@ menag:
Dies war nichts einseitiges, was nur die Juden taten.
Diese Praxis (dass man der jeweils anderen ethnischen Gruppe die Arbeit verweigert) war aber offenbar etwas, was vor allem die jüdische Seite tat, und womit sie auch begonnen hatte. Unter dem Titel „Class Warfare: How ‚Hebrew Labor‘ Destroyed Jewish-Arab Solidarity“ führt die Haaretz das aus:
Gozansky’s book thus explodes the Zionist myth that it was the Arabs who launched the hostilities against the Jews. As we see, in the realm of organized labor, at least, it was the Zionist movement that initiated the confrontation. Thus, all the glittering theories that had been disseminated abroad, to the effect that Zionism would work to release the Arab workers from their feudal bonds, were smashed to smithereens on the ground in Palestine. The Zionist leadership did not take action merely to discriminate against Arab workers, but to uproot them altogether. From this point of view, feudalism was more merciful.
Es gab auch Juden, die da nicht mitmachen wollten, aber die bekamen Ärger:
The healthy class sense of some communist Jewish laborers induced them to object to the expulsion of Arab workers from their work in the orchards in Nes Tziona. David Ben-Gurion, the secretary-general of the Histadrut at the time, ordered these 31 dissenters to appear before the Histadrut’s internal “labor tribunal” and also argued the prosecution’s case at the trial. Their protest was termed “illegal” by Ben-Gurion. The opponents of the expulsion had distributed a leaflet stating that Mapai’s intention was “to displace the Arab workers, but the Jewish workers decline to build themselves up on the ruins of the Arab workers.” In another case, when the communists tried to establish a joint labor union for Jewish and Arab rail workers, they were also hauled before a labor tribunal, accused of “breaching Histadrut discipline and acting disgracefully against it [the labor federation].”
(In demselben Artikel wird übrigens auch beschrieben, wie sehr das Militärrecht, unter dem die israelischen Araber bis 1966 standen, ihre Ausbeutung nach dem Krieg begünstigen sollte.)
Wenn jemand so mit Juden umginge wie die zionistische Führung offenbar mit den Arabern, dann wäre sicher von eklatantem Antisemitismus oder Rassismus die Rede - und in diesem Fall sogar zurecht. Oder etwa nicht?
Das „jüdische Volk“ wurde doch auch mal von dort vertrieben.
Diese Argumentation ist völlig irreführend. Zum einen ist es ziemlich zweifelhaft, ob die heutigen Judentatsächlich von den Juden der Antike abstammen. Zum Zweiten gilt mit Schlomo Sand, dass ein solches Prinzip absurde Konsequenzen hätte:
„Dann müssten wir die politische Landkarte gründlich umgestalten, so wie sie vor Tausenden oder Hunderten von Jahren aussah. Das würde ein Chaos geben, Gewalt und Wahnsinn inklusive. Man müsste die Reconquista rückgängig machen, die Araber dürften sich wieder auf der Iberischen Halbinsel ansiedeln. Die Indianer erhalten Manhattan zurück, alle Weißen und Schwarzen müssten New York verlassen. Und die Serben, Nachfahren der Sieger in der Schlacht auf dem Amselfeld 1389, dürften sich wieder im Kosovo ansiedeln dürfen.“
Wenn du also so komische Blut und Bogen Ideologie verfolgst…
Wenn ich sage, dass man einem Volk seine angestammte Heimat (auf der es seit Jahrhunderten siedelt) nicht gewaltsam entreißen darf, dann ist das keine „komische Blut- und Boden-Ideologie“. Es ist eine Selbstverständlichkeit, die übrigens auch auf der ganzen Welt anerkannt wird und grundlegender Teil des Völkerrechts ist. Wenn Du mir nicht glaubst, dann frage irgendeinen unbefangenen Völkerrechtler Deiner Wahl.
Weit eher könnte hingegen von einer Blut- und Boden-Ideologie die Rede sein, wenn jemand der einheimischen Volk ihr Land mit der Begründung wegnehmen will, dass angeblich Gott es vor Jahrtausenden mal den eigenen Vorfahren versprochen haben soll – oder nicht?
Wenn das Volk bestimmen können soll, wer kommen darf, dann doch wohl auch, wer weg muss.
Natürlich darf man die legitimen Einwohner eines Landes nicht vertreiben. Es gibt übrigens ja auch einen menschenrechtlichen Schutz. Falls jemand nur eine zeitweise Erlaubnis hat, ein Land zu betreten, ist es hingegen nicht grundsätzlich verboten, ihn wieder auszuweisen (etwa nach Ablauf des Visums). Dass das im Einzelfall problematisch sein kann, ist klar, aber es geht hier ja um den Grundsatz.
Was sind das denn für reaktionäre Ansichten die du vertrittst?
Nur fürs Protokoll: Ich bin der Meinung, dass ein Volk selbst bestimmen können soll, wer zu ihm kommt, und nicht eine fremde Kolonialmacht (wie Großbritannien im Fall von Palästina). Das sind für Dich also reaktionäre Ansichten.
Übrigens kannst Du mal die Israelis fragen, was sie davon halten würden, abertausende, zehntausende oder gar hunderttausende Nicht-Juden aufzunehmen. Sicher ist Dir beispielsweise bekannt, dass man auch in Israel Flüchtlinge aus Afrika nicht gerade willkommen heißt. Die Zeit beschreibt das unter dem Titel „Knast oder Ausreise. Israels Umgang mit afrikanischen Zuwanderern zeigt, wohin eine Flüchtlingspolitik führt, die auf Abschottung setzt“. Ich finde Israels Haltung durchaus moralisch bedenklich; dennoch glaube ich umgekehrt auch nicht, dass eine Kolonialmacht die Israelis zwingen sollte oder dürfte, Millionen völlig fremde Leute (etwa aus Afrika) aufzunehmen, die dann am Ende ein Drittel der Bevölkerung ausmachen. Und Du? Stimmst Du dieser meiner Auffassung zu oder nicht?
…in umstrittenen Gebieten…
Es gibt keine umstrittenen Gebiete. Das habe ich Dir doch schon erklärt. Die ganze Welt - die UNO, der Völkergerichtshof, das Rote Kreuz, die EU, die USA und selbst das oberste israelische Gericht - erkennen an, dass es sich klarerweise um besetzte Gebiete handelt. (Das habe ich auch ausführlich belegt.) Aber gut: Du hast Dich sicher gründlich mit der Rechtslage beschäftigt, sämtliche relevanten Gutachten gelesen und bist dann nach sorgfältiger Erwägung zum Schluss gekommen, dass die ganze Welt (das oberste israelische Gericht eingeschlossen) Unrecht und allein die israelische Regierung recht hat. Deine Haltung hat sicher nichts mit Ideologie zu tun.
Und bevor jetzt der Einwand kommt, dass ich mich auch nicht gründlich mit diesen Fragen beschäftigt habe: Ja. Aber im Zweifelsfall ist es wohl ein wenig vernünftiger, der ganzen Welt (Völkergerichtshof, höchstes israelisches Gericht, UNO und Rotes Kreuz inklusive) Glauben zu schenken als einem Benjamin Netanjahu oder einem Avigdor Liebermann. Abgesehen davon leuchtet es wohl auch den allermeisten Menschen unmittelbar ein, dass man einem Volk nicht einfach seine angestammte Heimat entreißen sollte. Dir scheibar nicht, okay.
Aber stell Dir mal umgekehrt vor, jemand würde israelische Recht, die praktisch von der ganzen Welt (Völkergerichtshof und UNO eingeschlossen) anerkannt werden, negieren; dann käme von Deiner Seite vermutlich alsbald der Antisemitismus-Vorwurf.
Anstatt beides zu akzeptieren oder zu kritisieren, wirst du inkonsequent.
Wie schon gesagt: Zwischen illegalen Kolonialisten, die an Verstößen gegen das Humanitäre Völkerrecht teilnehmen, einerseits und den rechtmäßigen Einwohnern eines Landes andererseits sehe ich schon einen kleinen Unterschied. Aber das ist ja wieder diese krude Blut- und Boden-Ideologie, die allerdings von der gesamten zivilisierten Welt vertreten wird, mit Ausnahme der israelischen Regierung.
Als ethnische Säuberungen würde ich es weiterhin nicht bezeichnen. Es war nun mal ein Krieg. Dass dabei Menschen fliehen und von Armeen vertrieben werden, ist normal. Hinter dem Wort „ethnische Säuberungen“ steht für mich der explizite Wille eine Region von bestimmten Menschen zu reinigen. Dies ist offensichtlich nicht passiert, wie man allein an der Anzahl der in Israel und den umstrittenen Gebieten lebenden Araber erkennt.
Diese Behauptung habe ich durch verschiedene Quellen eindeutig widerlegt - unter anderem habe ich (wie die Wikipedia) darauf hingewiesen, dass die entsprechenden jüdischen Verantwortlichen selbst von "cleansing "oder „to cleanse“ sprechen. Ich habe sogar lang und breit Rabin zitiert, der explizit eine gezielte Vertreibung beschrieben hat. Und um nochmals aus der Wikipedia zu zitieren:
According to Ian Black, Middle East editor for „The Guardian“ newspaper, the Palestinian exodus is „widely described“ as having involved ethnic cleansing.[15] …[71] Israeli documents from 1948 use the term „to cleanse“ when referring to uprooting Arabs.
Und ja: Es wird dort das Beispiel eines einzigen (strikt zionistischen) Historikers genannt, der das anders sieht, dessen Werke aber von seinen Kollegen zerrissen wurden.
Aber gut: Es irren sich eben mal wieder alle, bis auf menag und ganz wenige zionistische Historiker. Und dass menag nicht dem breiten Konsens, sondern einer kleinen Minderheitenmeinung folgt, hat natürlich wieder keine ideologischen Gründe. Nein, es liegt daran, dass er sich intensiv und gründlich mit allen Argumenten beider Seiten beschäftigt hat, und dann nach reichlicher Überlegung zum Schluss gekommen ist, dass die Argumente der ganz kleinen Minderheit viel überzeugender sind.
Und war das „Argument“ angeht, dass ja nicht alle vertrieben wurden, sei nochmals Lustick zu zitieren:
Even before the (still-partial) opening of the Israeli archives in the
early 1980s, it was widely known in academic circles that the causes of the
‚displacement‘ of seven-eighths of the Arabs living in the territory that became
the Jewish state primarily lay in the weakness of Arab elites and the terror of a
population panicked into flight by massacres, bombardments, intimidation and
forced evacuations. These were actions carried out under a general umbrella of
protection and encouragement from Ben-Gurion and other political leaders, but
with varying degrees of brutality and effectiveness depending on the time and
location of the fighting and the inclinations of local commanders.
Zitat menag
…findest du es super und legitim den jüdischen Staat abzulehnen…
Bitte belege diese Behauptung!! Wie Du sicher weißt, habe ich so etwas nie gesagt. Ich persönlich lehne Israel auch nicht ab (was ich auch klargestellt habe). Alles, was ich gesagt hatte, war, dass jemand, der Israel ablehnt, nicht zweingend ein Antisemit ist. Und das wird niemand anders sehen können, der nicht beispielsweise behaupten will, dass zahlreiche traditionell religiöse Juden „Antisemiten“ seien.
Aber wärend du es total schlimm findest, wenn Leute einen deutschen Nationalismus und einen deutschen Nationalstaat ablehnen…
Habe ich auch nicht gesagt. Es wäre nett, wenn Du mir nicht dauernd Dinge in den Mund legen würdest, die ich gar nicht gesagt (und nicht mal angedeutet) habe.
Tatsächlich habe ich die Antideutschen (indirekt) kritisiert, weil sie extrem völkisch denken (wörtlich: „Dass Leute, die in solchen völkischen Kategorien denken, derartige völkische Ressentiments pflegen und eine solche Einstellung zur Ökonomie haben, sich oftmals offiziell selbst als ‚Linke‘ geben oder als solche akzeptiert werden, ist ein Witz.“)
In Wahrheit dekonstruieren die Antideutschen den extremen Nationalismus nämlich nicht, sondern behalten ihn bei - nur auf unkonventionelle Art. Ihre „Nation“, ihr „Volk“ und ihr „Vaterland“ sind für sie weiterhin zentrale Bezugspunkte - nur eben ins Negative gewendet. Und ihre bedingungslose Solidarität gilt weiterhin einem bestimmten Land - nur eben nicht ihrem eigenen Land, sondern einem Ersatz-Land (nämlich Israel). Hier haben wir es mit einem Chauvinismus zu tun, der zum einen Teil negativistisch und zum anderen Teil „verschobenen“ ist; aber die grundsätzliche Art des Denkens ist immer noch genau dieselbe. Und sie umfasst beispielsweise die Quasi-Hypostasierung von Nationen sowie eine reichlich simple Schwarz-Weißmalerei, bei der Völker in „Gute“ und „Böse“ aufgeteilt und stark idealisiert oder radikal abgewertet werden.
Zitat Enio:
Ich glaube, der Sinn ist nicht sehr schwer zu verstehen. Ob die Angebote der Hamas nur Schein-Angebote sind, wissen wir nicht; dafür hingegen, dass die Angebote Ben-Gurions nur Scheinangebote waren, spricht sehr viel.
Zitat menag:
Doch, das weiß man. Du nur nicht, weil du es nicht wissen willst. Das konntest du auf mehreren von dir verlinkten Wikipedia-Artikeln lesen.
Da ich Dir immer brav Belege für eigentlich unstrittige Dinge gebracht habe, wirst Du mir sicher auch weiterhelfen. (Und bitte komm mir nicht damit, dass die Hamas derzeit in ihrer Satzung die Vernichtung Israels fordert. Das weiß ich auch. Die Frage wäre, ob die Hamas ihre Haltung im Rahmen eines Friedens zu ändern bereit wäre - das würde man natürlich von ihr erwarten.)
Wenn man das Geld mal für die Erneuerung von Leitungen, die Wiederaufbereitung von Wasser, statt für Terroristen benutzen würde, dann wäre es schon viel besser.
Dass es auch teilweise Schuld und Versagen bei palästinensischen Behörden gibt, mag sicher so sein. Dass aber die Hauptschuld an den enormen Diskrepanzen der Wasserversorgung zwischen Siedlern und Einheimische an den Palästinensern selbst und nicht an der israelischen Regierung liegen soll, kannst Du erzählen, wem Du willst. Und „Lizas Welt“ ist für mich keine überzeugendere Quelle als Amnesty International - ich habe keine Ahnung, wer hinter „Lizas Welt“ steckt und wie seriös die Seite ist. Ich selbst habe meistens mit möglichst neutralen und möglichst wenig angreifbaren Quellen argumentiert - wie der Wikipedia, Amnesty International, anerkannten (meist israelischen) Historikern, der Haaretz (der m.W. angesehensten Zeitung Israels), großen Nachrichtenjournalen usw. Und ja, auch da kann es natürlich Fehler und Propaganda geben - das weiß ich auch. Aber die Wahrscheinlichkeit ist jedenfalls reduziert.
(Soweit ich in Einzelfällen mal eine andere, weniger bekannte Seite verlinkt habe, habe ich das teils einfach getan, um eine Online-Belegquelle für ein Zitat angeben zu können, das mir ohnehin bereits geläufig war. Auf die Wahrheit-doc-Seite etwa habe ich allein verlinkt, um eine Online-Quelle für das Balfour-Zitat anzugeben, soweit ich mich nicht schwer täusche. Das kannst Du ja leicht selbst nachprüfen. Ich hätte für eine englische Version des Zitates aber genau so gut auch auf die Wikipedia verlinken können. Damit sei nichts für oder gegen die Wahrheit-doc-Seite, aber ich versuche wie gesagt Quellen zu finden, die möglichst unstrittig sind. Und meistens gelingt mir das ja auch.)
Und es tut mir leid, aber ich traue im Zweifelsfall eher Amnesty International als irgendeiner „Liza“; und Amnesty sieht die Hauptschuld offenbar bei Israel und macht der israelischen Regierung schwere Vorwürfe:
Israel’s actions and policies have greatly diminished existing water sources and restricted the availability of water for the Palestinian population in the OPT in breach of Israel’s obligations
under international human rights and humanitarian law. These actions and policies include
diversion of the Jordan River and its tributaries, leading to the denial of access to water from
this source for the Palestinians, the imposition of quotas and restrictive allocations of water from the aquifers as well as restrictions on construction of new water installations. Through these actions and policies, Israel breaches its obligation under the ICESCR to respect the right to water, which requires that state parties
refrain from interfering directly or indirectly with the enjoyment of the right to water… The military orders imposed and maintained by Israel create substantial barriers to the availability and accessibility of water for the
Palestinian population and are applied in a discriminatory manner between Israeli settlers and the Palestinians living in particular areas… They also breach the Hague Regulations’ prohibition on the occupying power changing the character and nature of property and natural resources in the occupied property, and the obligation to safe guard and administer these resources in accordance with the rule of usufruct and not to utilize the resources of the occupied territory for the benefit of its own civilian population.
Aber gut, das sind sicher auch alles Antisemiten. Denn wer Israel so hart kritisiert, muss ja ein Antisemit sein. Dass die Kritik berechtigt sein könnte, ist ja schon a priori auszuschließen. Israel ist keine typische Okkupationsmacht. Was war dieser Jeschajahu Leibowitz auch für ein Ignorant und Dummkopf, als er bereits 1968 über die Besatzung vorausgesagt hatte:
Die Araber verwandeln sich in die Arbeiterklasse, und die Juden zu Administratoren, Inspektoren, Verwaltern und Polizisten - vor allem aber zu Geheimpolizisten. Ein Staat, der eine unfreundlich gesinnte, eineinhalb bis zwei Millionen fremde Menschen zählende Bevölkerung beherrscht, wird zwangsläufig zu einem Staat, der von einer Geheimpolizei beherrscht wird - mit all seinen Implikationen für die Bildung, die Redefreiheit und die Demokratie. Die korrumpierenden Kräfte jedes Kolonialregimes werden sich auch im israelischen Staat zeigen. Die Verwaltung wird mit der einen Hand den arabischen Aufstand unterdrücken, und mit der anderen sich arabischer Quislinge annehmen. Es bestehen auch gute Gründe für die Befürchtung, dass die Israel Defence Force, die bis jetzt eine Volksarmee war, als Resultat dieser Entwicklung sich in eine Besatzungsarmee verwandelt, degeniert, ihre Offiziere zu militärischen Verwaltern mutieren und sodann ihren Kollegen in anderen Nationen ähneln.
Nichts davon ist bekanntlich eingetroffen, und wenn wohl so ziemlich alle Menschenrechtsorganisationen und neutralen Beobachter behaupten, dass dem doch so sei, dann sind sie halt auch alle Antisemiten. Und wenn selbst der amtierende israelische Staatspräsident Reuven Rivlin die israelische Gesellschaft wörtlich als „krank“ („sick“) bezeichnet, dann wird er wohl auch einfach nur ein weiterer Antisemit sein.
Mich wundert nur noch ein wenig, dass der spätere Ministerpräsident Ehud Barak auf die Frage, was aus ihm geworden wäre, wenn er als Palästinenser geboren worden wäre, nicht das einzig Vernünftige gesagt hat: Nämlich dass er dann dafür kämpfen würde, dass die Palästinenser endlich einsehen, dass die Besatzung ihnen gut tut und sie alles Schlechte ganz allein sich selbst und ihren Führern verdanken. Warum bloß hat er stattdessen ohne Zögern geantwortet, dass er ein Terrorist geworden wäre? Aber vermutlich ist auch Barak nur ein Judenhasser. Und nicht anders wird es sich sicher auch mit der Witwe von Moshe Dajan verhalten, die der israelischen Gesellschaft sogar die Fähigkeit zum Frieden abspricht. Da sollte man gar nicht erst zuhören, weil das eh nur falsch sein kann.
Interessant ist aber, dass Du mit keinem Wort auf das Fallbeispiel eingehst, in dem laut Amnesty International israelische Soldaten Zivilisten erschießen, dafür nicht bestraft werden und die Bewohner gewaltsam von ihrem Brunnen abhalten. Aber sicher ist das erstens gar nicht so schlimm und zweitens auch wieder die Schuld der Besatzten - oder es ist sonst wie wegzuerklären. Ich hatte mich eigentlich schon auf Deine Erklärung gefreut, die sicher sehr fantasievoll ausgefallen wäre.
Die Begründung ergibt keinen Sinn. Ich bin ja eben nicht dieser (absurden) Meinung.
Nur zum Verständnis: Ist es für Dich absurd, dass das Entstehen Israels viel mit dem Britischen Empire zu tun hatte, das Palästina zur Heimstätte des jüdischen Volkes erklärte (ohne die einheimische Bevölkerung zu fragen). Ich glaube nicht mal, dass Du einen halbwegs informierten noch so glühenden Zionisten finden wirst, der behaupten wird, dass es ohne den Kolonialismus der Briten Israel geben würde.
Ich hatte Lord Balfour zitiert, der erklärte, dass man bei der Schaffung einer jüdischen Heimstätte keine Rücksicht auf die Rechte der Einwohner nehmen müsse, und ich habe darauf hin angemerkt, dass das natürlich Imperialismus und Kolonialismus in Reinkultur ist. (Die USA hatte ich überhaupt nicht erwähnt.) Selbst wenn Du jene meine Aussage absurderweise abstreiten solltest, hätte für Dich aus meiner Bemerkung offensichtlich sein müssen, dass ich mich auf das Britische Empire und nicht die USA beziehe - wenn Du denn irgendwelche historischen Kenntnisse des Konflikts hättest. Stattdessen schreibst Du aber: „Wenn du ernsthaft der Meinung bist, die Gründung Israels war ein imperialistischer Akt von den US-Amerikanern und Briten…“ Damit zeigst Du, dass Du meine Kritik nicht nur nicht teilst, sondern dass Du sie auch nicht einordnen konntest.
Aber wie sagte schon der böse Moshe Zimmermann sinngemäß? Dass es so manche Philosemiten gibt, die von Israel wenig wissen, und denen Israel vor allem als Projektionsfläche für eigene Befindlichkeiten dient.
Zwar gab es diesen Teilungsplan, aber es gab auch bereits in der Balfour-Erklärung Versprechen bezüglich eines jüdischen Staates und es gab auch mehrere Versprechen bezüglich eines unabhängigen arabischen Staates. Zu tun, dass diese Versprechen direkt einen in Stein gemeißelten Masterplan implizieren, ist doch naiv.
Das behaupte ich ja auch gar nicht. Ich behaupte nur, dass der britischen Kolonialismus und seine Förderung der jüdischen Einwanderung maßgeblich die Voraussetzungen für die Entstehung Israels geschaffen haben. (Da ist die Balfour-Deklaration nur ein Puzzle-Teil. Und ja, ich weiß, dass es auch Zeiten gab, in denen die Briten die Einwanderung mal stoppten.)
Ohne diesen Imperialismus hätte es entweder einen palästinensischen Staat gegeben, oder aber - wahrscheinlicher - einen größeren arabischen Staat. In beiden Fällen ist es aber äußerst unwahrscheinlich, dass so ein Staat die Masseneinwanderung der Juden erlaubt hätte. Deshalb ist es auch richtig, dass den Palästinensern ohne den Imperialismus der Europäer heute noch ihr ganzes Land gehören würde - ob nun im Sinne eines eigenen Staats oder als Teil eines größeren Staates ist dabei zweitrangig. Jedenfalls wäre es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nie zu ihrer Massenvertreibung und Massenenteignung gekommen.
Das abstreiten zu wollen würde ans Absurde grenzen.
Zunächst zerbrach das osmanische Reich. Dieses teilten sich dann Großbritannien und Frankreich auf. So ist halt Geschichte. Wenn ein Staat einen Krieg verliert, machen die Sieger Sachen damit. Da kannst du meinetwegen noch in 100 Jahren rumheulen, ändern kann mans nicht.
Ist das wirklich Dein Niveau? Ich habe sachlich festgestellt, dass den Palästinensern ohne den europäischen Imperialismus noch heute ihr Land gehören würde (wörtlich: „Du magst da zusammen mit der israelischen Regierung eine andere Auffassung haben, aber die UNO, der Völkergerichtshof und der Rest der Welt sehen das anders als Du und respektieren, dass den Palästinensern wenigstens noch ein Fünftel des Landes zustehen sollte, das ihnen ohne den Imperialismus und Kolonialismus der Europäer zu 100% gehören würde“). Das war es eigentlich erst mal.
Du hingegen hast dann diese völlig unbestreitbare Behauptung meinerseits zum einen zugespitzt und zum anderen als „widerlich“ bezeichnet (wörtlich: "Mal die widerliche Behauptung Israel sei ein Produkt europäischen Imperialismus’ bei Seiten").
Was willst du denn jetzt von mir? Die BRD hat auch Rassisten in Regierungen. Die BRD hatte Antisemiten und Rassisten in Regierungen. Ehemalige SS-Männer und andere NS-Verbrecher.
Das würde heutzutage aber niemand mehr akzeptieren. Es würde heutzutage auch niemand mehr einen Außenminister wie Liebermann akzeptieren - weder hierzulande, noch auch in Großbritannien oder Frankreich. Und wenn doch, und wenn er sich über die Juden so äußern würde wie über die Araber, dann wärst Du der erste, der von Antisemitismus spricht (und in diesem Fall sogar zurecht). Tatsächlich gäbe es eine weltweite Empörung, und er würde ohne Zweifel auf der Liste der „schlimmsten Antisemiten“ landen. Aber noch bedenklicher ist ja, dass Liebermann - siehe den entsprechenden Wikipedia-Artikel - womöglich gar nicht so weit weg vom israelischen Mainstream entfernt ist.
Würdest du fordern, dass US-Amerikaner, welche nicht von Indianern abstammen auswandern müssen? Was ist mit Weißen in Afrika? Was ist mit Australien? Ist es dir das auch so wichtig? Oder um es auf den Punkt zu bringen.
Ich habe bereits auf Schlomo Sands Argumente verwiesen, nach denen auch das Kind einer Vergewaltigung ein Recht auf Leben hat. Ich würde die nicht-indianischen Amerikaner usw. also nicht ausweisen.
Jedoch fände ich schon, dass man das Unrecht, das ihnen geschehen ist, explizit anerkennen sollte, dass man sich bei ihnen entschuldigen müsste, dass man das, was ihnen geblieben ist, respektieren sollte, dass man sie nicht noch weiter entrechten, vertreiben oder verdrängen sollte usw.
Zitat von Deiner Liza:
Man mag es Unrecht nennen, was der arabischen Bevölkerung Palästinas in Teilen widerfahren ist, wie den Indianern Nord- und Südamerikas im 18. und 19. Jahrhundert, den Slawen im Osten des Heiligen Römischen Reiches oder den Iren vom 16. Jahrhundert bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts – ja, man kann sogar den Normannen bei der Einnahme der keltischen Insel 1066 ihr Unrecht vor Augen halten. Steht deshalb das Existenzrecht Großbritanniens in Frage? Muss die Krone endlich dieses Unrecht anerkennen, „um ein normaler Staat zu werden“? Oder das Nato-Mitglied Türkei die Massaker an den Armeniern öffentlich bedauern, bevor man den Türken die territoriale Integrität zugesteht?
Das ist bösartig und manipulativ. Niemand bestreitet das Recht Israels, in seinen allgemein anerkannten Grenzen zu existieren. Tatsächlich hat selbst die arabische Welt Israel auf dieser Basis bereits mehrfach Frieden und Anerkennung angeboten. (Bei einem ersten Friedensvorschlag dieser Art Anfang der 1980er durch Saudi-Arabien hat die israelische Regierung laut Chomsky vor lauter Wut Kampfjets in den saudischen Luftraum geschickt, und westliche Geheimdienstexperten hatten Angst, dass es die Ölfelder bombardiert.)
Auch die Palästinenser haben im Oslo-Verfahren Israel anerkannt. Umgekehrt hat Israel nie die Gebiete der Palästinenser anerkannt, und es ist die territoriale Integrität dieser Gebiete, die bedroht ist. (Wobei das für Dich ja „umstrittene“ Gebiete sind, ich weiß, ich weiß, auch wenn Du damit weltweit so gut wie allein bist.) Nicht die Tatsache, dass Israel sich den Löwenanteil genommen hat, steht zur Disposition, sondern ob den Palästinensern wenigstens noch der letzte ihnen nach internationalem Recht verbliebene (ziemlich kümmerliche) Rest zugestanden wird. Und nicht das Existenzrecht Israels steht auf dem Spiel, sondern das eines palästinensischen Staates (den es nicht einmal gibt und laut Netanjahu auch nicht geben wird).
Das ist aber von der lieben Liza diese typische Verwirr-Taktik, wie man sie bei manchen aggressiven Zionisten findet. Der Besatzer und Eroberer ist das arme Opfer, nicht die Besatzten.
Das Diskutieren mit Dir ist deswegen so anstrengend, weil es bei unserer Diskussion nicht um interessante und offene Fragen geht, sondern um längst beantwortete und unstrittige Fragen.
Unsere Diskussion sieht im Wesentlichen so aus, dass Du längst widerlegte, absurde Propaganda-Positionen wiederkäust, die heute praktisch überhaupt niemand mehr ernsthaft vertritt (falls sie denn je überhaupt vertreten wurden). Beispiele gefällig?
- Dass die palästinensischen Gebiete „umstritten“ seien.
- Dass es keine ethnischen Säuberungen gegeben habe.
- Dass die Flucht der Palästinenser daran gelegen habe, dass die arabischen Führer sie zur Flucht aufgerufen hätten.
- Dass das völkerrechtlich universal anerkannte Anrecht eines Volkes auf sein Land eine absurde Blut- und Boden-Ideologie sei.
- Dass die Aussage, dass den Palästinensern ohne den europäischen Imperialismus noch heute ihr Land gehören würde (und es kein Israel gäbe), „widerlich“ sei.
(Und sicher noch mehr, aber ich schaue jetzt nicht mehr alle Beiträge durch.) All das sind Fragen, die - außer vielleicht Dein Diskussionspartner heißt Netanjahu - völlig unkontrovers sind. Die Diskussion besteht größtenteils darin, dass Du eindeutig falsche Äußerungen tätigst, die man nur noch in Propaganda-Schriften findet, und das in aller Regel ohne jeden Beleg. Meine Part hingegen besteht dann darin, dass ich Dir Beweis um Beweis für etwas bringe, was eigentlich kein Mensch bestreitet und leugnet, weil es einfach nicht zu bestreiten ist. Und oft muss ich Dir die Belege sogar mehrfach servieren, weil Du sie einfach nicht zur Kenntnis nimmst. Was ist das für eine Diskussion?
Ein weiterer Teil dieser Debatte besteht darin, dass ich mir ständig unsinnige Vorwürfe anhören muss. Der Gipfel von allem ist wohl die Behauptung, dass ich den Teilungsplan der UNO falsch dargestellt hätte. Ich habe ihn wahrheitsgemäß so dargestellt, dass 55% an den jüdischen Staat gehen sollten (wo die Juden die Mehrheit und das Sagen gehabt hätten) und nur 44% an den arabischen Staat – und das, obwohl die Araber zwei Drittel der Bevölkerung ausmachten und das weitaus meiste fruchtbare Land besaßen. Aber meine Präsentation ist irreführend, angeblich. Und warum? Weil beide Staaten fast gleich viel Einwohner gehabt hätten. Nun widerspricht diese Tatsache natürlich nicht im Entferntesten meiner Darstellung, und das habe ich auch gesagt; dennoch wurde dieser hanebüchene Vorwurf wiederholt geäußert.
Ein anderer Teil der Diskussion besteht in Strohfeuern, die nur Arbeit machen. Beispiel: Ich hatte geschrieben:
Entgegen dem, was Antisemiten und Philosemiten glauben, sind Juden nicht „besonders“. Es sind normale Menschen. Sie sind nicht schlechter und nicht besser als andere. Und dort, wo europäische Siedler in andere Länder kamen, haben sie die Leute dort kaum je gut behandelt. Sie waren ihnen kaum je dankbar, dass sie in deren Land leben konnten. Fast immer haben sie die einheimische Bevölkerung vielmehr enteignet und verdrängt (wenn nicht Schlimmeres). Das hat dann oft zu Gewaltreaktionen geführt. Diese mögen häufig kritikwürdig sein, aber man sollte Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Und anzunehmen, dass im Fall der jüdischen Siedler und der arabischen Urbevölkerung alles ganz anders war, ist schon etwas gewagt…
Diese Formulierung ist eigentlich völlig klar und unmissverständlich. Ich betone, dass es bei fast allen Siedler-kolonialen Projekten wesentliche Gemeinsamkeiten gibt. Dass es zwischen den einzelnen kolonialen Bewegungen dabei erhebliche Unterschiede gibt, wird dabei keinesfalls abgestritten. Was aber schreibt menag?
Die jüdischen Siedler im Nahen Osten sind sicherlich nicht vergleichbar mit europäischen Siedlern in Amerika.
Was soll ich jetzt dazu sagen? Dass ich nie abgestritten habe, dass es wesentliche Unterschiede gibt? Dass man aber vernünftigerweise doch kaum annehmen kann, dass ausgerechnet diese Kolonial-Bewegung ganz anders ist als jede andere?
Aber eine Frage hätte ich, die ich in der einen oder anderen Form schon gestellt hatte. Um eine Beantwortung drückst Du Dich bisher konsequent. Ich versuche es aber dennoch erneut:
Zitat menag:
Gegen Masseneinwanderung hetzt in Deutschland sonst nur pi-news und co. Aber wenn Juden irgendwo einwandern, dann findens plötzlich alle doof.
Gut, dann schlage ich Dir mal folgendes Projekt vor: Wir fragen die Sinti und Roma, ob sie ihren eigenen Staat wollen. Wenn sie bejahen, dann erklären wir die Elfenbeinküste zum „Mandatsgebiet“ (sprich: Kolonie) von Deutschland - oder wenn Du magst gerne auch zum Mandatsgebiet von einem anderen Land oder der EU. Ob die Menschen, die seit jeher in der Elfenbeinküste leben, das wollen oder nicht, ist uns egal. Wenn die Bewohner sich wehren, dann schlagen wir den Aufstand eben nieder. Und dann lassen wir so viele Sinti und Roma einwandern, dass sie bald ein Drittel der Bevölkerung ausmachen. Und wenn das so weit ist, dann schlagen wir eine Teilung des Landes vor, nach der die einheimische Bevölkerung (mit zwei Dritteln) einen Staat bekommt, der ca. 44% des Landes beinhaltet.
Eigentlich dürftest Du gegen einen solchen Plan keinerlei Einwände haben. Du dürftest darin auch kein Unrecht sehen, und schon gar kein gravierendes. Und? Ist das so? Oder doch nicht?
Ich bin sehr gespannt, ob Du diese zentrale Frage klar und eindeutig beantworten wirst oder nicht. Es wäre wirklich sehr nett, wenn Du endlich mal Farbe bekennen würdest.