ARD Interview mit Syriens Präsident Assad

[video]http://www.youtube.com/watch?v=oHVGqxlFxvI[/video]

Dieses Video ist wirklich interessant und der Interviewer stellt meiner Meinung nach die richtigen Fragen. Vor einigen Monaten gab es ein ähnliches Interview von einer amerikanischen Journalisten, die es leider nicht so gut konnte.

Leider scheint Assad in einer ganz eigenen Welt zu leben. Lügt er wirklich hier wissentlich einen vor, oder glaubt er das wirklich, was er hier sagt?

Wieso kann man Assad nicht einfach mal neben Mario Barth und Peter-Scholl-Latour zu Maischberger einladen? Das hätte dochmal was :PPPP

der Interviewer …

… ist Jürgen Todenhöfer, der einem mit seiner selbstreferentiellen Betroffenheitsprosa in zahlreichen Talkshows zu Afghanistan und Mittlerer Osten gewaltig auf den Zeiger geht, der aber dennoch im direkten Vergleich zum senilen Schwadroneur Scholl-Latour die wesentlich angenehmere Alternative ist. Immer wenn es ihm gelingt, seinen Kitschausfluss auf ein erträgliches Maß zu drosseln, merkt man, dass Todenhöfer ein kluger Humanist ist. Insofern eine sehr gute Wahl als Interviewer in diesem Fall.

der Interviewer stellt meiner Meinung nach die richtigen Fragen.

…der war gut! Die „richtigen“ Fragen, vor allem aber für Assad selbst die Richtigen. Aber da hatte Assad vermutlich auch wenig Bauchschmerzen, einem Interview mit dem „Syrien-Liebhaber“ Todenhöfer zuzustimmen. Wird der doch nach (unbestätigten, von Alarabiya als authentisch erachteten) Quellen (1 2) aus dem Präsidentenumfeld als eine Art nützlicher Idiot eingestuft, der in Deutschland stets bemüht ist, ein positives und ausgewogenes Bild des syrischen Machthabers („der anderen Seite“) zu verbreiten.

Bemerkenswert wohlgemerkt dass Todenhöfer explizit als „kein Journalist“, sondern eine „politische sowie philosophische Figur“ genannt wird. OK, das ist wenig überraschend. Todenhöfer ist in Syrienfragen in Deutschland vielmehr in der Rolle eines Agitators weniger eines objektiven Journalisten. Und die Thesen, die er vertritt sind auch allgemein bekannt: an Allem sind grundsätzlich die Amis schuld, die Opfer von 9/11 kann man getrost mit den Kriegsopfern im Irak verrechnen und Busch unterscheidet sich in keinster weise von Osama bin Laden. Sowas kommt halt gut an hierzulande.

Und tatsächlich muss Assad auch nicht lange warten, bis der Syrien-Buddy Todenhöfer die „richtigen“ Fragen als Stichwortgeber für Mr. Präsident auffährt… Ja sagen Sie mal, wie ist das denn nun mit den Amis; sind die nicht eigentlich für die Ermordung der syrischen Zivilisten verantwortlich? Und was meinen Sie, wenn sich die Rebellen ergeben würden und sich entwaffnen ließen, würden Sie dann mit denen verhandeln? Ja logisch, solche Treudoofheit wünscht sich doch jeder Diktator.

Nun zur ARD: vermutlich dachte man sich, nach dem genialen Coup des ZDF (Diktatoren fragen, Journalisten antworten), müsse man da jetzt mal nachlegen. Nur wieso schickt man keinen echten Journalisten nach Syrien runter? Ja vermutlich weil die Typen dort niemand anders außer Todenhöfer haben wollten. OK, Todenhöfer kann ja meintwegen so oft sich dort anbiedern wie er will; nur dass die ARD das Interview dann derart darstellt, als sei das vergleichbar mit dem Kleber-Interview ist dann doch reichlich hanebüchen. Es ist eben nicht vergleichbar, wenn einerseits ein unabhängiger Journalist (wenn auch etwas unfähig) ein Interview führt oder jemand der selbst politischer Agitator in der Sache ist.

@Greggy: Harald Schmidt hat das so formuliert: „Ein Peter Scholl-Latour, der auch weinen kann“

Ich weiß gar nicht, was ihr gegen Todenhöfer habt. Welche Qualitäten bringt denn ein “richtiger” Journalist mit, über die Todenhöfer angeblich nicht verfügt? Die Behauptung, er sei ein treudoofer Assad-Sympathisant, halte ich für sehr oberflächlich und polemisch. Er ist vielmehr einer der wenigen Menschen, die eine Meinung zu Syrien haben und gleichzeitig über eine gewisse Kenntnis des Nahen und MIttleren Osten verfügen, sich nicht zu schade sind, die Situation vor Ort zu betrachten, mit den “einfachen Menschen” vor Ort zu reden und, was ich besonders betonen möchte, nicht blind irgendeinem Mainstream folgen.

Ich habe bei dem Interview auch nicht das Gefühl, dass er sich unjournalistisch verhält. Er gibt, im Gegensatz zu den der Propaganda ergebenen, Assad die Möglichkeit, seine Position darzustellen. Was genau ist daran verkehrt? Dass er überhaupt mit Assad redet? Er behauptet auch nie, die Ansicht Assads zu teilen, dass die Amis für die Ermordung syrischer Zivilisten verantwortlich sind (was A. übrigens auch so nicht gesagt hat). Mir ist es lieber, jemand stellt faire Fragen und lässt seinem Gegenüber die Gelegenheit, ohne Maulkorb darauf zu antworten, als ein Journalist, der alle Antworten sofort infrage stellt, wenn sie nicht mit seiner Meinung übereinstimmen. Kürzlich habe ich ein Interview von Julian Assange mit Scheich Nasrallah gesehen [1] (sein erstes in 6 Jahren übrigens), woran mich im Stil sehr das Todenhöfer-Interview erinnert hat. Warum können wir es uns nicht auf die Fahnen schreiben, der vermeintlichen Gegenseite auch einfach mal zuhören zu können, ohne gleich als Komplizen zu gelten? (Ich halte Nasrallah übrigens für eine deutlich kontroversere Figur als Assad, wobei ironischerweise N. einen großen Anteil daran haben dürfte, dass zurzeit so heftig mit der Propagandakeule auf A. eingeschlagen wird, das nur am Rande).

Was das Thema Syrien angeht, so weiß nicht, in welchem Umfang ihr bereit seid, in eine Diskussion einzusteigen, nur folgendes möchte ich zu bedenken geben: Wer Todenhöfer kennt, sollte wissen, dass er ein Mensch ist, der eher für das Proletariat, bzw. das einfache Volk, speziell im Hinblick auf den Nahen und Mittleren Osten natürlich, spricht. Warum also sollte gerade er es nötig haben, sich an eine elitäre Herrscherfamilie, die mit seinen Idealen nicht besonders viel gemein haben dürfte, anzubiedern, wenn er nicht tatsächlich der Meinung wäre, dass es zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Interesse des syrischen Volkes ist, wenn er nicht von den verschiedenen politischen und politisch-religiösen Splittergruppen gestürzt wird? So etwas nennt man normalerweise einen Widerspruch.

Peter Scholl-Latour hat übrigens vor einigen Monaten auch mit Assad geredet, aber ich nehme an, senile Schwadroneure sind bei Assad willkommen, solange sie keine richtigen Journalisten sind.

Was mich bei der Kritik von Journalisten generell wurdert ist folgendes:
Warum gelten für ein Interview mit Assad andere Maßstäbe, als bei einem Interview mit einem Bundeskanzler/in, Minister/in oder sonst einer politischen Person?
Sollte es es nicht das Hauptziel eines jeden Journalisten sein, soviele Informationen wie möglich, aus seinem gegenüber heraus zu kriegen?
Tödenhöfer hat sich im Gegensatz zu Kleber nicht vorführen lassen und auch kritisch nachgefragt. Was will man denn mehr?

Hier ist übrigens eine Abschrift des Interviews von Barbara Walters mit Assad, das JumpUp (vermutlich) eingangs meinte. Wenn man das mal vergleicht, werden die qualitativen Unterschiede m.E. sehr schnell klar. …aber wenn man noch nichtmal das Fehlen kritischer Nachfragen seitens Todenhöfers zu erkennen vermag, bin ich da leicht skeptisch, ob das was bringt.

Es geht auch nicht nur um kritische Nachfragen, oder die richtige Spürnase für mögliche Angriffspunkte zum Herauskitzeln wirklich interessanter Aussagen. Das Problem fängt ja schon da an, dass die Fragethemen a) ziemlich sinnlos waren und b) Todenhöfer eher daran interessiert war, in dem Gespräch eine Bestätigung für seine eigene Spurrille zu finden, wie die WELT sich ausdrückte.

Kritische Nachfragen Todenhöfers dazu oder zu den anderen Behauptungen? Wenige, eigentlich sogar, gemessen an deutschen journalistischen Standards, gar keine.

Man kann als Querdenker in der selbst gezogenen Spurrille quer zum moralischen Menschenverstand stecken bleiben, und Jürgen Todenhöfer ist gerade dabei, dies zu tun.

Das Interview hatte entfernte Ähnlichkeit mit früheren solchen Gesprächen anderer idealistischer Publizisten und Querdenker, die im Krieg den netten heroischen Joe Stalin trafen oder vor dem Krieg den erstaunlich kenntnisreichen Herrscher vom Berghof priesen, der doch eigentlich nur anstrebe, was alle anstrebten, zum Beispiel das Selbstbestimmungsrecht der Völker auch für Deutsche.

Der WELT-Artikel ist aber schon ganz schön dreist und zeigt nur einmal mehr, dass die Springer-Presse eine ganz klare Linie in Punkto Syrien fährt. Übrigens ist ein Narr, wer leugnet, dass Al-Qaeda in Syrien seine Finger im Spiel hat, ebenso wie die levantinische Al-Nusra, die aus der irakischen Al-Qaeda hervorgegangen ist und Fatah al-Islam, die 2006 zwei Kofferbomben in einem Zug in Nordrhein-Westfahlen verstaute. Dass Assad sagte, es sei das Ziel der Aufständischen, Drogen von Europa in die Golfregion zu schmuggeln, mag auf den ersten Blick absurd erscheinen. Andererseits: Was soll er denn sagen? Dass die Aufständischen die Regierung stürzen und seine Familie massakrieren wollen? Das sollte aus innenpolitischen Gründen kein autoritärer Herrscher vor laufender Kamera zugeben.

Dieser bunte Al-Qaida-Haufen, gekleidet in syrische Armeeuniformen.

Ja, die Aufständischen tragen tatsächlich syrische Armeeuniformen, denn die Mehrzahl der Kämpfer sind übergelaufene Armeeangehörige. Nein, es sind nicht alle Al-Qaeda Angehörige, aber das hat Assad auch nie behauptet.

Ganz sicher aber war Assad sich wiederum dazu, dass die Mehrzahl der Ermordeten seine Anhänger gewesen seien.

Zunächst einmal ist die Zahl der getöteten regierungstreuen Truppen vergleichbar mit der der Aufständischen Truppen. Abgesehen davon gilt dasselbe: Was soll er sagen? Die Opposition wird behaupten, sie hätte die größten Verluste und dasselbe gilt auch für die Regierung.

Er wusste auch, dass die USA in Syrien al-Qaida unterstützen (!), zumindest politisch.

Das Ausrufezeichen deutet darauf hin, dass die WELT dies als völlig absurd und an den Haaren herbeigezogen wertet.
In einem Interview hat Hillary Clinton dies mehr oder weniger bestätigt. 1 Verbindungen zwischen USA und Al-Qaeda werden von Russia Today beinahe täglich hergestellt, wie es scheint 2 3 4.
Auch ist es nichts unbedingt neues, dass die USA mit Al-Qaeda koalieren: 5

Zwei ganz blöde Einwände:

„Der syrische Präsident ist anders als all die Diktatoren, die ich in meinem politischen Leben kennenlernen musste. Er ist ein stiller, nachdenklicher Mann.“

So what? Darf man so etwas etwa nicht sagen? Was interpretiert die Bild - ääääääh Welt hier wieder rein?

Außerdem bot er Todenhöfer eine neue Definition von Demokratie an. Mitmachen darf da nur, wer Sitze im Parlament hat. Nur dann vertreten politische Akteure Menschen.

Vielleicht bin ich ja komplett ignorant, aber das ist im Prinzip auch mein Verständnis von repräsentativer Demokratie. Von direkter Demokratie halte ich nicht viel und von Lobbyismus auch nicht.

Was das Interview von Mrs Walters angeht: Ja, sie hat ihn da deutlich härter angepackt als Todenhöfer, bis zu einem Grad, dass ich es als unfair bezeichnen würde. Das Interview fängt bereits mit einer Vorwegnahme an: „much of the world regards you as a dictator and a tyrant.“ Ja, Syrien ist keine Demokratie. Mrs. Walters dürfte eigentlich bewusst gewesen sein, dass es im Nahen und Mittleren Osten bis auf den Libanon und Israel keine demokratischen Staaten gibt. Die Experimente Ägypten, Tunesien, Libyen und Irak werden zeigen, ob sich dies bald ändern wird. Später heißt es, wer ist denn „much of the world“ bzw. was er als „most of the world“ auffasst, was auch so gemeint war. Der Westen, die Türkei und Jordanien also. Außerdem noch die arabische Liga, also im Klartext Saudi-Arabien, Qatar und die Emirate als Tonangeber. Sind sie bereit, mit anderen Korrespondenten zu sprechen? - Ja. - Wirklich??? Ich meine, ganz ehrlich jetzt? Sie tun das doch nicht, dachte ich, oder wie jetzt? :shock: - Doch klar, erst neulich hab ich mit zwei Briten geredet, einem Franzosen und anderen. Wollen Sie die Artikel haben, die sie geschrieben haben? 8)
Nun denn, der Rest über die geplanten Reformen und Präsidentschaftswahlen war recht interessant. Ob und in welchem Umfang dies umgesetzt wird, bleibt natürlich offen. Ich denke, hätte Todenhöfer mehr Zeit gehabt, wäre sein Interview auch interessanter gewesen. Ansonsten finde ich, verrät das Interview von Mrs. Walters mehr über die Positionen der Opposition (USA, Saudi-Arabien, Türkei, etc.) als über die Positionen Assads.