American Psycho (Buch)

In American Psycho geht es um Patrick Bateman, einem Abziehbild eines Wallstreet-Yuppies der 1980er. Die ersten 200 Seiten des Buches wird nur der Lebensstandard dieses Mannes und seiner Gesellschaft beschrieben: eine detaillierte, schon manische Auflistung an teuren Marken und Statussymbolen. Sie haben alles, was in seiner Welt Erfolg bedeutet: hochbezahlte Jobs, teure Appartements, schöne Körper und sämtliche Mahlzeiten in Edelrestaurants. In kurzen, unzusammenhängenden Abschnitten (ein Schreibstil, der sich durch das ganze Buch zieht), wird beschrieben, wie er Partys besucht, zahlreiche Drogen konsumiert, Gespräche über Kleidungskombinationen führt, trainiert und mit seinen Kollegen konkurriert. Andere Personen werden nur anhand ihrer Kleidung beschrieben. Darum dreht sich alles in seinem Leben.
Nunja, bis seine andere Seite beschrieben wird, die vorher nur zwei-, dreimal in Nebensätzen angedeutet wurde: Patrick Bateman ist ein Serienkiller, Vergewaltiger und Kannibale der schlimmsten Sorte. Die Gründe für dieses Verhalten werden dem Leser zur Interpretation offen gelassen. Der Charakter beschreibt sich als unfähig eine Verbindung mit seiner Umwelt einzugehen und seine Gefühlswelt als Leere. Jedoch erlebt er das ganze Werk durch immer wieder Panikattacken, die oft durch Kleinigkeiten oder ohne ersichtlichen Grund ausgelöst werden. Einmal bricht er in einem Blutbad zusammen und jammert nur geliebt werde zu wollen. Er zeigt an einer Stelle auch, dass er begreift, was sein Unternehmen und sein Lebensstil für Leid verursachen und scheint Bestrafung zu erwarten und zu schauen, wie weit er dafür gehen muss. Er versucht seine Taten mehrmals anderen gegenüber anzudeuten oder zu gestehen, das wird jedoch stets ignoriert oder als Witz abgetan. Einer seiner Morde treibt auch einen Detektiv auf seine Spur, der allerdings zu froh zu sein scheint mit der High Society in Kontakt zu kommen um sie weiter zu verfolgen. Seine Freunde und Bekannte bezeichnen ihn mehrmals als “boy next door”, für Menschen unterhalb seiner Klasse ist er “yuppie-trash”.
Mit der Zeit nehmen die Morde einen immer größeren Raum in dem Buch ein, werden immer abartiger finden zunehmend in der Öffentlichkeit statt und vermischen sich Halluzinationen, wodurch es letztendlich offen bleibt, was er letztendlich alles getan hat und was nur Gewaltphantasien waren. Er selbst beginnt auch an sich zu zweifeln, macht jedoch weiter wie bisher, weil er keinen Ausweg sieht.

Das Buch hat nach Veröffentlichung im Jahr 1991 stark polarisiert. Wegen der expliziten Beschreibungen der Gewalt war das Buch in den 90ern in Deutschland bis zur Verfilmung verboten. Viele Feministinnen haben gegen das Buch protestiert, obwohl Bateman sowohl männliche wie weibliche Opfer hat, die auch ansonsten jeder gesellschaftlichen Gruppe entstammen. Der Autor Bret Easton Ellis hat deswegen sogar zahlreiche Morddrohungen erhalten.

Nun, wer hat den Stoff gelesen? Die Beschreibungen sind an Intensität kaum zu überbieten sind, was auch an den harten Wechseln zu den unscheinbaren Abschnitten (dreimal auch plötzlich durch seitenlange hingebungsvolle Rezensionen zu der Zeit hochmoderner, aber in der Form völlig überbewerteter Popmusik unterbrochen) liegt. Jeder Charakterzug des Protagonisten und fast aller seiner Bekannten (“Jean, my secretary who is in love with me” bildet die einzige Ausnahme) ist schlichtweg schlecht bis böse. Umso erstaunlicher sind viele Reaktionen von Lesern, die von völligem Angewidertsein bis zu Behauptungen sich mit ihm identifizieren zu können reichen. Was meint ihr zu der Materie?

Ich hab das Buch erst vor kurzem gelesen, nachdem ich den Film gesehen habe, und ich war vollkommen begeistert davon!
In gewissem Maße kann ich sogar verstehen, dass es in Deutschland auf dem Index war, die Art und Weise wie er seine Morde beschreibt waren so abstoßend und irgendwie faszinierend zugleich!
Es hat mich gefesselt, wie er ganz normal seinen Tagesablauf beschreibt, im nächsten Moment so kalt von seinen “finsteren” Taten spricht, und dann, einfach so aus dem Nichts, ein ganzes Kapitel seiner Lieblingsband Genesis widmet.
Für mich definitiv ein Buch, dass ich mehrmals lesen werde, weil man bei jedem Lesen bestimmt einen weiteren Aspekt findet, der das Buch besser und noch lesenwerter macht.

Ich fand das Buch an manchen Stellen zu präzise was die Darstellung des Reichtums angeht. Zuviele Adjektive. Das hat mich teilweise echt gelangweilt, sodass ich vorgeblättert habe.
An anderer Stelle gefällt mir dann aber auch genau das wieder, diese präzise Schilderung der Verbrechen- viel genauer/anders als im Film.

Ich muss zugeben, das ich das Buch beim erstenmal durchlesen, stinklangweilig fand.
Seitenlange beschreibungen über irgendwelche Designerklamotten, mineralwasser oder 80er jahre songs.
Ganz ehrlich, die ersten 200 Seiten hab ich nur durch querlesen geschafft.
Aber dann, begeht “Patrick Bateman” seinen ersten Mord, und ich war durch die extrem detaillerte beschreibung richtig geschockt.
Was Bret Easton Ellis da auf seine leserschaft loslässt, ist schon ziemlich starker Tobak.
Und er schreckt vor nichts…aber auch wirklich vor garnichts zurück.
Da wird schonmal einer frau ein Abflussrohr in die Vagina gerammt, in das eine Ratte entlangkriecht…mehr schreib ich jetzt besser nicht.
Angeblich, soll das Buch noch einmal verfilmt werden.
Mal sehen, ob man sich jetzt etwas näher an der Romanvorlage orientiert…auch was die Gewalt angeht.
Aber ganz ehrlich, ich sehe schwarz.

Nun ja… wenn man vorher schon ein paar Bücher von Henry Miller, Marquis de Sade oder Bukowski gelesen hat, dann schreckt einen Bret Easton Ellis kaum mehr ab.
Das Buch zeichnet sich vor allem darin ab, dass er sämtliche Yuppie-Ideale vertritt. Toll gekleidet, kennt jede angesagte Marke und tritt immer auf wie ein gemachter Mann.
Die innere Zerissenheit des kaputten Typen zeigt sich nicht durch seine Morde, die stets ‘kranker’ werden, sondern durch seine gespaltene Persönlichkeit, die sich mehr und mehr manifestiert.

Bret Easton Ellis ist selber eine gestörte Persönlichkeit. Man sollte eventuell mal “Unter Null” lesen. Das ist der Anfang allen Übels, aber sehr gut geschrieben (nicht so dick wie ‘American Psycho’).
Der Mann hat sehr viel von Truman Capote -> stets auf der Jagt nach dem Extremen und am Ende ist Capote an “Kaltblütig” zerbrochen.

In Lunar Park schreibt Ellis, dass sein Vater die Inspiration für Patrick Bateman gewesen sei. In einem Interviewfragment auf der Wikipedia-Seite zu American Psycho sagt er, dass sein eigener Konsumwahn und die daraus resultierende Leere ihn dazu gebracht haben, das Buch zu schreiben. Dort steht auch, dass er die Gewaltszenen als letztes in das Buch eingefügt hat. An anderer Stelle habe ich gelesen, dass ihm diese Gewaltphantasien zu der Zeit, als er in New York gewohnt hat, oft durch den Kopf gingen.

Angeblich, soll das Buch noch einmal verfilmt werden.

Ich habe bislang nur gehört, dass Imperial Bedrooms (Die Fortsetzung von Less Than Zero) von Ellis verfilmt werden soll. Wenn American Psycho nochmal verfilmt wird, dann hoffe ich aus von Norma_l genannten Gründen, dass es kein Gore-Film wird.

Wer sich die Audiokommentare der Regisseurin und einer Schauspielerin von der Verfilmung anhört, erfährt übrigens, dass der Film mit der Intention gedreht wurde, er habe die Morde wirklich begangen. Das Surreale wie die Verfolgungsszene mit der Kettensäge durch den Flur ohne dass jemand auf das Schreien der Prosituierten reagiert oder das Explodieren des Polizeiwagens nach einem Pistolenschuss soll nur seine verzerrte Wahrnehmung der Situationen darstellen.

[spoiler]Patrick Bateman hat übrigens in zwei weiteren Büchern von Ellis kurze Auftritte, einmal in The Rules of Attraction, wo sein Bruder eine der Hauptpersonen ist, und in Glamorama. In The Informers wird er am Rande erwähnt, wenn ich mich recht erinnere, und in Lunar Park ahmt jemand seine Morde nach.

Patrick Bateman, who’s with a bunch of publicists and the three sons of a well-known movie producer, walks over, shakes my hand, eyes Chloe, aks how the club’s coming along, if tomorrow night’s happening, says Damien invited him, hands me a cigar, weird stains on the lapel of his Armani suit that costs as much as a car.
[…]
„He’s strange,“ Chloe says. „And I need some soup.“
„He’s a nice guy, babe.“
Chloe slouches in the booth, looks at me disgustedly.
„What? Hey, he has his own coat of arms.“
„Who told you that?“
„He did. He told me he has his own coat of arms.“
[/spoiler]

Ich wusste doch, das ich mich nicht getäuscht habe.


Da das Remake von “American Psycho” von Lionsgate herausgebracht wird… die sich unter anderen mit den Saw filmen dumm und dämlich verdient haben, geh ich mal von einer härteren gangart aus.
Ich zumindest, kenne keinen jugendfreien film, der von Lionsgate je produziert wurde.
Eine 1:1 umsetzung des Buches, halte ich aber aus vermarktungstechnischen gründen für ausgeschlossen.

Ich verstehe nicht warum JETZT schon ein Remake von American Psycho gefilmt werden muss?? :smt013 Der Film wird jetzt 12 Jahre alt nicht 25 oder gar älter.
Außerdem zweifle ich daran das sie einen Schauspieler finden der Patrick Bateman so gut umsetzt wie das Christian Bale gemacht hat.

Der film wird wahrscheinlich gedreht, um die Gorefreaks (wie mich) zu melken.
Ganz ehrlich…ich war von der erstverfilmung bitter enttäuscht.
Sind wir doch mal ehrlich.
Das Buch, wurde nur wegen der extremen gewaltszenen ein erfolg.
Hätte man “American Psycho” eben dieser Szenen beraubt…kein hahn würde nach diesen Buch krähen.
Lionsgate versucht halt der Splatter und Gorefraktion, das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Ich bin gespannt.

@To Mega Therion,
ich denke, dass ‚alle"‘ Ellis Filme Gore sind oder wären, wenn alle Bücher von ihm verfilmt werden würden. Da braucht es kaum eine Überlegung. Soviel kranke Scheiße und Gewalt…
Und ehrlich gesagt braucht es auch keinen zweiten Teil von „American Psycho“! Was soll das überhaupt?
Christian Bale war damals eine ‚Idealbesetzung‘! Wie soll man das noch toppen?

Die Biographie von Ellis ist mir bekannt, auch, dass er seine „Wut“ auf seinen Vater münzt (der ja im Grunde DIE Inspirationsquelle ist), aber was wissen wir denn genau? Dass Ellis ziemlich irre ist ist klar, aber man kann natürlich auch Geschichten stricken. Wie genau der Daddy involviert war oder ist weiß nur Ellis Jr.

edit: @bushklopfer,

Hätte man „American Psycho“ eben dieser Szenen beraubt…kein hahn würde nach diesen Buch krähen

Schon richtig, aber das Buch ‚erinnert‘ an eine Zeit, wo die Yuppie-Szene sehr aktiv war. Im Grunde spiegeln sich in der Geschichte drei Dinge wider:
Schönsein! Egalsein! Gewalt!

Ich habe mehr aus den Büchern herausgelesen als puren Gore. Die Gewalt ist nur eines der Stilmittel Ellis’ Bücher und kommt meist nur am Rand vor und da nur um das Setting zu beschreiben. Im Grunde leben seine Bücher von den Charakteren und durch deren Auswechselbarkeit und die stets vernachlässigbare Handlung werden ihre Psychogramme gezeichnet. Die Dialogkunst und die scheiternde Kommunikation sind viel dominantere Elemente in den Romanen und bieten sich zudem besser für Verfilmungen an (dass die zu kurz gekommen sind in der The Informers Verfilmung hat mich mehr gestört als das Weglassen des Vampirs und seines Freundes). American Psycho ist nunmal ein sehr ernster Stoff, der in einen reinen Gorefilm verpackt imo das Kernthema zugunsten einfacher Unterhaltung verfehlen würde. Patrick Bateman ist nunmal ein Yuppie mit Gewaltphantasien, die er vielleicht auslebt, das sind die Aspekte der Geschichte, die ohne sich gegenseitig zu überschatten auch in einer Verfilmung umgesetzt werden müssen. Das ist imo in dem aktuellen Film als Kunst- statt Unterhaltungsfilm gut gelungen.

Dass Romane und Geschichten mehrmals in anderen Kunstformen übernommen werden ist übrigens üblich. Zur Zeit wird ja neben der neuen Verfilmung auch an einem Broadwaytheaterstück gearbeitet. Es gibt zudem immer mehr als eine Idealbesetzung, sowas entscheidet sich sowieso im Zusammenspiel der beteiligten Künstler; Christian Bale war gut, wie er von Mary Harron in Szene gesetzt wurde, ein anderer Regisseur kann es mit einem anderen Schauspieler genauso gut (aber leider auch schlechter) machen. Da muss man wohl erstmal abwarten, bis man sich ein Urteil bilden kann.

(Eine Idealbesetzung für eine B. E. Ellis Rolle muss sowieso auswechselbar sein, das ergibt sich doch aus der Materie. Und das Musikvideo in bushklopfers Link zeigt das auch im Falle von American Psycho.)