http://www.ardmediathek.de/das-erste/re … d=13402260
Mit diesem Thread möchte ich FKTV auf eine Reportage von ARD hinweisen die am 13.02. lief.
Mal davon abgesehen das das Phänomen “Zeit- und Leiharbeit” ohnehin eine Sache ist über die wir uns nicht großartig unterhalten müssen. Leiharbeit oder Zeitarbeit zum Tariflohn ist für eine gewisse Zeit in Ordnung. So wie dies mittlerweile in Deutschland und sonstwo gehandhabt wird ist dies ganz klar kritikwürdig.
Ich möchte ich hier aber eher auf die handwerkliche Leistung der Reportage hinweisen und wie dort mit Fakten umgegangen wird. An der einen oder anderen Stelle finde ich die argumentative Faktenlieferung sowie die Recherchearbeit dürftig. Von der “bösen” musikalischen Untermalung ganz zu schweigen - die dem Zuschauer sofort vermittelt wer der Böse ist.
Aus einer von vornherein festgelegter Behauptung, nämlich das Amazon synonym für Ausbeutung ist, wurde von der ersten Minute an ein möglichst einseitiges Bild erzeugt.
Ich möchte hier nur einige Punkte ansprechen die mich etwas ratlos zurücklassen, mir jedenfalls keinen Skandal offerieren:
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Dort wird der Lohn von ausländischen Leiharbeitern von 8,50 Euro kritisiert, den aber tatsächlich so manche Einzelhandelskauffrau oder Friseurin in Deutschland nicht bekommt. In Spanien ist die Arbeitslosenhilfe (wie eigentlich in fast allen Ländern) deutlich reduzierter als in Deutschland. Ich meine doch daher das 8,50 die Stunde nicht der Untergang des Abendlandes bedeuten.
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Da wird der Intervall der Busverbindungen der Leiharbeiter kritisiert (Unterkunft - Werk), verschweigt aber das diese Verbindungen kostenlos sind und die Arbeiter zu Beginn jeder Schicht hin zum Betriebsort und nach Schichtende zurück zur Unterkunft gebracht werden.
Der Punkt das die Schichten teilweise flexibel sind, und das jemand der den abfahrenden Bus verpasst hat dann eben 8 Stunden warten darf bis der nächte Bus abfährt ist aber meiner Meinung nach gültig. -
Eine Leiharbeiterin aus Spanien beklagt sich - oder stellt dies zumindest als fragwürdig hin - das Amazon die Arbeit generalstabsmäßig dürchführt und dadurch Stress entsteht. Dies wurde zumindest in dem Teil der Sendung suggeriert und als negativ dargestellt. Man darf aber an der Stelle nochmal daran erinnern das die Reportage gedreht wurde als das Weihnachtsgeschäft bei Amazon Deutschland (!) auf Hochtouren lief - also quasi November\Dezember 2012. Vielleicht mag die Organisation deutscher Betriebe für manche Menschen befremdlich sein, diese Organsation sichert aber auch einen gewissen Standard im weltweit umkämpften Markt.
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Es wird sich darüber beklagt das Amazon Geld vom Lohn abzieht wenn die Mitarbeiter zu spät kommen.
Davon abgesehen das nicht Amazon einen Teil des Gehaltes einbehält sondern eher die Zeitarbeitsfirma, die ja direkt für die Entlohnung zuständig ist - so ist die Einbehaltung doch wohl rechtlich in allen Betrieben in Deutschland ähnlich geregelt.
Vielleicht mag sich der eine oder andere Zeitarbeiter, aus anderen EU Ländern, über diese Maßnahme wundern - vielleicht ist aber auch genau dies Teil des Problems des “einen oder anderen” EU Staates das sich momentan in einer tiefen Krise befindet.
In einigen Fällen haben Mitabreiter ein sog. Plus-Minus Konto. Komme ich zu spät, dann mach ich an dem besagten Tag nicht die vollen 7,5 Stunden. Wenn ich regelmäßig in meiner Gleitzeit später komme und über Monate hinweg jedensmal pünktlich abhaue habe ich am Ende eben minus 100 Stunden.
Das heißt ich bekomme zwar am Ende des Monats mein normales Gehalt, stehe aber mit 100 Stunden beim Arbeitgeber in der Kreide. Würde ich nun kündigen könnte der Arbeitgeber von mir verlangen das ich 900 Euro überweise - oder dieses Geld mit dem letzten Lohn verrechnet wird.
Das ist doch in jedem Betrieb so, ob bei Opel, Mercedes, Lufthansa, Telekom oder Siemens.
In dem hier vorliegenden Fall wird eben gleich das Geld einbehalten.
Einen Skandal sehe ich hier nicht.
Das der (kostenlose) Werksbus kein Garant ist das man pünktlich zur Arbeit kommt sollte jedem klar sein.
Aber ich kann mir auch nicht vorstellen das einem Unternehmen wie Amazon daran gelegen ist das die Masse der Leute täglich zu spät kommt. Auch dies ist einfach mal in den Raum gestellt worden.
Zugegeben, die Schlagzeile “Amazon hält Geld bei Mitarbeitern zurück” sitzt.
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Sicherheitsfirmen durchstreifen die Hotels und Wohnanlagen in denen die Leiharbeiter leben und gehen teilweise in die Wohnungen rein. Das ist natürlich beschämend und ein Fall von Hausfriedensbruch.
Was man aber in der Sendung getan hat ist das man diese Leute der Sicherheitsfirmen, und die Firmen selbst, in die rechtsradikale Ecke drängt, obwohl dort nichts evidentes in dieser Richtung dem Zuschauer angeboten wurde.
Ein Wachmann trug wohl einen Pullover von Thor Steiner. Ich kenne mich mit diesen Marken nicht aus, aber reicht das Tragen solch eines Pullovers schon für eine solche Behauptung in einer ARD Reportage aus?
Auch bei dem Namen der Sicherheitsfirma, genannt H.E.S.S., geriet der junge Journalist völlig außer Rand und Band und stellte gleich eine Analogie zu Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß her - unter Außerachtlassung das man Heß mit S Z schreibt. Der Name der Firma H.E.S.S. steht für Hensel European Security Services.
Nochmal: sollte sich die Attitüde der Sicherheitsfirmen den Leihabreitern gegenüber als richtig herausstellen wäre das absolut nicht in Ordnung - wenn gleich man mit Formulierungen das “dieser und jener” Angestellte ganz sicher und eindeutig rechtradikal ist doch etwas vorsichtiger sein sollte. Beweise gab es nämlich nicht.
Man hat auch nicht mit Angehörigen der Sicherheitsfirma gesprochen (oder sprechen können). Vielleicht hätten die, was meine Vermutung ist, dem Fernsehteam auch mal ein paar Geschichten erzählen können was in dem einen oder anderen Bungalow in den letzten Jahren Nachts abgegangen ist wenn Alkohol konsumiert wurde. Also jede Medaille hat immer 2 Seiten. -
Das System Amazon wurde immer zwischendurch auf einer alten Karte dargestellt. Damit wollte man wohl den Eindruck einer alten Kriegskarte offerieren, um den “militärischen Charakter” des Unternehmens noch einmal zu hinterleuchten.
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Amazon hat in einer Stellungnahme bereits bekanntgegeben das die Masse der Leiharbeiter immer nur für Spitzen eingestellt wird - also Weihnachten, Ostern etc. Das die Leute einen unbefristeten Vertrag erhalten wurde so nie kommuniziert. Was soll so ein Unternehmen machen. 2000 Leute mehr einstellen dafür das diese Leute nur 3-4 mal im Jahr benötigt werden?
Das wäre im übrigen auch ein ganz interessantes Experiment wenn Amazon Deutschland mehr Leute als nötig für den regulären Betriebsablauf einstellen würde - und meine Fachbücher demnächt 80 Euro - und nicht mehr wie bisher 66 Euro kosten. Dann bestelle ich anschließend über Amazon.UK oder Amazon.Com das billigere Buch und Amazon.De kann gleich im Anschluss wieder Stellen abbauen. -
In einem Zeitungsartikel (Link kann man noch nachliefern) kamen auch Festangestellte von Amazon zu Wort die sagten das die Stimmung im Unternehmen völlig normal sei. Wurde in der Reportage auch nicht angesprochen.
Ich nehme mal an das diese Reportage von Traumaugen geplant und durchgeführt wurde. Für mich persönlich Stern TV \ RTL Niveau.
Es wäre für die Gesamtevaluierung der Reportage hilfreicher gewesen wenn man sich auf das Thema Leiharbeit fokussiert hätte am Beispiel meherer Firmen, unter Umständen auch unter Hinzunahme von Betrieben aus anderen Ländern.