Allgemeine Diskussionsprinzipien

Einleitung:
Es sollen hier einige allgemeine Prinzipien des guten und sachgemäßen Diskutierens formuliert werden, die über die Regeln der Netiquette hinausgehen (und deswegen auch nicht in Konkurrenz zu den Forenregeln stehen). Denn auch bei gutem Willen können einem leicht einmal Fehler, etwa in Gestalt logischer Fehlschlüsse, unterkommen, und so mag es hilfreich sein, einen Verweis auf einen Thread mit dieser Thematik setzen zu können. Der Beitrag soll jeweils ergänzt werden, und über Hilfe, Vorschläge und Kritik würde ich mich natürlich sehr freuen.
(Nachträgliche Anmerkung. DerBeitrag ist ausführlich. Mir ist klar, dass nicht jeder das Interesse hat, ihn zu lesen. Aber Sinn und Zweck ist insbesondere, dass es möglich ist, in aktuellen Diksussionen auf einzelne Punkte zu verweisen, und dass dort dann hinreichend genau alles steht.)

Alle nun beschriebenen Normen sollen auf den Prinzipien von Logik, Argumentationstheorie oder schlichtweg der normalen Höflichkeit beruhen und daher allgemein akzeptabel sein. Allgemein heißt dabei: “Für jede vernünftige Person guten Willens.” Die nachfolgenden Prinzipien gelten insbesondere für Sachdebatten, also weniger für untethematische Konversationen.

Prinzipien der Diskussion

1. Es muss um die Sache gehen

Das wichtigste und allgemeinste Prinzip scheint zu sein, dass man nur an einer Diskussion teilnehmen sollte, wenn man überhaupt diskutieren will. Das klingt unglaublich banal, ist es aber absolut nicht. Denn in der Diskussion geht es ja um sachliche Klärung, um Erkentnis und Wahrheit, um Gründe und Vernunft. Und es gibt nun durchaus viele Menschen, die sich auf Diskussionen einlassen, aber denen es einfach darum geht, um jeden Preis im Recht zu sein, auch wenn sie es es nicht ist, oder einfach andere zu überzeugen, ohne ihnen zuzuhören, oder gar über andere zu triumphieren. Anders gesagt sind wesentliche subjektive Voraussetzungen für eine Diskussion notwendig, damit man adäquat Debattenführen kann. Schopenhauer rät deshalb:

“Die einzig sichere Gegenregel ist daher die, welche schon Aristoteles im letzten Kapitel der Topica gibt: Nicht mit dem Ersten dem Besten zu disputieren; sondern allein mit solchen, die man kennt und von denen man weiß, dass sie Verstand genug besitzen, nicht gar zu Absurdes vorzubringen und dadurch beschämt werden zu müssen; und um mit Gründen zu disputieren und nicht mit Machtsprüchen, und um auf Gründe zu hören und darauf einzugehen, und endlich, dass sie die Wahrheit schätzen, gute Gründe gern hören, auch aus dem Munde des Gegners, und Billigkeit genug haben, um es ertragen zu können Unrecht zu behalten, wenn die Wahrheit auf der anderen Seite liegt.”

Nun ist es in einem Forum natürlich unmöglich, sich die Diskussionspartner in solcher Weise auszussuchen; man muss vielmehr davon ausgehen dürfen, dass jeder, der sich an einer Diskussion beteiligt, es auch ernst meint und vernünftig mitreden möchte. Es ist also in einem Forum die Verantwortung jedes Teilnehmers, dass er angemessen diskutiert, denn der andere kann ja nicht erst eine Prüfung durchführen. Wer nicht sachlich diskutieren kann oder will, der sollte meines Erachtensso fair sein, sich einen anderen Zeitvertreib als das Führen von Diskussionen zu suchen.

  1. Sich normel höflich benehmen

Es gilt daher natürlich auch, dass man sich vernünftig benimmt, so wie man es auch selbst erwartet; so dass man von sich selbst ehrlicherweise sagen kann, dass man ein fairer und gutwilliger Diskussionspartner ist.

  1. Sachargumente versus persönliche Angriffe

Bei einer Sachdiskussion geht es um ein bestimmtes Thema, um eine bestimmte Sache. Daher sollte man, wenn man eine andere Meinung als der andere vertritt, seine Thesen und Argumente angreifen, nicht aber ihn als Person (“argumentum ad hominem” nennt man einen solchen persönlichen Angriff). Das bedeutet etwa, dass man dem anderen nicht Kompetenz, Intelligenz, Charekter oder psychische Gesundheit absprechen sollte

Warum gilt das, außer natürlich schon wegen der Höflichkeit? Weil ein Argument im Prinzip nichts anderes als ein logischer Schluss ist. Wenn ich beispielsweise dafür argumentiere, dass ein Draht elektrischen Strom leitet, dann kann ich darauf verweisen, dass er aus Kupfer besteht. Genau genommen handelt es sich bei dem Argument um einen logischen Schluss: “Was aus Kupfer ist, leitet Strom (1. Prämisse). Dieser Draht ist aus Kupfer (2. Prämisse). Also leitet dieser Draht Strom (Konklusion).” Dieser Schluss ist logisch gültig. Gewöhnlich werden einige Prämissen “unterdrückt” und nur mitgedacht, weil es viel zu langatmig wäre, sie explizit alle zu nennen.

Wenn ich, um im Beispiel zu bleiben, jemandem beweisen will, dass ein besstimmter Draht Strom leitet und meinem Gegenüber dazu sagen würde, dass er dumm sei, dann würde aus dieser Bemerkung natürlich keinesfalls logisch folgen, dass der Draht Strom leitet.
In diesem einfachen Fall ist das ganz einfach zu sehen, oft wird es jedoch übersehen, so dass nicht wenige meinen, durch persönliche Angriffe eine Diskussion für sich entscheiden zu können.
Logisch gesehen handelt es sich bei solch einem “Argument” jedoch um einen Fehlschluss. (Da solche Äußerungen darüber hinaus den anderen abwerten und provozieren, sind sie im Interesse einer sachlichen und respektvollen Diskussion zu vermdeiden.)

Es gibt natürlich Situationen, in denen es gerechtfertigt ist, den anderen als Person “anzugreifen”, etwa wenn jemand ständig nur völlig absurdes Zeug von sich gibt in der offensichtlichen Absicht, andere zu provozieren, oder wenn jemand ganz offensichtlich von einem Thema nicht die geringste Ahnung hat, sich aber ständig auf seine außerordentliche Kompetenz beruft. Hier kann man dann auch ein klares Wort sprechen. Man sollte jedoch auch dann korrekt sein; und vor allem sollte man extrem sparsam mit Argumenten gegen die Person sein und in aller Regel möglichst auf sie verzichten.

  1. Unterstellungen vermeiden

Ein Spezialfall des gerade besprochenen “argumenum ad hominem” wäre die Unterstellung. Beispiel: “Klar, dass die Pharma-Industrie behauptet, dass das Medikamment XY sicher ist; die will ja Geld verdienen!” Und unausgesprochen meint man damit auch: "Medikament XY ist in Wahrheit nämlich sehrwohl gefährlich!"
Das Problem ist hier: Das kann sein, muss aber nicht sein. Logisch gesehen wird hier implizit folgende Prämisse als wahr angenommen: “Wenn jemand etwas behauptet, was mit seinen wirtschaftlichen Interessen im Einklang steht, dann muss seine Behauptung notwendig falsch sein.” Das ist natürlich unsinnig, und deshalb ist dieses Argument auch ein Fehlschluss und somit ungültig. Es ist also nicht zulässig, eine These mit unbewiesenen Unterstellungen zu begründen.

Etwas ganz anderes ist es natürlich, wenn man überzeugende Sachargumente dafür hat, dass ein Medikement gefährlich ist, und diese Argumente auch allgemein bekannt sind. Daraus kann man dann auf die Geährlichkeit des Medikaments schließen, und auch darauf, dass die Pharma-Industrie ziemlich wahrscheinlich tatsächlich aus Profit-Gründen Gefahren kleinredet.

  1. Sachlichkeit im engeren Sinne

Sachlichkeit bedeutet, dass man sich auf die zur Debatte stehende Sache und auf die für die relevanten Sachverhalte konzentriert. Allgemeiner lässt sich sagen, dass man während einer Diskussion nichts vorbringen sollte, was für die Sache nicht relevant ist (wie beispielsweise Beleidigungen oder Argumete zu ganz anderen Themen). Nicht immer lässt sich das aber durchhalten, wie gerade unter 3. gesagt wurde. Insbesondere, wenn der andere unsachlich wird, darf man ihn natürlich hierauf aufmerksam machen und ihn bitten, zur Sachlchkeit zurückzukehren. Eine Meta-Diskussion - also eine Diskussion über die Diskussion - ist manchmal sinnvoll und sogar notwendig, obwohl es bei ihr nicht um die Sache selbst geht, sondern um das Diskutieren.
Und natürlich kann man ein Thema auch erweitern oder die Diskussion auf ein anderes Thema lenken; aber das sollte dann bewusst geschehen, und es sollte nicht zu einer falschen Vermischung kommen, wo man dann mit Argumenten für These 1 streitet, die in Wahrheit zu These 2 passen und umgekehrt.

  1. Argumentieren

Es ist natürlich legitim, dass man bei einer Debatte nicht argumentiert, sondern einfach nur seine Meinung kundtut. Allerdings sollte man dann von anderen nicht erwarten, dass sie die eigene Meinung als überzeugend begründet ansehen und als wahr anerkennen. Insbesondere dann, wenn bereits eine Sachdiskussion im Gange ist und verschiedene Argumente genannt wurden, sollte man sich überlegen, ob man seine Meinung ohne Argumente kundtun will.
Vor allem kann jedenfalls eine bloße Meinung oder Behauptung nicht gegen Argumente betstehen. Man sollte nicht versuchen, gegen eine These, die sachlich begründet wird, einfach dadurch anzugehen, dass man das Gegenteil nur behauptet, ohne seinerseits zu argumentieren oder die Argumente der Gegenseite sachlich zu kritisieren. Es ist unangenehm, wenn man lang und breit für etwas argumentiert und der andere dann nichts weiter zu sagen hat als: "Nein, Du hast unrecht, ich hab recht!"
Vorischt aber: Manche Argumente sehen nicht wie Argumente aus, sind aber dennoch gültig. Das kann etwa daran liegen, dass einfach ein Teil nur implizit mitgedacht, aber nicht ausgesprochen wird. Oder eine Behauptung ist aus sich derart offensichtlich, dass sie nicht weiter begründet werden muss oder nicht einmal weiter begründet werden kann. Auch dann ist sie ein Argument.

  1. Quellen und direkte Beweise

In einigen Fällen muss man für ein überzeugendes Argument Quellen nennen. Wenn jemand beispielsweise behauptet, dass ein Promi dies oder jenes getan hat, dann sollte er in der Lage sein, beispielsweise seriöse Presseberichte oder andere glaubhafte Quellen anzugeben; natürlich nur dann, wenn das nicht allgemein bekannt ist.
Manchmal sind Quellenangaben aber auch nicht notwendig oder auch nur möglich, sondern das Argument sollte in einem direkten Sachbeweis bestehen. Dass die Innenwinkelsumme des Dreiecks aus 180 Grad besteht, kann woh nahezu jedem durch einen einfachen mathemstischen Beweis demonstriert werden, was auch bereits früh im Geometrie-Unterricht getan wird. Es ist nicht angemessen, hier auf betimmte Lehrbücher der Mathematik als “Quellen” zu verweisen. Wenn also jemand gültig einen direkten Beweis erbringt, dann ist es unsinnig, ihm vorzuwerfen, dass er keinen Quellen anführe (was allerdings manchmal geschieht).

  1. Argument aus der Autorität

Es kann vorkommen, dass jemand keine sachlich überzeugenden Argumente angeben ann, sondern sich nur auf sein überlegenes Wissen zu berufen vermag. Dieses Argument kann gültig sein, beispielsweise wenn ein Physiker eine Behauptung aufstellt, deren Begründung ein jahrelanges Studium voraussetzen würde. Ob das Autoritätsargument aber subjektiv überzeugt, hängt von den genaueren Umständen ab. Wenn alle Physiker der Welt etwas behaupten, ist das glaubwürdiger als wenn irgendein Forenmitglied etwas sagt. Die persönliche Glaubwürdigkeit und fachliche Kompetenz der “Autorität” sind in solchen Fällen naheleigende Kriterien der Beurteilung. In manchen Fällen ist es das Beste zuzugestehen, dass man die Gültigkeit eines Arguments nicht beurteilen kann und sich eines Urteils zu enthalten möchte. Natürlich sollte man als Argumentierender versuchen, Autoritätsargumente zu vermeiden oder durch andere zu ergänzen, oder, falls das nicht möglich ist, sie so überzeugend wie möglich zu begründen; machmal geht das aber nur sehr beschränkt.

  1. Gültigkeit vs. subjektive Überzeugungskraft

Ein Argument kann gültig sein, ohne dass es jedem einsichtig wäre. Man denke etwa an Beweise der höheren Mathematik. In einigen Fällen ist es also das Beste, etwas einfach zu galuben (etwa wenn alle Experten etwas einstimmig glaubhaft versichern). Manchmal ist es hingegen wie gesagt das Beste, sich eines Urteils zu enthalten. In solchen Fällen solte man zwar das Argument des anderen nicht akzeptieren, ihm aber auch nicht ohne Weiteres vorwerfen, dass er nicht gültig argumentiert. Denn dieser Vorwurf wird dann manchmal erhoben, und er kann unbegründet sein.

  1. Unnötigkeit von Argumenten

In einigen Fällen ist es deswegen nicht nötig, zu argumentieren, weil die behaupteten Sachverhalte offensichtlich wahr, allgemein bekannt oder von allen Seiten akzsptiert sind. Dass Spanien an Frankreich grenzt, braucht man in einer Diskussion unter normalen Mitteleuropäern nicht erst zu beweisen; es kann vorausgesetzt werden.

  1. Beweislast

Wenn eine These umstritten ist und es auf den ersten Blick keinen besonderen Grund gibt, sie als wahr zu akzeptieren, dann trägt derjenige die Beweislast, der sie als wahr behauptet (vorausgesetzt, er will nicht nur seine Meinung kundtun, sondern andere überzeugen oder seine These als begründet darstellen). Daraus folgt aber nicht allgemeingültig, dass derjenige, der die These abstreitet, keine Beweislast trüge. Dieser Irrtum ist immer wieder anzutreffen. Vielmehr tragen prinzipiell erst mal beide Beweislast: Der eine für die Behauptung, dass die fragliche These gilt, der andere für die Behauptung, dass sie nicht gilt. Nur wer eine dritte Position einnimmt und sich aufgrund von noch nicht vorliegenden Beweisen eines Urteils enthält, ist frei von Beweislast.
Beispiel: Nehemn wir an, ich sehe ein Kaninchen und weiß nicht, ob es männlich oder weiblich ist. Dann habe ich keinen besonderen Grund zur Annahme, dass es männlich ist;ich habe aber auch keinen besonderen grund zur gegenteiligen Annahme, nämlich dass es nicht-männlich (also weiblich) ist. Guten Grund habe ich hingegen für die Aussag, dass beides mögliich und etwa gleich wahrscheinlich ist.
(Siehe einschränkend aber 13.)

  1. Argument der Unwissenheit

Grundsätzlich darf man nicht daraus, dass man etwas nicht kennt, schließen, dass es das nicht gibt. Das tun allerdings viele. Immer wieder kommt es vor, dass absolut vernünftige Aussagen oder vollkommen gültige Argumente von einigen Personen als “Nonsens”, “Phrasendrescherei” und ähnliches verschriehen werden, wenn besagte Personen die Aussagen oder Beweise schlichtweg nicht verstehen. (Oft werden sie dabei auch noch aggressiv, ausfallend und beleidigend.) Dies ist aber ein Fehlschluss, denn dahinter steht offenbar die Annahme: “Was ich nicht gleich verstehe, das muss blöd sein.” Das ist aber natürlich Unsinn. Dieser Fehler wird leider immer wieder gemacht und ist sehr lästig, eben weil er oft mit Unsachlichkeit einhergeht. (Zur Diskussionsfähigkeit gehört auch, dass man es ertragen kann, mal etwas nicht zu verstehen oder im Unrecht zu sein, was ja jedem passieren kann.)

  1. Beweis durch fehlenden Gegenbeweis

Ungeachtet des unter 11. Gesagten kann man in einigen Fällen daraus, dass man etwas nicht weiß, darauf schließen, dass etwas wahrscheinlich auch nicht der Fall ist. Das gilt dann, wenn eine Behauptung erst einmal als unwahrscheinlich gilt und sich keine Argumente für sie finden lassen. Wenn es etwa keine überzegenden Gründe für die Annahme gibt, dass eine Sache existiert, dann darf man es als wahrscheinlich ansehen, dass diese Sache tatsächlich nicht existiert. (Nach Meinung der meisten Physiker trifft das beispielsweise auf den Äther zu.) Es gilt außerdem, dass der, der die Existenz einer Sache behaupten möchte, dann die Beweislast trägt, nicht aber der, der die Existenz als unwahrscheinlich zurückweist.

Doch Vorsicht! Auch durchaus diskussionsfähige Zeitgenossen folgern mitunter in diesem Spezialfall aus der Tatsache, dass sie für die Existenz einer Sache keine Argumente kennen, dass es keine Argumente gibt. Dass ist aber ein Fehlschluss. Denn auch wenn diejenigen, die die Existenz behaupten, die Beweislast tragen, muss man erst prüfen, ob diese Leute nicht tatsächlich Beweise vorgelegt haben, bevor man behauptet, dass es keine Argumente gibt und daraus die Nicht-Existenz besagter Sache schlussfolgert.

  1. Argumente des anderen richtig verstehen (wollen)

Leider kommte es immer wieder vor, dass die Argumente des anderen absichtlich oder unabsichtlich missverstanden werden. Dabei wird aus dem Argument des Kontrahenten etwas geschlussfolgert wird, was vielleicht aus dem Argument folgt oder auch nicht, worauf der andere aber überhaupt nicht hinauswill. Dadurch wird das gegnerische Argument unredlich “abgebogen”. Dies ist deswegen möglich, weil Argumente gewöhnlich “verkürzt” verbalisiert werden und daher im Geiste ergänzt werden müssen (siehe 3.). Sie sollten dabei unbedingt “richtig” ergänzt werden, so wie sie offensichtlich gemeint sind.

Beispiel: Der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor von und zu Guttenberg geriet unter öffentlichen Druck, weil er große Teile seiner Dissertation abgeschrieben hatte. Immer wieder war zu seiner Rechtfertigung zu hören, dass man auch ohne Doktor-Titel ein guter Verteidigungsminister sein könne. Die Bundeskanzlerin Angela Merken äußerte sogar, sie habe Guttenberg schließlich als Minister und nicht als wissenschaftlichen Assistenten berufen.

Es ist klar, dass hier die Argumentation der Guttenberg-Kritiker völlig sinnentstellt wurde. Denn die wollten natürlich darauf hinaus, dass Guttenberg ein akademischer Hochstapler sei und deswegen charakterlich für sein Amt ungeeeignet sei; und nicht darauf, dass man als Verteidigungsminister ein Dorktor sein müsse. (Dieses Beispiel zeigt übrigens, wie auch in der Öffentlichkeit unsachgemäßes Argumentieren “salonfähig” ist.)

  1. Sich informieren, bevor man urteilt

Selbstverständlich kann jemand auch zu einem Thema eine Meinung haben, von dem er wenig Ahnung hat. Er sollte dann aber so nett sein, seine Meinung auch als eine vorläufige Ansicht und Vermutung darzustellen, und nichtr als sichere Tatsache. Leider geschieht es aber oft anders. In vielen Fällen wäre es dabei sogar leicht, sich durch eine kurze Recherche wenigstens in etwa zu informieren.
Es ist ärgerlich, wenn jemand ohne jedes Wissen zur Sache irgendeine unsinnige, nachweislich falsche Behauptung von sich gibt und diese als feste und sichere Tatsache darstellt. Noch ärgerlicher ist es, wenn das gegenüber jemandem getan wird, der etwas von dem entsprechenden Thema versteht. Dabei kommt es aber immer wieder sogar vor, dqass derjenige, der wirklich etwas vom Thema versteht, von einem völlig Unwissenden als ahnungslos und inkompetent hingestellt wird. Zu einer fairen Diskussion gehört auch das Bewusstsein, nicht allwissend zu sein. Oder anders formuliert: Nur weil ich ich bin, folgt daraus noch nicht, dass ich alles besser als der Rest der Welt weiß.

  1. Nachdenken, bevor man etwas schreibt

Nicht immer muss man etwas gründlich durchdacht haben. Aber es wäre schon gut, wenn man wenigstens mal kurz über etwas nachdenkt, bevor man es schreibt oder sagt. Das scheint aber oft nicht zu geschehen, wenn bedacht wird, was alles so zu hörenund lesen ist.

  1. Kein Triumphalismus

Wenn es einem gelingt, zu erweisen, dass man selbst recht und der andere unrecht hatte, so ist Triumphalismus fehl am Platze. Jeder hat mal recht, und das ist kein Grund, auf die Pauke zu hauen. Und jeder irrt sich einmal, und das ist nicht schlimm. Schlimm ist es nur, wenn man nicht respektvoll und sachlich diskutieren kann.

  1. Der Wahrheit die Ehre geben

Wenn man merkt, dass der andere recht hat, dann sollte man die Wahrheit anerkennen. Einfach etwas gegen bessere Einsicht abzustreiten, weil man es nicht erträgt, einmal Unrecht zu haben, ist schlichtweg unehrlich und unredlich. Und es ist schon deswegen unfair, wil man ja auch von anderen erwartet, dass sie auch wahrhaftig genug sind, die Wahrheit nicht gegen besseree Wissen zu leugnen. Wenn man nicht zu dieser Ehrlichkeit bereit ist, dann belügt man im Grunde erst mal sich selbst - und disqaualifiziert sich für entszunehmende und faire Diskussionen.

  1. Zirkelschlüsse vermeiden

Eine zirkuläre Argumentation liegt dann vor, wenn eine These mit einem Beweis gestützt werden soll, der bereits voraussetzt, dass die These erwiesen und akzeptiert ist.
Beispiel: “Alles, was in der Bibel steht, ist wah. (These). Wir wissen das, weil es in der Bibel steht (Argument/Beweis).”

Dieses Beispiel dürfte aber wohl selten so zu finden sein, da es zu offensichtlich ist. Gefährlicher sind versteckte Zirkelschlüsse, bei denen beispielsweise die Begriffe im Argument und der These unterschiedlich sind, aber dasselbe bedeuten.

Beispiel nach Lenhard:

“Es ist erwiesen, dass Asbest eine karzinogene Substanz ist.
Alle karzinogenen Substanzen verursachen Krebs.
Also: Es ist erwiesen, dass Asbest Krebs verursacht.”

(“Karzinogen” und "krebsverursachend sind Synonyme, also Wörter mit derselen Bedeutung!)

Oder die zirkuläre Struktur ist auf andere Weise verborgen, beispielsweise, indem das Argument die zu beweisende These nicht explizit beinhaltet, wohl aber auf bestimmte Weise voraussetzt.

Beispiel nach Lenhard:

“Die Bibel ist Gottes Wort.
Gott ist allwissend und belügt die Menschen nicht.
Die Bibel sagt, dass Gott existiert.
Also: Gott existiert.”

Dass die Bibel das Wort Gottes ist, setzt bereits voraus, dass es gott gibt; diese Aussage, dass die Bibel Gottes Wort ist, wird man also nur akzeptieren, wenn man bereits (unter anderem!) glaubt, dass Gott existiert.

Oder auch (Beispiel nach Lenhard):

“Ein Stierkämpfer sollte ein Mann sein. Deshalb
sollten Frauen nicht am Stierkampf teilnehmen.”

Für Zirkelschlüsse gilt allgemein: Sie können einen nur dann überzeugen, wenn man ohnehin bereits überzeugt ist; sie sind somit argumentationnstheoretisch ungültig.

  1. Keine falschen Zirkel unterstellen

Oftmals wird dem anderen vorgeworfen, er argumentiere zirkulär, wenn dies gar nicht stimmt. So begründet jemand seine Behauptung vielleicht nicht hinreichend; aber das ist noch kein Zirkelschluss, sondern einfach eine schlechte Begründung. Ebenfalls kein Zirkel ist der Schluss auf die beste Erklärung (Abduktion). Beispiel:

“XY, der gesund ist, lallt und torkelt, so wie es ein Betrunkener tut. [Unausgesprochen, aber hinzugedacht: Die beste Erklärung für dieses Verhalten ist, dass XY betrunken ist.]” (Argument). Also ist er vermutlich betrunken." (These)

Manche sagen, dass dies zirkulär sei, weil man daraus, dass jemand lallt und torkelt, schlussfolgert, dass er vermutlich betrunken ist; und weil man andererseits mit der Betrunkenheit erklärt, wieso diese bestimmte Person lallt und torkelt.

Das ist jedoch keineswegs eine unerlaubte Zirkularität, sondern ein korrekter abduktiver Schluss: man schlussfolgert von einer Tatsache auf die korrekte Erklärung, und das geschieht ständig. (Ein echter Zirkelschluss hingegen ginge etwa so: “XY torkelt und lallt. Wir schließen daraus, dass er stark betrunken ist. Dass er aber tatsächlich lallt und torkelt, schließen wir daraus, dass er betrunken ist.”)

Natürlich werden in solch offensichtlichen Fällen keine nicht-existenten Zirkel unterstellt, aber sehrwohl in weniger offensichtlichen Fällen mit derselben logischen Struktur, bei denen es aber ebenfalls ungerechtfertigt ist. Dies geschieht gewöhnlich kaum mit böser Absicht, sondern aus Versehen.

To be continued…

Kollege, nimm es mir bitte nicht übel, aber deine ausschweifenden Texte lesen sich extrem dröge! Ich kenne niemanden, der sich das jedesmal vollständig durchliest, da ja eh schon nach dem ersten Absatz klar ist, worauf du hinaus möchtest. Irgendwo kann ich da auch die Mods verstehen, dass sie schlicht und ergreifend vielleicht einfach keinen Bock mehr haben, deine Romane zu lesen, zu editieren oder generell zur Kenntnis zu nehmen. Nimm es bitte nicht als persönlichen Angriff, denn du scheinst ein konstruktiver Gesprächspartner zu sein. Es ist nur einfach…zuviel! :wink:

Also kurz

  1. Bleib beim Thema und trolle nicht rum.
  2. Sei kein Youtube-Kommentator.
  3. Persöhnlich werden gibt dir nicht Recht.
  4. Keine Unterstellungen.
  5. Sachlich bleiben.
  6. Argumente > Meinung
  7. Quellen sind gut.
  8. Wissen ist Macht.
  9. Man kann nicht alles wissen…
  10. …manches aber schon
  11. Pro und Contra brauchen Beweise.
  12. Was du nicht weißt, kann dich dennoch heiß machen.
  13. Existenz ist zu belegen.

Wie dein Fast-Forennamensvetter sagte, das hätte man kürzer fassen können. Unter gewissen Bedingungen ist viel schreiben auch schlechter Diskussionsstil.

PS: Gut vielleicht war meine Variante wieder bissel zu kurz, aber wahrscheinlich nicht viel.

Nichts für ungut Enio, ich finde es ja an sich schön, dass man sich solch umfangreiche und ernsthafte Gedanken darum macht. Leider hat Enzio recht, deinen “Kodex” wird schon aufgrund der Länge kaum jemand wahrnehmen. Ich wäre schon froh, wenn jeder mal die Regeln des Forums gelesen hätte, aber auch das ist leider kein Standard.

Nachtrag: Danke an Relda, das ist schon deutlich prägnanter.

Nichts für ungut ihr anderen, auch ich hab mir schon bei manchen Posts von Enio gedacht “Heilige Scheiße, wie viel schreibt der Junge”, aber das hier ist nun wirklich noch zumutbar. :shock: Mal ehrlich, nur weil nicht alle solche langen Sachen schreiben heisst das noch nicht, dass es zu lang ist.

@Topic:

Ich formuliers mal direkt aus:

Indirekter Beweis - Das Beweisen einer These durch das Widerlegen des Gegenteils der These

Wird für gewöhnlich immer dann genommen, wenn man beispielsweise beweisen will, dass etwas so nicht existieren kann, kann man aber auch generell verwenden. Der Punkt dabei ist, dass man die These an sich aus bestimmten Gründen für sich genommen weder eindeutig verifizieren noch falsifizieren kann, das Gegenteil der These allerdings sehr wohl. Dafür bemächtigt man sich dann der Reductio ad absurdum.
Beispiel: Wir wollen beweisen, dass A gilt. Laut unserer These tritt A immer dann auf, wenn B der Fall ist. Durch Naturgesetze wissen wir allerdings zweifelsfrei, dass B nie sein kann. Ergo wissen wir auch, dass A nicht der Fall ist.
In Formallogik würde man das so formulieren:
{1} (1) A (A)
{2} (2) A <-> B (A)
{3} (3) nicht B (A)
{2} (4) A -> B (<-> Eliminierung),(2)
{1,2} (5) B (-> Eliminierung), (4), (1)
{2,3} (6) nicht A (RAA),(1),(3),(5)

Hat sich so zu lesen: Zeilen 1 bis 3 sind Annahmen (daher das (A) am Ende, steht für Annahmen). Zeile 2 bedeutet: A tritt immer nur im Zusammenhang mit B auf. Daraus kann man dann (in Zeile 4) folgern, dass, wenn A der Fall ist, auch B der Fall ist. Jetzt haben wir in Zeile 1 vorrausgesetzt, dass A der Fall ist, also können wir daraus auch B folgern. Da wir aber in Zeile 3 angenommen haben, dass “nicht B” gilt, wir in Zeile 5 aber auch “B” gefolgert haben, haben wir hier einen direkten Widerspruch. Daher müssen wir jetzt eine Annahme verneinen, und da wir wissen, dass A immer zusammen mit B auftreten würde und B niemals der Fall ist, also immer “nicht B” der Fall ist, folgern wir daraus: “nicht A” ist der Fall. Ist jetzt sehr stark logisch und nur ein kleiner Exkurs zum Verdeutlichen.

P.S.: Weiß nicht, ob man den logischen Beweis so braucht, ich fandn halt nur nett und einleuchtend.
Edit: Ich hätts ja anschaulicher mit nem sachlichen statt allgemeinen Beispiel gemacht, nur fiel mir grad keins ein. Wenn einem eins einfällt, kann man das da natürlich gern zuschreiben.

P.P.S.: Wie wärs noch hiermit:

“tl,dr: Lies dir gefälligst alles durch”

Hallo Leute,

mir ist schon klar, dass sich das nur Spezialisten (Mr. Morizon ist offenbar einer) am Stück antun. Aber: Wenn irgendwo eine Diskussion ist und jemand fehlerhaft argumentiert, dann kann man ihn auf diesen Thread und den genauen Unterpunkt verweisen. Etwas: DAs ist nun leider nicht ganz richtig, siehe Link dort Punkt 5. Und dann ist es auch gut, wenn es so ausführlich erklärt ist, dass man es möglichst eindeutig begreifen kann und es dazu keine lange Diskussion gibt. Dafür ist dieser Beitrag da, wobei ich schon hoffe, dass es auch für andere gewinnbringend ist.

@ Mr. Morizon:

Nichts für ungut ihr anderen, auch ich hab mir schon bei manchen Posts von Enio gedacht „Heilige Scheiße, wie viel schreibt der Junge“, aber das hier ist nun wirklich noch zumutbar. :shock:

Es soll ja noch länger werden! :lol:
Wenn ich mich richtig erinnere, hattest Du angeboten, die "Eristrische logik von Schopenhauer online zu stellen. Also wenn das urheberrechtlich kein Problem ist (das Werk ist uralt), dann fände ich das eine nette und gute Idee!

Als Beispiel für eine reductio ad absurdum fällt mir dies ein: These: Es gibt wahre Sätze. Beweis durch reductio. Angenommen, es gäbe keine wahren Sätze. Dann würde gelten, dass der Satz, dass es keine wahren Sätze gibt, wahr ist. Dann gäbe es aber wenigstens einen wahren Satz (nämlich den, dass es keine wahren Sätze gibt). Die Annahme, dass es keine wahren Sätze gibt führt zum Widerspruch und ist damit falsch. Also gilt, dass es wahre Sätze gibt. (Ist jetzt nicht so schön formalisiert, aber hoffentlich dennoch illustrativ.)

Ja, aber auch wenns länger wird ist das noch zumutbar, soferns in diesem Umfang bleibt. Ich glaub du hast da eigentlich schon die besten Punkte genannt. :wink: Mit deinem Beispiel könnte man mein Beispiel eigentlich sehr hübsch illustrieren, jo. Also wenn du willst, kannst du das gern in den Post übernehmen. Ob das mit der Logik notwendig ist, sei dir überlassen, ich bin so schlecht im Entscheiden.

Was ich anbieten KANN, ist, dass ich eine sehr ausführliche Wikipedia-Zusammenfassung der Kunstgriffe onlinestellen kann, die in der Ausführlichkeit meines Wissens nach nicht mehr bei Wikipedia anzutreffen ist. Umfang: 26 Seiten Word-Dokument, ich kanns hier reinstellen, ist nicht groß.

Vielen Dank, ich schau es mir gleich mal an.
Man könnte noch etwas zum indirekten Beweis schreiben. Bisher war es ja dies:
Wenn eine These nicht bewiesen ist, wann kann man dann davon ausgehen, dass ihr Gegentiel falsch ist?

Beispiel: Ich sehe ein Kaninchen, aber ich weiß nicht, ob es männlich ist oder nicht. Ich habe also kein Argument dafür, dass es männlich ist. Aber daraus darf ich nicht folgern, dass das Kaninchen weiblich (nicht-männlich) ist.
Andererseits im Fall der Existenz: Niemand hat wohl je die Heinzelmännchen gesehen - also gibt es sie (sehr wahrscheinlich) nicht.

Beim indirekten Beweis geht es ja hingegen darum, dass eine These nicht nur unbewiesen ist, sondern widerlegt wird; und daraus wird gefolgert, dass ihr Geenteil richtig sein muss.

Ich überlge mir noch, ob ich das aufnehme. Aber die logische Formalisierung lasse ich vielleicht lieber weg. Zwei Leser (du und ich) sind dann doch etwas wenig. :smiley:

Dafür gibt es bei Wikipedia die Versionsgeschichte. :wink:
So oft, wie der Eintrag überarbeitet wurde, müsste man aber wissen, wann du ihn rauskopiert hast, damit man die entsprechende Version finden und verlinken kann.

@ Mr. Morizon:

Hier gibt es brigens die Originalfassung von Schopenhauers Eristrischer Dialektik.
http://gutenberg.spiegel.de/buch/4994/1

Gut gesehen hat er dies: “Wenn man merkt, daß der Gegner überlegen ist und man Unrecht behalten wird, so werde man persönlich, beleidigend, grob. Das Persönlichwerden besteht darin, daß man von dem Gegenstand des Streites (weil man da verlornes Spiel hat) abgeht auf den Streitenden und seine Person irgend wie angreift… Diese Regel ist sehr beliebt, weil jeder zur Ausführung tauglich ist, und wird daher häufig angewandt.”

Schopenhauer beschreibt auch, dass der argumentativ Unterlegene, wenn er diskussionsunfähig ist (und deshalb persönlich werden muss, sobald er sachlich nicht weiterkommt), dann leider um so wütender wird, je mehr man ganz ruhig bleibt und ihm und vernünftig seinen Irrtum asueinandersetzt; denn er fühlt sich in seiner Eitelkeit gekränkt.

Und so bin ich nach wie vor der Meinung, dass bereits in der Schule viel mehr über richtiges Diskutieren gelehrt werden müsste. Und zwar bis zu so einem Grade, dass jeder, der grob unsachlich wird, sich absolut im Klaren darüber ist, dass er sich damit blamiert; und dass er weiß, dass das auch allen anderen vollkommen bewußt ist, dem Gegener wie den Zuhörern. Dieser zweite Punkt ist nioch wichtiger. Dann gäbe es kaum noch Unsachlichkeiten. Denn wenn ale zwischen sachlich und unsachlich zu unterscheiden vermögen, und wenn man tausend mal schlechter in der allgemeinen Wahrnehmung dasteht, wenn man unsachlich wird, als wenn man ein Unrecht zugibt (oder dass man im Moment jedenfalls keine Argumente mehr hat), dann wird niemand mehr unsachlich werden.

Denn was ist ärgerlicher, als wenn jemand vorgibt, dass er vernünftig mit einem debattieren will, und man dann merken muss, dass dies nur Täuschung (und eventuell auch Selbsttäuschung) ist? Und die Beispiele dafür kann man gar nicht zählen.

Der erste Punkt lautet, es müsse um die Sache gehen. Und darin sehe ich ein grundsätzliches Problem bei Online-Diskussionen. Am Umgang mit diesem Problem kann man gut festmachen, wie restriktiv, moderierend oder liberal ein Forum angelegt ist. Dieses Forum ist zum Beispiel äußerst moderierend, allerdings noch nicht restriktiv.

Das Problem lautet: Es gibt die Sache im engeren Sinne häufig gar nicht. Viele verhandelte Themen sind so breit, dass man gar nicht umhin kommt, einen angeblichen Off-Topic-Post zu schreiben. Tut man dies trotzdem, so wird gerne darauf verwiesen, man könne ja einen weiteren Strang öffnen. Das ist in der Praxis häufig völlig unangebracht (es gibt natürlich Ausnahmen), da man den angeblichen OT nicht einer neuen Schublade zuordnen kann, sondern dieser Beitrag vollständig mit dem eigentlichen Thema verwoben ist. Ob die beiden Themen verwoben sind, ist natürlich eine neuerliche Frage und führt häufig zu Randdiskussionen, wie sie hier kritisiert werden. Worauf ich hinaus will ist, dass solche Fälle gar nicht zu vermeiden sind und m.E. kein Kennzeichnen schlechten Diskussionsstils. Mir wird an dieser Stelle „Diskussion“ zu sehr als etwas zielführendes dargestellt, ein philosophisches Gespräch mit dem klaren Gedanken, Konsens zu schaffen. Das ist zwar ein anstrebenswertes Ziel, jedoch im Internet fast unmöglich umsetzbar. Die potentielle Zielgruppe - also die Diskussionsparteien, die berechtigt sind, auf den Antworte-Button zu klicken - sind schmerzhaft heterogen. Sie unterscheiden sich in Alter, Vorwissen, Sozialisation, diskursiven Kategorien der Meta-Diskussion, Sprachniveau und vielen weiteren Fähigkeiten. Daraus resultiert für mich:

  • Abweichungen vom angeblich ursprünglichen Thema sind so natürlich wie Sprache und Sprecher selbst.
  • Das Ziel von Online-Diskussion liegt weniger im Konsens, als eher im Unterhaltungswert. Leute, die nach Konsens streben, sich informieren möchten oder etwas erörtern, können dies trotzdem tun.

Denn außerdem verstehe ich nie, wo zum Henker das Problem bestehen soll, gewisse Randdiskussionen einfach zu „überscrollen“. Gerade die, die hier am lautesten nach normativen Diskussionskriterien eifern, sollten zu so einer simplen Lesearbeit doch locker in der Lage sein. Das gilt im Übrigen auch für den ewigen Zankapfel der „Fullquotes“. Ich könnte mich jetzt noch ein oder zwei Zeilen darüber auslassen, weil ich persönlich beide Sachverhalte auf ein gleiches Schema reduziere. Aber das wäre ja Off-Topic. Insofern lest die letzten Zeilen als ein Beispiel für das, was ich im Hauptabsatz sagen wollte. :slight_smile:

deissler +1

Diese Website hat sich die gleichberechtigten Atrribute “kritisch-satirisch” auf die Fahne gepinselt. Als satirischers Mitglied hat Enios mäandernde Diskursethik für mich nur mäßigen Wert.

Darf ich an dieser Stelle xie Richtlinien für die andere Hälfte formulieren.

  • Du sollst nicht langweilen
  • ein schlecht ausgedachter Witz ist besser als ein gut geklauter
  • Witze über Sarkozy, Piratenpartei und Ossis sind intellenter als Gags über Calmund, FDP und Ostfriesen.
  • Pointen sind wichtiger als Humanismus

Vergebliche Liebesmüh’? Diejenigen, die an einer sachlichen Diskussion nicht interessiert sind und nur ihre eigene Meinung vertreten wollen (oder die Meinung ihres Gegenübers nicht akzeptieren können/wollen), werden sich
a) wohl kaum diese Regeln hier durchlesen
und
b) sich daher auch nicht um eine gepflegte Diskussionskultur scheren.

Nichts für ungut, aber ich halte es mit dem alten Sprichwort: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.

Gerade in Diskussionen mit extremen Positionen oder in Gesprächen mit Teilnehmern mit fanatischen Ansichten kommt man mit Sachargumenten nicht wirklich weit. Man erspare sich doch die Mühe und lässt Trolle in ihrem Irrglauben, zumal gerade das Internet die nötige Anonymität bietet, um die eigene Ansicht nicht bis zum bitteren Ende verteidigen zu müssen. Diese Leute sagen einfach „Ist so und du sitzt einer VT auf oder what so ever“ und die lassen sich davon auch nicht abbringen, da kannst du noch so sehr mit der Logik und mit Beweisen winken.
Im echten Leben könnten solche Leute nicht so leicht davonkommen, aber hier im Netz ist das wesentlich leichter. :wink:

Mal davon abgesehen bietet das Netz einem auch so gut wie keine Möglichkeiten, eine Aussage auf die Sprecherintention zu untersuchen. Die vier Seiten einer Nachricht sind vielleicht einigen von euch als Modell bekannt und die schriftliche Kommunikation bietet leider nur unzureichende Möglichkeiten zur klaren Identifizierung eben solcher Sprecherabsichten. Hat der Forenteilnehmer gerade eine Sachaussage tätigen wollen? Sagt er etwas über sich? Ist er vielleicht ironisch?
Und dann das ganze auch noch beim Empfänger. Versteht er auch das, was ich eigentlich sagen will?

Jeder, der an einer echten Diskussion interessiert ist, wird grundlegende Ratschläge bezüglich seiner Argumentationsweise beherzigen. Eine Diskussionsfibel ist nett, aber sie könnte als oberlehrerhaft verstanden werden. „Oho, DU hast also die Weisheit mit Löffeln gefressen und DU willst mir also sagen, wie ICH zu diskutieren habe? Nicht mit mir, Freundchen“

Na mal sehen, wie dieser Thread hier angenommen wird. :slight_smile:

@deissler
mit „es muss um die Sache gehen“ ist hier nicht die Problematik „Thema vs Offtopic“ gemeint sondern die Einstellung der Teilnehmer zur Diskussion. Sozusagen „Interesse am Diskutieren vs Durchsetzung eigener Meinungen“:

aber denen es einfach darum geht, um jeden Preis im Recht zu sein, auch wenn sie es es nicht ist, oder einfach andere zu überzeugen, ohne ihnen zuzuhören, oder gar über andere zu triumphieren.

@ deissler:

Viele verhandelte Themen sind so breit, dass man gar nicht umhin kommt, einen angeblichen Off-Topic-Post zu schreiben. Tut man dies trotzdem, so wird gerne darauf verwiesen, man könne ja einen weiteren Strang öffnen.

Maschendraht hat richtig geantwortet. Ich hatte dazu schon unter Punkt 5 geschreben:

Sachlichkeit bedeutet, dass man sich auf die zur Debatte stehende Sache und auf die für die relevanten Sachverhalte konzentriert. Allgemeiner lässt sich sagen, dass man während einer Diskussion nichts vorbringen sollte, was für die Sache nicht relevant ist (wie beispielsweise Beleidigungen oder Argumete zu ganz anderen Themen)…Und natürlich kann man ein Thema auch erweitern oder die Diskussion auf ein anderes Thema lenken; aber das sollte dann bewusst geschehen, und es sollte nicht zu einer falschen Vermischung kommen, wo man dann mit Argumenten für These 1 streitet, die in Wahrheit zu These 2 passen und umgekehrt.

Wenn bestimmte Themen also für eine Sache irgendwie relevant sind oder dazupassen, ist das kein Problem, wenn man sie ausspricht. Aber es sollte um die Erörterung von Sachfragen gehen, nicht beispieelsweise darum, wer andere besser beleidigen oder ihnen besser etwas unterstellen kann.

@ Octavianus:

Wie bereits gesagt geht es ehr um einen Verweistext als darum, dass jeder sich diesen Thread durchliest. Vielleicht kann dann jemand einfach während der Diskussion auf eines der Prinzipien verweisen, wenn es in einer Diskussion nicht beachtet wurde. Zudem können auch gutwilligen Teilnehmern mal argummentative Fehler unterkommen, und daher könnte so ein Thread auch für sie interessant sein.
Mir ist auch durchaus klar, dass wir hier die Probleme nicht lösen können, aber vielleicht wenigstens ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann.

Eine Diskussionsfibel ist nett, aber sie könnte als oberlehrerhaft verstanden werden. „Oho, DU hast also die Weisheit mit Löffeln gefressen und DU willst mir also sagen, wie ICH zu diskutieren habe? Nicht mit mir, Freundchen“

Jeder kann ja auch inhaltlich beitragen oder Kritik üben. Aber im Allgemeinen dürfte das, was hier gesagt wird, richtig und einleuchtend sein. Aber wenn jemand wirklich die Regeln der Vernunft bricht, nur weil ein anderer sie zusammenfasst, dann wäre daseine infantile Trotzreaktion und die betreffende Person erledigt sich damit selbst.

Und natürlich ist schriftliche Kommunikation der verbalen in mancherlei Hinsicht unterlegen. Mit etwas Bedacht kann sie aber dennoch ziemlich klar sein, und Missverständnisse können oft zur Seite geräumt werden.

@ Greggy:

Diese Website hat sich die gleichberechtigten Atrribute „kritisch-satirisch“ auf die Fahne gepinselt. Als satirischers Mitglied hat Enios mäandernde Diskursethik für mich nur mäßigen Wert.

Die Sendungen sind auf Satire angelegt, icht die ganze Seite einschließlich des Forums. Es gibt durchaus auch Diskussionen etwa über migration, Religion(skritik), Sprachentwicklung und ähnliches, die auf Ernsthaftigkeit abzielen.
und selbst in einem satirischen Thread gibt es ja Regeln.

Edit 1: [… Anfrage an Moderation …]

Edit 2: Hat eigentlich jemand ein gutes, realistisches Beispiel für eine zirkuläre Argumentation?
Ein Standard-Beispiel wäre:

These: „Alles, was in der Bibel steht ist wahr.“
Argument: „Dies wissen wir, weil es in der Bibel steht.“

Aber in dieser Form würde das wohl kaum jemand ernsthaft behaupten. Viel interessanter sind die „versteckten“ Zirkel, bei denen dasselbe in der These und im Argument gesagt wird, aber verschiedenne Begriffe benutzt und dieser umstand daher verschleiert wird.

Ich glaube, um Diskussionsprinzipien in einem Forum wie FKTV zu erläutern, sind so umfassende Erläuterungen nicht nötig, auch wenn ich es super finde, dass man darüber bescheid weiß.

Eventuell ist es sinnvoller, diese kurz (!!!) zu beschreiben und auf eine Seite mit mehr Informationen zu verweisen (z.B. gibt es auf Ratioblog jede Menge Einträge zu solchen Trugschlüssen).

z.B. “Argumentum ad hominem” hätte man auch einfach beschreiben können, indem man klar macht, dass ein Angriff auf eine Person mit dem Argument nichts zu tun hat, mit einem kurzen Beispiel.

Mir ging (geht) es auch darum eigene, dem Forum angepasste Schwerpunkte zu setzen. ich glaube auch, dass allgemeine Aussagen (“sachlich sein”) plattitüdenhaft rüberkommen. Jeder unterschreibt das “theoretisch”, aber nicht jeder setzt es in der Praxis um.

Ich verstehe nicht, worauf du genau hinaus willst? Das hat ja mit der Beitragslänge nichts zu tun. Dass ganz allgemeine Aussagen was bringen, wurde doch nicht gesagt?

Ich finde den Beitrag herzlich willkommen, das Maß der Textlänge sollte ja der Inhalt sein, weshalb ich persönlich längere Texte mehr begrüße, die etwas zu sagen haben, gegenüber kürzeren, die nichts zu sagen haben. Um eine kurze Anmerkung zu machen, formal gesehen würde ich die mögliche Vermeidung von Metaphern und das konsequente Vermeiden von Ironie(als uneigentliches Sprechen) ergänzen.

formal gesehen würde ich die mögliche Vermeidung von Metaphern und das konsequente Vermeiden von Ironie(als uneigentliches Sprechen) ergänzen.

Metaphern können aber eine gute Möglichkeit sein, um den einen Gedankengang auf seine Allgemeingültigkeit zu prüfen und sollten Teil einer lebendigen Diskussion bleiben dürfen. Außerdem erfährt man anhand der Metaphern eines Gegenübers sehr viel darüber, wie er zu seiner Meinung kommt. Und: Metaphern sind unterhaltsam