zwar mit dem Finger auf den Journalisten, meint aber seinen geistigen Mentor „Günter Grass“, der ja indirekt auch mit in den Fokus geraten ist, aber keine lautstarke Empörung an den Tag legen kann, wie er es nach der Veröffentlichung seiner reimschwachen Hetzlyrik getan hatte.
Die Benennung eines Nobelpreisträgers zum Top-Ten-Antisemiten wäre wohl eine größere Sensation gewesen.
Die „Jüdische Allgemeine“ hat dem Direktor des Simon Wiesenthal Centers mal in der Hinsicht auf den Zahn gefühlt:

Warum hat es Günter Grass in diesem Jahr eigentlich nicht in die Top Ten geschafft?

Sie glauben ja gar nicht, wie schwierig es ist, ein Who’s who der Antisemiten zu erstellen, und dabei niemanden zu vergessen.

Inwiefern?
Die antisemitischen Äußerungen nehmen unserer Wahrnehmung nach stark zu. Der Wettbewerb in dieser ganz speziellen Disziplin ist groß. Da kann es schon einmal passieren, dass auch ein ausgemachter Antisemit wie Günter Grass keine Erwähnung findet. Wenn es so viele Unterstützer Israels wie Antisemiten gäbe, wäre schon viel gewonnen.

http://www.juedische-allgemeine.de/arti … w/id/14867

Klingt für mich nicht plausibel, denn das Gedicht hat weltweit für mehr Resonanz gesorgt als die Kolumne eines durchschnittlichen Journalisten und Zeitungsverlegers.
Ich spekuliere mal über die wahren Motive:
Die Nominierer standen vor einem Dilemma, einem Dilemma, der ihnen leider schon seit Adornos Zeiten wohlbekannt ist.
Ernennen sie den Antisemiten zum Antisemiten, wird die veröffentlichte Meinung dies mehrheitlich gutheißen und den Hetzern den vermeintlichen Beweis liefern, dass jegliche Kritik am Staate Israel von der jüdischen Medienlobby mit der Antisemitismuskeule niedergeknüppelt wird.
Ernennen sie den Antisemiten nicht zum Antisemiten, können die Hetzer das als so eine Art Schuldeingeständnis verkaufen und fröhlich weiter hetzen.
Also eine Wahl zwischen Zonk und Zonk.
Indem jetzt aber die Torte in der antisemitischen Fresse des „Paladins“ landet, kriegt auch sein „Meister“, bzw. „die Meister“ ihr Fett weg, ohne die Situation ausnutzen zu können, dass angeblich wiedermal der „Medienjude“ zugeschlagen hat, denn die „published opinion“ geht ja mehr Richtung Kritik an der Entscheidung als Absegnung.
Ich find’s also gar nicht mal so undoof, den Spot auf Augstein zu richten.
Und ich könnte mir vorstellen, dass SS-Günter sich schon darauf gefreut hatte in der Liste zu stehen und nun enttäuscht ist.

Ach die meissten wissen doch garnicht was Semiten sind.

Anscheinend noch nicht mal die Mitglieder des Simon-Wiesenthal-Centers. Aber man muss den RL-Trollen ja auch keine Aufmerksamkeit schenken :wink:

Ach die meissten wissen doch garnicht was Semiten sind.

Typische Nebelkerze. Wenn „Antisemitismus“ nicht explizit für Judenhass steht, ist das Hakenkreuz auch nichts weiter als ein indisches Glückssymbol.

Mich überrascht da ja gar nicht mehr… höchstens, dass Henryk Broder nicht selbst in dieser “Fahndungsliste” auftaucht. Angesichts seiner folgenden Zitate wäre das mehr als berechtigt:

“Früher mussten wir fürchten, sie (die Araber) wollten uns ins Meer treiben, heute fürchten wir, sie könnten mit ihren Friedensangeboten ernst meinen. Eine vermieste Geschichte reicht uns nicht, wir brauchen auch eine vermasselte Zukunft.”
“Du ahnst in der Tiefe Deiner Seele, dass wir es sind, die den Palästinensern Unrecht tun und nicht umgekehrt, und um dieses Unrecht zu rechtfertigen, musst Du darüber spekulieren, was „die“ tun würden, wenn sie könnten, wie sie wollten.”

http://www.freitag.de/autoren/wolfram-h … breitseite

1970 haben deutsche Linksterroristen noch jüdische Senioren in München bei lebendigem Leib verbrannt, heute begnügt man sich mit Erlebnistourismus auf einem Kreuzfahrtkutter nach Gaza und kläffenden Kolumnen.

Nett übrigens, dass auch damals mancheiner schon mit stolzer Brust darauf bestand, doch bitteschön ein antiimperialistischer Antizionist zu sein, aber keines Falls ein Antisemit. Kampfgefährten berichteten später, dass der Typ, der heute vornehmlich in Ströbeles Büro rumgeistert, damals komplett austickte, als sie ihrem Kollegen Antisemitismus vorwarfen.

Über soviel Sinn für Differenzierung konnten sich die Opfer des jüdischen Altenheims vermutlich auch nichts mehr kaufen. Und dass der Anschlag auf das Jüdische Gemeindehaus in Berlin ausgerechnet am Jahrestag der Novemberpogrome während einer Gedenkveranstaltung geschah… naja das ist halt Zufall und das Jüdische Gemeindehaus hat’s wohl auch nur erwischt, weil die israelische Regierung grad nicht greifbar war.

Hilfreich wäre vielleicht auch eine genaue Definition von Antisemitismus, um die Frage zu beantworten.

Ist ja nicht so, als würde es dazu nicht bereits x Studien und y Definitionen geben. Nur dass diese keinem gefallen und deshalb weitenteils vorzugsweise ignoriert werden. Hier Arbeitsdefinition „Antisemitismus“ des European Forum on Antisemitism:

[…]

  • Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet und verlangt wird.
  • Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.
  • Das Bestreben, alle Juden kollektiv für Handlungen des Staates Israel verantwortlich zu machen.
    […]

Ist ja nicht so, als würde es dazu nicht bereits x Studien und y Definitionen geben. Nur dass diese keinem gefallen und deshalb weitenteils vorzugsweise ignoriert werden. Hier Arbeitsdefinition „Antisemitismus“ des European Forum on Antisemitism:

Eben, ein schönes Beispiel dafür, wie man sich zu Tode definieren kann bis am Ende die ganze Sprache versaut ist: Nicht alle Muslime sind Islamisten - so weit klar; dann gibt es militante Islamisten sowie im Umkehrschluss „gemäßigte“ Islamisten, beides übrigens verschwindend kleine Minderheiten, welche wiederum nicht gleichzusetzen sind mit Salafisten, eine verschwindend kleine Minderheit. Dass all diese Gruppen nicht gleichzusetzen sind mit gewaltbereiten Salafisten, deren Zahl übrigens verschwindend gering ist, versteht sich von selber. :smt017

Ist ja echt genial, einfach in die Definition alles reinpassen was einem nicht gefällt, so dass man am Ende des Tages jeden als Antisemiten bezeichnen kann, wenn es einem gefällt :lol:

Ja stimmt, wir sollten lieber eine Definition nehmen wie “Antisemiten sind alle die, die kleine Kinder aus dem Fenster werfen und süße Pandabären zum Frühstück essen”. Das wäre unverfänglich, hätte Charme, würde sicher jedem gefallen (sicherlich auch Jakob Augstein).

Das ist ja das Problem in dieser Debatte, dass man sich lieber auf Wortglauberei konzentriert (isser nu Antisemit oder nich?), anstatt mit dem ganzen Müll, den er so auf seiner SPON-Kolumne scheibt. Es ist doch absurd, wenn etwa Salomon Korn sich hinstellt und sagt: ja der Jakob ist nämlich gar kein Antisemit (ja wenn er’s sagt!?). Überraschung: Augstein ist bestimmt auch kein Mainzelmännchen und auch kein Weihnachtsmann. So what? Salomon Korn und all die Persilscheinaussteller sollten mal lieber was dazu sagen, was Augstein tatsächlich geschrieben hat, statt auf Wörter rumzureiten. Das Streiten um Wörter und Definitionen hat noch nie was gebracht. Das ist genauso dämlich wie der Versuch AIDS zu heilen, indem man eine andere Definition von AIDS festlegt.

Leute, das Beste an der Sache ist doch, dass Broder weg vom Fenster ist :slight_smile:

Ist ja echt genial, einfach in die Definition alles reinpassen was einem nicht gefällt, so dass man am Ende des Tages jeden als Antisemiten bezeichnen kann, wenn es einem gefällt :lol:

Tja typisches Denken, von Leute (wie Broder), die glauben dass Israel = Judentum bedeutet :smiley: Wer nicht für mich ist, MUSS gegen mich sein.

Können wir das nicht in jedem Land haben ? Angela Merkel wird kritisiert = Antichristlisch (sagt man das so ?), Politik Deutschlands wird kritisiert = Antichristlich, das Christentum wird kritisiert = Ach ist in Ordnung :slight_smile: :smt023

Antisemitismus ist eine Unterform des Rassismus, spezifisch gegen die Juden oder Semiten, je nachdem (Wird oft fälschlicherweise synonym gebraucht um entweder die Juden als Gläubige oder den semitischen Stamm zu bezeichnen).

Rassismus beinhaltet das Herabsetzen einer Gruppe aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu ihrer Rasse, hier wieder die Semiten oder auch mal die Juden, ist in diesem Fall egal. Ein Rassist ist also jemand, der einen anderen aufgrund seiner Gruppenzugehörigkeit als minderwertig als jemand anders ansieht.

Ich glaube nicht, dass Augstein das so sieht. Die Kritik an einer Politik, egal an welchem Land, ist noch kein Rassismus, außer es ist eben damit verbunden, dass man sagt: “Die sind minderwertig”. Zu sagen “Die Siedlungspolitik ist scheiße und eure Besatzung ist völkerrechtswidrig” fällt aber nicht darunter.

Dementsprechend kann ich ehrlich gesagt nicht verstehen, warum Antisemitismus wieder so inflationär verwendet wird. Nur weil ich chinesische Politik kritisere, bin ich doch auch kein Antichinese oder so ein Quatsch. Nur wenn ich die dort lebende Bevölkerung meine und mir ihre Politik schnurz ist und ich sage: “Aufgrund eurer Herkunft / eurer Art seid ihr minderwertig, also weniger wert”, dann ist das Rassismus. Und dumm.

Na das ist doch ganz einfach, Morizon: So muss man sich nicht mit den Argumenten und Ansichten ausseinandersetzen. Der Intellekt von heute benutzt ja nicht die “Nazi!”-Keule, da muss es schon irgendwas hochtrabenderes sein, selbst wenn man eigentlich das gleiche meint (Wobei dem ja nicht so ist).

Für Israels Politik gelten andere Regeln ! Jetzt schweig, oder dir wird die Einreise nach Israel (Grass) verboten ! :smt021 Demokratie ist was wunderschönes :slight_smile: Erst recht die Demokratie, die in Israel diktiert wird.

Das ist ja das Problem in dieser Debatte, dass man sich lieber auf Wortglauberei konzentriert (isser nu Antisemit oder nich?), anstatt mit dem ganzen Müll, den er so auf seiner SPON-Kolumne scheibt.

Leider ist ja der ganze Müll, den die Aufwiegler moderner Prägung von sich geben, auch zum größten Teil Definitionssache.
Hetzerische Schlangen, die heutzutage die Mitte der Gesellschaft anvisieren, müssen ihr Gift subtil, zwischen den Zeilen zischend verbreiten. Denn sonst kommen sie nur rüber wie ein NPD-Affe.
Die dabei angewendeten rhetorischen Tricks sind zwar bekannt, wirken aber trotzdem und lassen immer Hintertürchen offen für den Agitator sich rauszuwinden. Das ist das Problem.
Henryk M. Broder z.B. muss es ja wissen. Wenn’s um den Islam geht, verwandelt er sich selber in eine widerliche, Gift und Galle spuckende Schlange. Deswegen weiß er, dass es absolut nichts hilft, gesonnen zu bleiben, sondern die eigentliche Interpretation des Schmus laut und keifend zu verkünden.
In seinem Brief an „Augstein“ schreibt er:

In einer anderen Kolumne schreiben Sie (Augstein):
„Gaza ist ein Ort aus der Endzeit des Menschlichen. 1,7 Millionen Menschen hausen da, zusammengepfercht auf 360 Quadratkilometern. Gaza ist ein Gefängnis. Ein Lager. Israel brütet sich dort seine eigenen Gegner aus.“

Es stimmt, in Gaza leben etwa 1.7 Millionen Menschen auf 360 Quadratkilometern. Das macht 4700 Einwohner pro Quadratkilometer. In München sind es 4400 Einwohner, in Berlin 3900. Dennoch würden Sie nie schreiben, in München oder Berlin würden die Menschen „zusammengepfercht“ hausen. Denn „zusammengepfercht“ in Verbindung mit „Lager“ ergibt die Assoziation KZ. Und das ist der Zielbahnhof, den Sie suggestiv ansteuern.

„Und das ist der Zielbahnhof, den Sie suggestiv ansteuern.“

  • Tja, leider können Sie das nicht beweisen Herr Broder. Das ist ihre Interpretation, dass Augstein den Vergleich zum KZ zieht.
    Dass die Punkte „Millionen Menschen“, „zusammengepfercht“ und „Lager“ die Assoziation „KZ“ wecken sollen, kann sein, muss aber nicht.
    Den Beweis zu erbringen, dürfte schwer werden. Obwohl es auf der Hand liegt. Obwohl wahrscheinlich fast jeder bei dieser Kombination wohl an die „Vernichtungslager“ des Dritten Reiches denkt.
    Wie fies doppelzüngiges Agieren doch sein kann.

In seinem vor zwei Stunden erschienen Artikel in der „Welt“ beschwert er sich darüber, dass dieser „subtile“,
„intellektueller-wirkende“ Antisemitismus leider als solcher nicht erkannt wird.

Die Intellektuellen dieser Republik, die sonst jedem Zeitgeist auf der Spur sind, klammern sich an einen Begriff von Antisemitismus, der so alt und verstaubt ist wie eine mechanische Schreibmaschine aus den Dreißigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts. Antisemitismus - das ist die SA und die SS, die Endlösung und der Holocaust, Auschwitz und Nürnberg. Sie weigern sich einzusehen, dass auch der Antisemitismus mit der Zeit geht, dass er ein dynamisches und kein statisches Phänomen ist, dass er sich laufend ändert und vor allem: den Antisemitismusforschern immer um mindestens eine Nasenlänge voraus ist. Wie die Hacker den IT-Experten.

Moderne Antisemiten argumentieren subtil…
Die treten nicht mehr als SA-Männer auf und schmeißen keine Schaufenster jüdischer Geschäfte mehr ein. Moderne Antisemiten argumentieren subtil: Sie sagen, Israel sei die Weltgefahr Nummer eins sei und hinter allem stecke die allmächtige „Israel-Lobby“. Und unterstellen damit: Gäbe es Israel nicht, dann wäre der Frieden auf Erden kein Problem. Das ist Antisemitismus pur. Das zu begreifen, überfordert die meisten Intellektuellen, die über „das Ende der Suhrkamp-Kultur“ so bestürzt sind, dass sie darüber vergessen, dass das einzig Beständige im Leben der Wandel ist.

Natürlich gibt es hier und da noch den guten alten Antisemitismus, wie bei der NPD, aber der hat kulturell und politisch ausgedient.

http://www.welt.de/debatte/henryk-m-bro … ubtil.html

Er hat Recht.
Im Forum hier merkt man das auch, nämlich, dass fast die absolute Mehrheit der User, auch solche die sich ansonsten durch eine differenzierte Sichtweise auszeichnen, bei Themen wie dem „Grassgedicht“ oder der Beschneidungsdebatte plötzlich eine ungewohnt intolerante und ignorante Haltung einnehmen.