Bislang waren Comedy und Kabel1 soweit voneinander entfernt wie Milski und Abitur, aber nun ist plötzlich alles anders! Es darf gegeiert werden. Denn nun gibt’s Achtung, Messies!
http://www.kabeleins.de/tv/achtung-mess … en-1.42616
The trend is your friend, dachten sich die Herrschaften bei Kabel1. Die dreiste Vera, das Wittler-Ungetüm, Sabina Hinkel-Hartz und wie sie alle heißen, führen uns mit aufgesetzter Leichenbittermiene mehrmals wöchentlich mit erigiertem Zeigefinger die unaufgeräumten Mupfeln von unaufgeräumten Seelen vor und generieren damit vierstellige Marktanteile.
Mittlerweile ist sogar die Supernanny aufs Trittbrett gehüpft. Käthe Saalfrank ließ es zum Staffelauftakt am Mittwoch nicht mit der Dressur eines halben Dutzend Verhütungsfehlern bewenden, sondern forderte sogleich den Trödeltrupp an, um das Sperrmüllparadies von Cindy, der Rose von Thüringen, zu entrümpeln. Ich hatte wenigstens auf einige verweste Kinderleichen unterm Küchentisch gehofft, als kleine Reverenz an Vera. War aber nix!
Soweit, so kuschelig - und vor allem: humorlos.
Doch jetzt kommt Boxer und Sozialarbeiter Ralf! … um Vernunft in das verwahrloste Gesindel reinzuprügeln, nehm’ ich an. Dass Ralf ein Experte in behutsamer Menschenführung ist, merkt man an seiner Diktion: “Die Wohnung find ich echt scheiße!” Außerdem steht’s ja in der Bauchbinde:
Der prollige Profiproll pflegt die direkte Ansprache: “Da kriech ich 'n Fön, wenn ich dat hier seh!” Dabei offenbart die erste oberflächige Wohnungsbegehung, dass da keine Messies hausen, sondern lediglich junge Menschen, die nicht gerne putzen. In der Bude sieht’s auch nicht schlimmer aus, als in einem durchschnittlichen Studentenapartment. Zumal das siffige Klobecken so ausschaut, als hätte das Filmteam mit ein wenig Cocktailsauce bei den Strullerflecken nachgeholfen.
Bei Erbrochenem auf der Matratze platzt Ralf die Krawatte. Jetzt kommt das Forensikerteam im Gummianzug. Ich bleibe dabei: Kein Unterschied zu einem Akademikerhaushalt. Das junge Paar sitzt zerknirscht auf der Couch und guckt schuldbewusst ins Leere. So überzeugend, dass es für die Vorstellung bestimmt einen Zwanni Extragage gab.
In der Parallelstory - weil ein realitätsferner Fall nicht genügt - begleitet Kabel1 den alliterationsgeschädigten Vermieter Hans-Henning Holzhauer bei der Begutachtung seines durch Mietnomaden verwüsteten Dreckslochs. Hans-Henning ist sichtlich nicht geschockt und liest stockend vom Neger ab. Dabei betritt Hans-Henning mehrmals unter wirren Interjektionen Räume, in denen bereits ein Kameramann steht. Mit einem beinahe halbflüssigen Handymonolog qualifiziert sich Hans-Henning für den Nachwuchspreis der deutschen Kleinkunsttage.
Nach nur zehn Minuten sind beide Stories durchgekaut und man macht nahtlos weiter mit einem weiteren Opferobjekt,
Zur nächsten Episode ertönt das Thema der Addams Family. Die Wohnung von Mutti und Sohn ist etwas unaufgeräumt, aber nicht dramatisch. Offenbar wurde diese Wohnung in Folge #1 letzte Woche bereits gepimpt. Zustände bekommt der kultivierte Betrachter nur beim Anblick des Scheiß-FC Bayern-Läufers im Wohnraum. Schimpfe gibt’s trotzdem von der vollblonden Expertin Juliane Kolletzki. (kein Scherz! Die heißt da wirklich so). Von mir auch! Der Sohn trägt ein Hertha BSC-Tanktop. Buäääh! Mittlerweile sieht’s wieder aus wie Sau - meint zumindest die dralle Juliane. (“Juliane Kolletzki fassungslos!”)
Auch durch diese Wohnung rast der Schweinsgalopp. In einer Rückblende präsentiert Juliane ihre Möpse im Knallengtop und Mutti Sabine keift zusammenhanglos auf die gedungenen Entrümpelschergen ein. Wieder im Hier und Jetzt spricht Sabine der einzig wahren Satz in der gesamten Sendung: “Du siehst Probleme, wo keine sind.” Erneut springen dem Zuschauer Julianes Moppen dank modernster Stütztechnik direkt in die Netzhaut. “Manche Sachen muss man einfach sehen” - Diese Sendung gehört definitiv nicht dazu.
Obwohl … Jetzt kommt Christel Lützenkirchen! Die resolute Fleckenzwergin aus dem RTL2-Desaster Die Putzteufel kloppt noch ein paar echte Witzgranaten raus. Im Saustall der schüchternen Christa tobt sich der Drachen so richtig aus: “Dat jeht nit! Da krisch isch der Schüttelfrost! Dat die üvverhaupt noch lebt!”
Fazit: In jeder anderen Sendung wären die sogenannten Experten die der Lächerlichkeit preisgegebenen Freaks. Aber hier redet man stattdessen den bequemen Normalos ein schlechtes Gewissen ein, um sich über sie mokieren zu können. Wenn’s nicht so ekelhaft wäre, könnt’ ich mich totlachen.